In einer kleinen Diskothek in Essen begann vor 15 Jahren die Wrestling-Karriere von Claudio Castagnoli - heute ist der 105-Kilo-Mann aus der Schweiz der größte deutschsprachige Showkämpfer der Welt.
WWE-Star Cesaro lästert über Wiese
Als Cesaro tritt er in der WWE vor zigtausenden Zuschauern an, der Edeltechniker - zur Zeit mit einer Schulterverletzung außer Gefecht - gilt als möglicher World Champion der Zukunft.
Im SPORT1-Interview spricht der 35-Jährige über das knüppelharte Leben als Wrestler, erklärt, wie er es schafft, 200 Matches im Jahr durchzustehen - und warnt WWE-Aspirant Tim Wiese.
SPORT1: Cesaro, an Heiligabend 2000 gaben Sie Ihr Wrestling-Debüt vor ein paar Zuschauern in einer Diskothek, mittlerweile kämpfen sie in den großen US-Arenen vor Zigtausenden. Wie wird man ein so großer WWE-Star?
Cesaro: Es ist ziemlich hart. Nach meinem Debüt habe ich beschlossen, in die USA auszuwandern und hauptberuflicher Wrestler zu werden. Aber erst nach neun weiteren Jahren dort bin ich in die WWE gekommen. Das heißt: Es dauert schon sehr lange. Man muss vieles aufgeben, ich bin von meiner Familie und meinen Freunden weggegangen. So als Hobby kann man das nicht ausprobieren, man muss voll dabei sein - und ungeheuer talentiert natürlich auch (lacht).
SPORT1: Was ist das entscheidende Geheimnis, das ein WWE-Star mitbringen muss?
Cesaro: Das eine, spezielle Geheimnis gibt es nicht, aber genau das macht die WWE auch so spannend. Manche Wrestler sind unheimlich stark im Ring, manche unheimlich stark am Mikrofon - es ist also für jeden etwas dabei. Außerdem haben wir ja nicht nur Männer, sondern auch Frauen. Ich würde sagen: Wir sind die beste Form der Unterhaltung.
SPORT1: Viele Fans, auch Legenden wie Ric Flair oder Mick Foley, sind der Meinung, dass Sie es sogar bis ganz nach oben schaffen könnten, schaffen sollten.
Cesaro: Da stimme ich zu. Ich will so schnell wie möglich aus meiner Verletzungspause zurückkommen und WWE World Heavyweight Champion werden. Vielleicht bringe ich den Gürtel dann auch mal mit nach Deutschland. Vom 10. bis 13. Februar machen wir Station in Deutschland - in Bremen, Köln, Mannheim und Magdeburg. Da werde ich zumindest am Ring dabei sein.
SPORT1: Apropos Bremen. Tim Wiese war dort früher Bundesliga-Torhüter. Werden wir ihn im Februar auch wieder am Ring erleben?
Cesaro: Das weiß ich nicht. Das wird man abwarten müssen.
SPORT1: Sie sind selbst Fußballfan, haben Sie Wiese da mal beobachtet? Hat er das Zeug zum Profi-Wrestler?
Cesaro: Das kann man nicht beurteilen, wenn man jemanden nur so sieht. Viele Typen wirken groß und stark, können im Ring dann aber überhaupt nichts. In einer kleineren Liga könnte er aus dem Stand sicherlich mitwrestlen, aber zum WWE-Star gehört dann schon noch etwas mehr dazu.
SPORT1: Seine Fortschritte beim Krafttraining sieht man ihn aber durchaus an. Verfolgen Sie die?
Cesaro: Ich weiß, dass er mal für ein Try Out in den USA war. Aber ansonsten habe ich nichts von ihm gesehen.
SPORT1: Immerhin hat er gesagt, er würde Sie umhauen.
Cesaro: Das sagen viele, das bin ich gewohnt. Und Tim Wiese wäre nicht der erste, der da falsch liegt. Vor der Kamera sind viele ganz groß, im Ring sind sie dann plötzlich ganz klein. Ich sage nur: Wo meine Faust hinschlägt, wächst kein Gras mehr - und erst recht kein Wiese.
SPORT1:Als wir uns kürzlich mit Tim Wiese unterhielten, fühlte er sich vom Interesse der WWE zwar geehrt, meinte aber auch, die Kohle müsste stimmen. Was halten Sie von dieser Einstellung?
Cesaro: Dann hat er ja eine schöne Entschuldigung, falls es nicht klappt - obwohl das ja auch am Können oder seinem Willen liegen könnte. Fakt ist: In der WWE zu kämpfen, ist ein Lebensstil und nicht irgendein billiger Job, den man mal so machen kann. Man muss sich nur seinen schnellen, tiefen Fall als Torhüter anschauen. Die Karriere hat er ja voll durchgezogen (hüstelt). Klar, kann man laut bellen, um schnell in die Medien zu kommen. Aber irgendwann muss man dann auch wieder Taten folgen lassen.
SPORT1: Wie viel kann man sich denn von einer erfolgreichen WWE-Karriere finanziell versprechen?
Cesaro: Darüber spricht der Gentleman natürlich nicht, aber wie Sie sehen, reicht es für einen schönen maßgeschneiderten Anzug (grinst).
SPORT1: Wrestling ist einerseits Sport, andererseits aber auch Show. Der Ausgang der Kämpfe ist vorgegeben, was dazu führt, dass Wrestling bei vielen Sportzuschauern ein Akzeptanzproblem hat. Was entgegnen Sie?
Cesaro: Die Kritiker sollen am besten mal zu einem Live-Event der WWE kommen. Es ist viel mehr Sport dabei, als die Leute denken. 2014 hatte ich 220 Matches, letztes Jahr 195. Man muss schon eine gute Kondition haben, um das durchzustehen. Es wird jede Woche gekämpft, da gibt es kein Saisonende oder irgendeine andere Pause. Und von wegen alles nach Drehbuch: Es werden von uns Wrestlern viel mehr spontane, kreative Elemente in die Kämpfe eingebaut, als es die meisten vermuten.
SPORT1: Die Belastung bekommt nicht jedem, viele ehemalige Wrestler leiden schwer an den Folgen, viele hatten Suchtprobleme, es gab Tragödien. Wie halten Sie sich von den dunklen Seiten des Geschäfts fern?
Cesaro: Disziplin ist sehr wichtig. In Sachen Trainingsmethoden haben wir aber auch noch mal einen großen Schritt gemacht. Auf all unseren Reisen gibt es mittlerweile viele Möglichkeiten, gut und gesund zu essen. Dann gibt es Fitnessstudios, in denen man sich mit Yoga oder ähnlichem fit halten kann. Dazu haben wir immer Masseure dabei, die sich um unsere Körper kümmern.
SPORT1: Derzeit sind Sie dennoch mit einer Verletzung außer Gefecht, Sie waren zwei Monate mit einem gerissenen Schultermuskel noch in den Ring gestiegen. Wie konnte man das so lange übersehen?
Cesaro: Ich dachte einfach, ich hätte nur eine Prellung oder Zerrung. Man findet durch Abtasten auch nicht heraus, ob da etwas gerissen ist. Nachdem es nicht besser wurde, habe ich eine Kernspintomographie gemacht, bei der dann ein drei Zentimeter langer Riss festgestellt wurde. Das ist jetzt zwei Monate her - um die vier Monate Pause habe ich nach Aussage des Arztes noch vor mir, ehe ich wieder loslegen kann.