Bei den Survivor Series 1990 hob seine legendäre Karriere im Wrestling ab - 29 Jahre danach ist WWE-Legende The Undertaker immer noch aktiv, mit nun 54 Jahren aber nur noch zu besonderen Gelegenheiten.
Undertaker kämpft mit den Tränen
Bei den Survivor Series am Sonntag war er nicht dabei, Gesprächsstoff lieferte er in der Nacht zum Montag dennoch. In einem Interview mit seinem ebenso legendären Kollegen Stone Cold Steve Austin, unmittelbar nach den Series auf der Streaming-Plattform WWE Network ausgestrahlt, plauderte er "out of character", offen und ausführlich wie nie über seine Karriere, seinen Charakter und teils aberwitzige Erlebnisse hinter den Kulissen.
Besonders emotional: seine bitteren Erinnerungen an das Ende seiner WrestleMania-Siegesserie und das durch eine schwere Kopfverletzung entgleiste Match gegen Brock Lesnar 2014.
SPORT1 hat in die "Broken Skull Sessions" reingehört - und fasst die Highlights zusammen:
Der Undertaker als Wrestling-Fan:
Bevor Mark Calaway zum Undertaker wurde, war er Wrestling-Fan "so lange ich zurückdenken kann".
Er war in seiner Heimatstadt Houston Stammgast bei den regionalen Wrestling-Shows, bewunderte die Stars von damals: den Original Sheik, Andre the Giant - WWE-Fans von früher als WrestleMania-Gegner von Hulk Hogan in Erinnerung, aber schon lange vorher ein Topstar: "Mit acht oder neun habe ich Andres Hand geschüttelt. Ich war hypnotisiert. Nicht mal als Erwachsener kann man erfassen, wie groß Andre war."
Nackter Trainer:
Der Taker startete sein eigenes Training bei "Mad Dog" Buzz Sawyer, einem 1993 früh verstorbenen, kurz auch bei WWE aktiven Südstaaten-Wrestler. Der Taker beschrieb ihn als hochkompetent, menschlich aber eher nicht auf der Höhe. Als er zur ersten Trainingsstunde kam, hätte Sawyer ihn nackt empfangen, er hatte den Termin vergessen: "Ich stand da, er stand da, splitterfasernackt, gab mir die Hand wie ein schlaffer Fisch und ich dachte mir: Worauf habe ich mich da eingelassen?"
Sein Aus bei der Konkurrenzliga WCW:
Bevor er bei der damaligen WWF zum Undertaker wurde, war Calaway bei der damaligen Konkurrenzliga World Championship Wrestling (WCW) als "Mean" Mark Callous aktiv. Seine Bosse waren nicht zufrieden mit ihm. Der Taker erinnerte sich an das abschließende Treffen mit den damaligen Bossen Jim Herd, Jim Barnett und Ole Anderson und was sie ihm damals sagten: "Um ganz ehrlich zu sein, Junge: Du bist ein toller Athlet, aber niemand wird je Geld bezahlen, um dich wrestlen zu sehen."
Dass WWE-Boss Vince McMahon es anders sah, sei der Grund gewesen, warum er immer loyal geblieben sei, auch in Krisenzeiten, als WCW WWE zwischenzeitlich in der Fan-Gunst überholt hatte: "Wenn dieses Schiff untergegangen wäre, hätte ich mit Vince die Rettungsweste geteilt."
Seine Angst, bei WWE "Egg Man" zu werden:
Nach seinem WCW-Aus wurde Calaway von Paul Heyman, damals bei WCW zeitweise sein Manager, an die WWF vermittelt. Der Taker erinnert sich, dass er damals nachhaltig verängstigt war, von der Liga ein albernes "Gimmick", einen Cartoon-Charakter verpasst zu bekommen. Er hätte es bereut, McMahon im ersten Gespräch gesagt zu haben, dass er unter der Dusche gern singe: "Ich dachte: Oje, jetzt macht er mich zu 'Shower Man'." Noch erschrockener war er, als er kurz vor seinem Debüt ein großes Ei auf der WWF-Bühne sah, aus dem später tatsächlich ein sehr alberner Charakter ausbrach: der von Eddie Guerreros Bruder Hector gespielte "Gobbledy Gooker".
Callaway befürchtete, dass das Ei für ihn gedacht war: "Ich dachte, jetzt werde ich 'Egg Man', muss mir die Haare abschneiden, die Augenbrauen rasieren, dass ich Meister Proper werde."
Die Entstehung des Undertaker-Charakters:
Letztlich wurde Calaway weder Shower noch Egg Man, stattdessen bekam er eines Tages einen Anruf von Vince McMahon, den dieser mit den Worten begann: "Spricht da der Undertaker?" Nach eigenen Angaben hatte Calaway zu diesem Zeitpunkt noch nie gehört, die Idee wurde ihm erst später näher erläutert. Er sollte einen düsteren Totengräber spielen, nach dem Vorbild entsprechender Charakter aus alten Western-Filmen.
