Er spielte in der Basketball-Bundesliga (BBL) für die heutigen Giessen 46ers. In Hollywood war er der Super-Shredder bei den Turtles, spielte in „John Wick“ und „Magic Mike“.
Das wurde aus Kevin „Diesel“ Nash
Außerdem war er Militärpolizist in Deutschland, arbeitete bei Ford am Fließband und in einem echten Stripclub in Atlanta.
Und, ach ja: Er ist auch noch einer der bekanntesten Wrestling-Stars der Welt, Champion und Bannerträger bei WWE und der früheren Konkurrenzliga WCW - wo sein Comeback heute vor 25 Jahren zur Gründung der revolutionären New World Order (nWo) mit Hulk Hogan und Scott Hall wurde (Scott Hall / Razor Ramon: Die dunklen Abgründe eines Wrestling-Kultstars).
Der heute seinen 64. Geburtstag feiernde Kevin Nash alias Diesel hat sechs bewegte Lebensjahrzehnte hinter sich und eine erstaunliche, bis zuletzt andauernde Karriere im Showkampf-Ring - in der der 2,08 Meter große Hüne sich allerdings längst nicht nur Freunde gemacht hat.
Für Gießen in der Basketball-Bundesliga
Der am 9. Juli 1959 in Detroit geborene Nash - dessen Vater jung starb, als er acht Jahre alt war - war schon als Enfant Terrible bekannt, bevor er Wrestler wurde.
Als College-Basketballer lieferte er sich 1980 eine tätliche Auseinandersetzung mit dem bekannten Coach Don DeVoe und machte sich damit bei den Tennessee Volunteers, wo er als Center spielte, zur unerwünschten Person.
Nash ging nach Europa, wo seine Karriere beim damaligen MTV Gießen durch einen Kreuzbandriss beendet wurde. Er schlug sich in den Jahren darauf mit verschiedenen Jobs (siehe oben) durch, ehe er in den Neunzigern im Wrestling-Ring eine neue Berufung fand.
In seinen ersten Karriere-Jahren bei WCW floppte Nash mit verschiedenen Charakteren (Master Blaster Steel, Oz, Vinnie Vegas). Dennoch nahm ihn WWE (damals: WWF) 1993 unter Vertrag - und verhalf ihm zum Durchbruch.
Durchbruch als Diesel bei WWE
Nash spielte "Diesel", den Bodyguard des legendären Ausnahmekönners Shawn Michaels, einen finsteren Typen mit langen Haaren, Sonnenbrille und Lederkluft. Sein Künstlername wurde schon durch seine Einzugsmusik unterstrichen - die zu Beginn nur aus dem Geräusch hupender Lastwagen bestand.
Im Zusammenspiel mit Michaels funktionierte Diesel, der seinem Spitznamen "Big Daddy Cool" durch seinen charismatisch-lässigen Auftritt zur Ehre gereichte. Bald empfing er deswegen höhere Weihen.
Ende 1994 durfte Diesel den damaligen WWF-Champion Bob Backlund im New Yorker Madison Square Garden (kurz zuvor bei den Survivor Series 1994 zum Champion gekrönt) innerhalb von acht Sekunden demontieren und wurde zum neuen Aushängeschild. WWE-Boss Vince McMahon hatte die Hoffnung, Diesel zum Nachfolger des mit fürstlichen Privilegien zu WCW gewechselten Hulk Hogan aufzubauen - was vorher mit "Megaman" Tom Magee, dem Ultimate Warrior und Lex Luger aus verschiedenen Gründen nicht geklappt hatte.
Nash regierte 358 Tage als Champ, bestritt große Matches gegen Michaels, Bret Hart und den Undertaker, konnte die in ihn gesetzten Erwartungen aber letztlich auch nicht ganz erfüllen. Seinen größten Fußabdruck in der Wrestling-Geschichte sollte er erst machen, als er einen Schritt zurück vollführte.
Mega-Erfolg bei WCW mit der New World Order (nWo)
Im Jahr 1996 wurden Nash und sein Kumpel Hall von WCW abgeworben. Der damalige Boss Eric Bischoff offerierte Nash ein Millionen-Gehalt, McMahon machte kein Gegenangebot - was sich rächen sollte.
WCW strickte um Hall und Nash (gemeinsamer Kampfname: The Outsiders) die größte und erfolgreichste Story ihrer Geschichte, indem sie sie als böse Invasoren darstellte, die die Liga übernehmen wollten. Beim legendären Bash at the Beach 1996 schloss sich zum Erstaunen der Wrestling-Welt auch Hogan an, der damit ebenfalls zum Schurken wurde. Die New World Order war geboren.
