"Das geht zu weit", rief ein größerer Teil des WWE-Publikums in Oakland, als Wrestling-Champion Jinder Mahal sprach.
Darum bricht WWE das Rassismus-Tabu
Er war nicht allein mit seiner Meinung: Der Auftritt des indischstämmigen Bösewichts, in dem er diverse rassistische Klischees über seinen japanischen Herausforderer Shinsuke Nakamura aneinanderreihte, hat der Showkampf-Promotion eine Menge Kritik eingebracht.
Inzwischen hat WWE sich gerechtfertigt - in sehr allgemeiner Form.
WWE wählt dieselben Worte wie bei Hulk Hogan
"Wie viele andere TV-Shows und Filme kreiert WWE ein Programm mit fiktionalen Persönlichkeiten, die reale Probleme und sensible Themen behandeln", zitiert die Washington Post aus einer Stellungnahme der Liga: "Als Produzent solcher Shows ist WWE Menschen aller Hintergründe verbunden und feiert sie - so wie es die Vielfalt unserer Angestellten, Wrestler und Fans weltweit demonstriert."
Der zweite Teil des Statements darf einem bekannt vorkommen: Es waren exakt dieselben Worte, mit denen WWE vor zwei Jahren die Entlassung ihres einstigen Megastars Hulk Hogan begründete.
Kurz zuvor war ein heimlich gefilmter, rassistischer Ausfall Hogans gegen den afroamerikanischen Freundeskreis seiner Tochter bekannt geworden - im echten Leben, nicht auf der Showbühne.
Rassismus über Bande
Der Fall Mahal liegt etwas anders: Der Kanadier spielte seine Rolle als Böser und er beleidigte Nakamura auch nicht direkt, sondern über Bande.
Er behauptete, dass die amerikanischen Fans hinter Nakamuras Rücken rassistische Witze über ihn reißen würden, trug diese dann aber so lustvoll vor, dass er sich selbst als scheinheiliger Rassist entlarvte - in seiner Rolle, versteht sich.
Alles gut also? Es gibt Fans, die das so sehen. Ein großer Teil von ihnen aber ist anderer Meinung, auch solche, die den erzählerischen Sinn des Auftritts genau verstanden haben.
Wrestling-Experte hat Mitleid mit Jinder Mahal
"Rassismus ist ein idiotischer Weg, um Abneigung zu erzeugen - und ein unnötiger", schrieb ein Fan, der bei Mahals Auftritt in der Arena war, an die Post: "Es lässt auch die Autoren schlecht aussehen."
Besagter Fan ist 15 Jahre alt und offensichtlich recht aufgeweckt. Seine Ansicht bestätigt die eines anderen Experten, der in dem Artikel zu Wort kommt.
"Das Wrestling hat sich immer in seiner eigenen kleinen Welt abgespielt", sagt der Wrestling-Journalist Dave Meltzer: "Heute schaut jeder zu und mit solchen alten Tricks kommt man nicht mehr davon. Die Fans machen die Liga für so etwas verantwortlich, nicht den Bösewicht." Er habe Mitleid mit Mahal, dass ihm so ein Monolog ins Drehbuch geschrieben worden sei.
Die Grenzen haben sich verschoben
Meltzer erinnert daran, dass Bösewichte ausländischer oder nicht-weißer Herkunft, die mit fremdenfeindlichen und rassistischen Gefühlen des US-Publikums spielen, im Wrestling schon immer gängig waren.
"Es ist einfach und es funktioniert bis zu einem gewissen Grad, wenn man es richtig macht", sagt er. Man müsse nur eben genau wissen, wie weit man gehen kann und wo die Grenze liege.
Diese Grenzen läge heute anders als in früheren Zeiten: "Die Menschen sind anders, das Produkt ist anders, die Gesellschaft ist anders. Auch Dinge, die man noch vor 15 bis 20 Jahren gemacht hat, könnte man so heute nicht mehr bringen."
Kalkulierter Tabubruch
WWE ist offensichtlich wohlbewusst, dass sie mit Mahals Auftritt besagte Grenzen überschritten hat, anders als sonst üblich ist das Video nach der Show davon nicht auf den offiziellen Kanälen der Liga zu finden gewesen.
Es gibt aber keinen Grund anzunehmen, dass dieser Fehltritt einem vielfach sensibilisiertem Unternehmen wie WWE versehentlich passiert ist. Stattdessen ist von einem kalkulierter Tabubruch auszugehen, um Aufmerksamkeit und Interesse für das kommende Match zwischen Mahal und Nakamura zu erzeugen.
Auf normalem Weg hapert es damit: Mahals Regentschaft als Top-Bösewicht gilt als Flop, sein rassistischer Auftritt fand vor vielen leeren Rängen statt.