Für den Charakter musste er sich umstellen, er fuhr seine athletischen Aktionen und sein Tempo herunter, ließ sich stattdessen von Horrorfilmen zu einem neuen Ansatz inspirieren: "Michael Myers aus 'Halloween', Jason Voorhees aus 'Freitag, der 13.': Die waren nie schnell unterwegs - aber sie standen immer richtig, wenn es darum ging, jemandem die Kehle aufzuschlitzen. So wollte ich auch sein." Viele gute Tipps zur Entwicklung des Charakters hätte ihm auch WWE-Legende Jake "The Snake" Roberts gegeben, zum Beispiel, die Musik von Pink Floyd und Black Sabbath zu hören, um dort weitere Inspiration zu finden.
Erlebnisse hinter den Kulissen:
Wie damals üblich lebte der Taker seinen Charakter auch außerhalb des Rings: "Ich habe immer schwarz getragen." Insgeheim sei er aber doch verblüfft gewesen, wie ernst nicht wenige Fans die Sache nahmen: "Ich wurde oft gefragt: 'Bist du wirklich tot?'"
Als legendär umschrieb Austin auch eine durchzechte Party-Nacht, zu der sich der Taker von der Rap-Band Cypress Hill überreden ließ, als er auf Tour auf sie traf. Er hätte die Bar zusammen mit dem eingenickten Kollegen X-Pac als Letzter aufrecht verlassen, "um mich herum überall leblose Körper". Austin betonte, an diesem Abend sei der Respekt der Kollegen für den Undertaker nochmal in neue Höhe gewachsen.
Warum der Undertaker zum Biker wurde:
Dass der Taker seinen mystischen Totengräber-Charakter zwischenzeitlich ablegte und zum Motorrad fahrenden "American Bad Ass" wurde, verstanden viele Fans nicht - der Taker sieht es jedoch bis heute als richtige Entscheidung, um Stagnation zu vermeiden und sich neu zu erfinden: "Ich hätte es mit dem ursprünglichen Charakter nicht durch die Attitude Era geschafft. Ich musste die Handschellen lösen." Auch nach der Rückkehr zum Totengräber-Gimmick hätte es ihm gut getan, Elemente von damals zu behalten, die ihm später mehr Tiefe gegeben hätten.
Das dramatische Ende von The Streak gegen Brock Lesnar:
Nach 21 Siegen in Folge ließ WWE 2014 Brock Lesnar die legendäre WrestleMania-Siegesserie des Undertaker beenden. Schon vorher bekannt war: Das Match lief dramatisch schief, der Taker erlitt früh im Match eine Gehirnerschütterung. Nun lieferte der Taker einen verstörenden Erlebnisbericht, bei dem er zum Teil mit den Tränen kämpfte.
Der Taker berichtet, dass er den ganzen Kampf vergessen hätte - und nicht nur den: "Meine letzte Erinnerung war ein Gespräch mit meiner Frau um 15.30 Uhr nachmittags." Das nächste, an was er sich erinnere seien die Morgenstunden im Krankenhaus, gegen 4 Uhr. Er hätte seinen Namen vergessen, seinen Geburtstag, den Ort, an dem er sei, alles. Nur der Name von Ehefrau Michelle McCool sei ihm noch eingefallen. Das Erlebnis des Kontrollverlusts sei traumatisch gewesen, gerade nach der langen Zeit im Ring erschütterte es sein Selbstbewusstsein.
Gedanken an Rücktritt und Karriere-Ende:
Der "Dead Man" bestätigt in dem Gespräch, dass er nicht nur einmal schon ans Karriere-Ende gedacht hätte: "Ich bin quasi schon 15 Mal zurückgetreten, das ist ein Running Gag bei uns zu Hause." Schon nach dem Ende seiner WrestleMania-Matchserie gegen Shawn Michaels und Triple H von 2009 bis 2012 hätte er geglaubt, dass der Schlusspunkt erreicht sei, nach dem Match gegen Lesnar wollte er weitermachen, weil er es so nicht als letzten Eindruck stehen lassen wollte. Nach dem Match gegen Roman Reigns bei WrestleMania 33 und den emotionalen Abschiedszenen danach sei er dagegen sicher gewesen, dass er nicht mehr wieder kommen würde.
McMahon aber überzeugte ihn vom Gegenteil - und noch sieht er sich in der Lage, seinen eigenen Anspruch zu erfüllen. "Es ist eine Herausforderung. Kannst du dich auf das Niveau bringen, da rauszugehen und so zu performen, wie die Leute es von dir erwarten?", das sei immer die Frage an sich selbst: "Das ist mein großer Dämon, denn ich sehe, dass das Zeitfenster kleiner wird. Meine größte Angst ist, zur Parodie meiner selbst zu werden."
Zuletzt stand der Taker bei Extreme Rules 2019 mit Reigns zusammen gegen Drew McIntyre und Shane McMahon im Ring. Nach dem enttäuschenden Match gegen Bill Goldberg kurz zuvor - bei dem Goldberg wegen einer Gehirnerschütterung kampfunfähig wurde - bewies er in diesem Match, dass es noch geht.