Die nWo wurde zum Kult und Motor des zwischenzeitlichen Aufstiegs von WCW zur neuen Liga Nummer 1 - ehe die WWF Ende der Neunziger mit der Attitude Era und den neuen Stars Stone Cold Steve Austin und The Rock zurückschlug.
Nash ist mit dem Boom von WCW ebenso verbunden wie mit dem späteren Abstieg der Liga, die 2001 als Folge einer längeren finanziellen und kreativen Krise von WWE aufgekauft wurde.
Umstrittener Sieg über Bill Goldberg
Kritiker warfen "Big Sexy" limitierte Fähigkeiten (seine vorgeschädigten Knie waren ein stetiges Handicap), aber auch eine mangelnde Einstellung vor - selbst Bischoff nannte ihn in seiner Autobiografie "Big Lazy".
Nash wurden zudem Egoismus und "Backstage-Politik" vorgehalten, er soll jüngeren Talenten im Weg gestanden haben. Schon bei der WWF hatten Nash und seine Freunde Michaels, Hall, Sean Waltman (The 1-2-3 Kid) und Triple H - bekannt und berüchtigt als "The Kliq" - den Ruf, allzu viel Interessenpolitik in eigener Sache betrieben zu haben.
Bei WCW blieb vor allem Nashs Rolle bei einer unrühmlichen Fehlentscheidung in Erinnerung: Ende 1998 entschloss WCW sich, Nash die legendäre Siegesserie des populären Champions und Topstars Bill Goldberg beenden zu lassen - und den Titel am Tag darauf durch den berüchtigten "Fingerpoke of Doom" wieder an den alternden Hogan weiterzugeben.
Viele Fans und auch Goldberg glaubten, dass Nash - der kurz darauf zum verantwortlichen "Booker" (kreativen Entscheider) von WCW ernannt wurde - selbst die Idee durchsetzte, sich als Goldberg-Bezwinger zu verewigen. Nash bestreitet das und verspottete Goldberg wegen dessen Kritik als "Mark", der die Angelegenheit wie ein Fan beurteilt hätte und nicht wie ein Profi.
Nashs Wirken hinter den Kulissen hatte in jedem Fall nicht nur Kritiker. Der legendäre, 2011 verstorbene "Macho Man" Randy Savage, attestierte seinem nWo-Weggefährten einen "außerordentlichen Wrestling-Verstand, er ist jemand, der das Geschäft wirklich verstanden hat".
Umjubeltes WWE-Comeback 2011 beim Royal Rumble
Ein Phänomen war und ist Nash trotz all seiner Makel in jedem Fall: Immer wieder bewies der charismatische Riese die Wrestling-Kernkompetenz: die Fans begeistern zu können. Bei WCW tat er das zum Beispiel auch als Anführer des populären nWo-Ablegers "Wolfpac", aber auch noch im hohen Alter.
2011 etwa brachte Nash das Publikum mit einem Überraschungs-Auftritt beim WWE Royal Rumble regelrecht zum Explodieren - was zur Folge hatte, dass er noch mal eine tragende Rolle beim Marktführer bekam. 2015 zog er in die Hall of Fame ein (in diesem Jahr mit der nWo ein zweites Mal) und war noch mit Ende 50 gelegentlich im Independent-Bereich aktiv. Nash ist körperlich noch immer in Top-Form, bei Instagram inszeniert er sich als eine Art Best-Ager-Fitnessmodel.
Aber Nash nutzt seine Reichweite auch für politische Wortmeldungen, der "zentristische Demokrat" (Selbstbeschreibung) setzt sich für LBGTQ-Rechte und gegen Donald Trump ein, zuletzt erhob er auch öfters die Stimme gegen Corona-Leugner und -Verharmloser - Nash und seine Familie waren im vergangenen Jahr selbst an Covid erkrankt. Eine Art Verarbeitung der Erfahrung ist auch seine Rolle als Elitesoldat im demnächst anlaufenden Action-B-Film "Covid-19 Invasion".
Eine besondere Perle in Nashs wrestlerischen Spätwerk: seine Auftritte bei der kleineren Liga TNA (heute: Impact Wrestling), wo er als Teil der von Alex Shelley angeführten Gruppierung "Paparazzi Productions" sein zwiespältiges Image selbstironisch persiflierte.
In diversen hoch amüsanten Video-Segmenten wurde Nash als alternde Legende präsentiert, die ihre eigenen Erfolge der Vergangenheit hemmungslos aufplusterte - und einen vielsagenden Kulturschock erlitt, als sie mit der athletischeren neuen Wrestler-Generation konfrontiert wurde: „Die trinken nicht, rauchen nicht, spielen nicht? Gehen in keine Stripclubs, schauen keine Pornos? Sind das Aliens?“