Der Moment, in dem Gerrie Coetzee Geschichte schrieb, bereitete auch ihm körperliche Schmerzen.
Trauriges Ende einer Sensation
Wie ein Hammerschlag traf die Rechte Michael Dokes in der zehnten Runde im Gesicht, so hart, dass Coetzees Hand dabei brach. Gegner Dokes taumelte kurz, griff nach dem Ringseil - und aus.
Coetzee, ein weißer Südafrikaner aus Boksburg bei Johannesburg, krönte sich am 23. September 1983 sensationell zum Box-Schwergewicht, zum ersten aus Afrika - ein historischer Triumph mit erheblicher politische Tragweite.
Für den damals 28-Jährigen war es der denkwürdigsten Moment eines bewegten und filmreifen Lebens, aus dem Coetzee am 12. Januar 2023 durch eine schwere Erkrankung gerissen wurde.
Coetzees WM-Sieg überraschte die Box-Welt
Coetzee hatte lange auf seinen großen Moment gewartet. Zwar hatte er schon vor dem WM-Coup große Siege gefeiert, unter anderem gegen Muhammad-Ali-Bezwinger Leon Spinks, zwei WM-Chancen gegen John Tate und Mike Weaver aber hatte er schon vergeben.
Und auch im von der zwielichtigen Promoter-Legende Don King fixierten Fight gegen den WBA-Champion Dokes standen die Chancen schlecht. Dokes galt als kommender Topstar, Coetzee als besserer Aufbaugegner.
Doch Coetzees brutale Schlagkraft machte den Plänen von Dokes einen Strich durch die Rechnung.
Ein Anti-Rassist im Apartheid-Regime
Die Machthaber in Südafrika schmückten sich zu Zeiten der Apartheid liebend gerne mit Coetzee, den sie als „weiße Hoffnung” priesen und auf ähnliche Weise zu vereinnahmten versuchten wie einst die Nazis den Sensationssieg von Max Schmeling über Joe Louis.
Coetzee allerdings war kein Rassist, im Gegenteil. Er kämpfte aktiv gegen die Rassentrennung, ignorierte mehrfach die entsprechenden Gesetze - unter anderem adoptierte er ein dunkelhäutiges Box-Talent, um diesem das Leben zu erleichtern.
„Ich will ein Champion aus dem Volk sein, ich will Jedermanns Champions sein“, sagte er nach seinem WM-Triumph über Cokes noch im Ring: „Ich will nicht der Champion einer bestimmten Gruppe sein.“
Zu Coetzees Leidwesen war sein WM-Sieg auch der Anfang vom Ende seines Märchens: Die Handverletzung, die er sich beim K.o.-Schlag zuzog, spielte dabei eine Rolle.
Verletzung durchkreuzte großen Kampf
Coetzee unterschrieb einen Vertrag für einen Titel-Vereinigungskampf gegen IBF-Weltmeister Larry Holmes, das Duell verzögerte sich jedoch durch Streitigkeiten um Geld und Verbands-Eitelkeiten - und platzte endgültig, als Coetzees Rechte im Training für ein Duell mit Legende Holmes erneut nachgab.
Bei seinem Comeback-Fight am 1. Dezember 1984 verlor Coetzee seinen Gürtel sofort wieder an den Amerikaner Greg Page. Zurückerobern konnte er ihn nie wieder.
Coetzee hörte auf, nachdem ihn der Brite Frank Bruno 1986 in der ersten Runde k.o. geschlagen hatte. Zwei kurze Comebacks entfalteten keine größere Relevanz mehr.
Von Nelson Mandela geehrt
Nach seiner Karriere arbeitete Coetzee als Motivationsredner, im Januar 2023 starb er nach kurzer. schwerer Krankheit an Lungenkrebs.
Zwischen der Diagnose und Coetzees Ableben lagen nur rund eine Woche, wie Tochter Lana dem Portal Independent Online berichtete: „Alles ging so schnell. Es war eine aggressive Form von Krebs.“
In der südafrikanischen Heimat blieb Coetzee als Volksheld in Erinnerung, nach dem Ende der Apartheid bekam er eine Verdienstmedaille vom damaligen Staatspräsidenten, dem Nationalhelden und Freiheitskämpfer Nelson Mandela.
Wenige Jahre vor Coetzees Tod war sogar ein Hollywood-Film über ihn in Planung, Liam Hemsworth war für die Hauptrolle engagiert - um das Projekt ist es aber zuletzt still geworden.
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Mit Sport-Informations-Dienst (SID)