Das Urteil der Wrestling-Fans war vernichtend. Das der Kritiker auch.
So wurde WWE Backlash ruiniert
Die Großveranstaltung WWE Backlash 2018, die erste auf US-Boden nach WrestleMania 34, endete mit einem Fiasko: Noch während des Hauptkampfs zwischen Roman Reigns und Samoa Joe verließen zahlreiche enttäuschte Fans die Arena in Newark vorzeitig.
Auch die einschlägigen Szene-Portale zerrissen das Match und nahezu die komplette Show in der Luft. Der Pro Wrestling Torch gab dem mit zahlreichen höhnischen Fan-Rufen bedachten Reigns-Joe-Duell null von fünf Sternen.
Kritiker-Papst Dave Meltzer vom Wrestling Observer fühlte sich gar erinnert "an die Pay Per Views von WCW, kurz bevor sie unterging". Die ehemalige WWE-Konkurrenzliga musste im Jahr 2001 nach einer Reihe legendär schlechter Shows ihre Pforten schließen.
WWE enttäuscht ihre treuesten Fans
Davon ist WWE zwar weit entfernt - eben erst hat sie in ihrem Quartalsbericht Rekordgewinne verkündet, Experten rechnen mit noch besseren Geschäftszahlen, wenn WWE im kommenden Jahr einen neuen, aller Voraussicht nach hoch lukrativen TV-Deal in den USA abschließen wird.
Backlash frustrierte dennoch genau diejenigen, die im entscheidenden Maße dafür sorgen, dass es der Showkampf-Promotion finanziell so gut wie noch nie geht: ihre treueste Fan-Klientel.
Was war passiert?
Euphorisches Publikum wird ernüchtert
Das Publikum in der Nachbarstadt von New York war eigentlich heiß gewesen, reagierte euphorisch auf die Preshow und den offziellen Opener zwischen Seth Rollins und The Miz, das klar beste Match des Abends.
Ernüchtert wurden die Fans dann von einer Serie von Fights, die nur durchschnittlich waren (Jeff Hardy vs. Randy Orton) oder sogar recht weit darunter.
Sowohl 2,13-Meter-Riese Big Cass als SmackDown-Damenchampion Carmella (im wahren Leben ein Pärchen) legten bei ihrem bislang jeweils größtes Einzelmatch für WWE glanzlose Auftritte hin - obwohl beide in Daniel Bryan bzw. Charlotte Flair nachweislich fähige Gegner hatten.
Ende von Styles vs. Nakamura enttäuscht
Letztlich war es jedoch nicht die Leistung der Wrestler, die Backlash an die Wand fuhr, sondern die der Matchmaker hinter den Kulissen.
Das eigentlich gute World-Title-Match zwischen Champion AJ Styles und Shinsuke Nakamura endete für die Fans mit einem weiteren Ärgernis, als es mit einem Doppel-K.o. ohne Sieger beendet wurde.
Es diente dazu, das nächste, dann wohl finale Duell der beiden Rivalen aufzubauen - brachte die Stimmung vor Ort aber endgültig zum Kippen. Sie wäre zu retten gewesen mit einem Main Event, der weniger an den Wünschen der Fans vorbei konzipiert worden wäre. Stattdessen wurde alles noch viel schlimmer.
Fatale Fehlentscheidung im Main Event
Reigns bekam nach seinen beiden jüngsten Niederlagen gegen den (bei Backlash nicht anwesenden) Universal Champion Brock Lesnar einen an sich logischen Sieg gegen Joe auf den Leib geschrieben.
Die Art und Weise seines Zustandekommens war jedoch Wasser auf die Mühlen der Reigns-Kritiker.
Joe hatte offensichtlich die Anweisung, die üblichen Negativ-Reaktionen gegen Reigns abzumildern: Immer wieder etwa nahm er mit ausgedehnten Haltegriffen das Tempo aus dem Match, um die Fans gegen sich statt gegen Reigns aufzubringen.
Ein fataler Fehler: Joe - auf seine Art einer der besten Wrestler der Liga - beraubte sich so der eigenen Stärken, mit denen er das Match hätte aufwerten können. Und der Versuch, die schlecht gelaunten Fans hinter Reigns zu scharen, schlug fehl: Sie verloren stattdessen komplett das Interesse.
Was wird aus Roman Reigns?
WWE steht nun nicht nur unter Druck, ihre Fans für die schwache Show zu entschädigen: Sie muss sich auch etwas einfallen lassen, um Reigns aus der Schusslinie zu nehmen.
Der Fan-Widerstand gegen den 32-Jährigen beschäftigt die Liga zwar seit Jahren, sie war damit aber schon einmal besser umgegangen als in den vergangenen Monaten, die für das Standing von Reigns ein Rückschritt waren.
Alarmierend ist für WWE dabei weniger die Masse der Buhrufe gegen Reigns - die gab es auch vor zehn Jahren, als die Liga John Cena erfolgreich zum Topstar aufbaute. Das Problem ist, dass es Reigns weniger gut gelingt, positive Gegenreaktionen zu mobilisieren.
Bei Backlash waren ihm die Kreativen hinter den Kulissen dabei keine große Hilfe.