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Der traurige Absturz der einst größten Box-Ikone

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Der traurige Absturz der einst größten Box-Ikone

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Der traurige Absturz einer Box-Ikone

Joe Louis war nicht nur einer der größten Box-Champions der Geschichte und ein Held, der gesellschaftliche Grenzen sprengte. Nach seinem Rücktritt lief sein Leben weniger glücklich.
Joe Louis im Jahr 1949, dem letzten Jahr seiner WM-Regentschaft
Joe Louis im Jahr 1949, dem letzten Jahr seiner WM-Regentschaft
© IMAGO / ZUMA Press Wire
Joe Louis war nicht nur einer der größten Box-Champions der Geschichte und ein Held, der gesellschaftliche Grenzen sprengte. Nach seinem Rücktritt lief sein Leben weniger glücklich.

Seine Legende ist noch immer überlebensgroß, allein die seiner Faust misst 7 mal 7 Meter und ist über 2000 Tonnen schwer.

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„The Fist“, das Denkmal, das an die Box-Ikone Joe Louis erinnert, steht seit 1986 in der Innenstadt von Detroit und ist längst ein einprägsames Wahrzeichen der Stadt geworden, in der der frühere Schwergewichts-Weltmeister aufgewachsen ist.

Zwölf Jahre lang regierte Louis - der in diesem Jahr 100 geworden wäre - einst als Schwergewichts-Weltmeister, monumentale Größe erreichte er auch als afroamerikanische Symbol- und Heldenfigur politisch bewegter Zeiten, national wie international.

Heute vor 73 Jahren endete Louis‘ große Karriere mit einer schmerzhaft deutlichen Niederlage gegen eine andere Legende. Noch schmerzhafter war der gesellschaftliche Abstieg, der das Sportidol vor seinem recht frühen Tod ereilte.

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Joe Louis kam aus bitterarmen Verhältnissen

Joseph Louis Barrow, wie er eigentlich hieß, wurde am 13. Mai 1914 in Alabama im Süden der USA geboren, in bitterarmen und schwierigen Verhältnissen, zu einer Zeit, als Rassismus in der Gegend noch offiziell staatliche Politik war.

Louis‘ Großeltern waren noch Sklaven, seine Eltern besitzlose Farmer. Joes Vater Munroe hatte psychische Probleme und wurde in eine Nervenheilanstalt eingewiesen, als Joe zwei Jahre alt war (und starb im Jahr 1938, ohne vom Ruhm seines Sohnes zu wissen - Mutter Lillie heiratete einen anderen Mann, weil sie falsch informiert wurde, dass Munroe viel früher gestorben wäre).

Im Zuge der „Great Migration“ nach dem ersten Weltkrieg zog die Familie in den Norden nach Detroit - wegen der beruflichen Chancen in der industrialisierten „Motor City“ (Joe arbeitete eine Weile in der örtlichen Ford-Fabrik) und weil in Alabama eine gewalttätige Bande des Ku-Klux-Klan die Familie bedrohte.

Der junge Joe - der erst spät Lesen und Schreiben lernte - durchlebte auch in Detroit viele Härten infolge der „Great Depression“, der großen Wirtschaftskrise infolge des berühmten Börsen-Crashs von 1929. Die Gelegenheit zum Aufstieg bot sich durch sein früh entdecktes Boxtalent.

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Louis wurde vermarktet, um der weißen Mehrheit zu gefallen

Joe Louis (den eigentlichen Nachnamen legte er wohl ab, um die Boxkarriere anfangs vor seiner Mutter zu verbergen) machte Anfang der Dreißiger als talentierter Amateur auf sich aufmerksam, 1934 folgte das Profidebüt.

Louis wurde von dem schwarzen Promoter-Duo John Roxborough und Julian Black entdeckt, die den jungen Louis überzeugten, dass sie für ihn einen nachhaltigen Karriereplan hatten. „Die weißen Manager waren nicht wirklich an ihren schwarzen Schützlingen interessiert, nur an dem schnellen Geld, das sie mit ihnen verdienen konnten“, notierte Louis in seiner Autobiografie.

Roxborough und Black wussten, dass Louis‘ Karriereweg damals nicht nur an sportlichen Kriterien hing, sondern dass er sich auch die gesellschaftliche Akzeptanz der weißen Mehrheit erarbeiten musste.

Louis wurde ein bescheidenes Auftreten verordnet, niemals sollte er - wie einige Jahrzehnte später Muhammad Ali - den Showman geben, der seine Gegner verspottete. Die rassistische Dimension der selbst auferlegten Verhaltensregeln äußerte sich auch in dem Verbot, sich mit weißen Frauen fotografieren zu lassen. Jack Johnson, der erste schwarze Schwergewichts-Champ anno 1908 hatte das Publikum der Ära mit seinem selbstbewusst-schillernden Auftreten und der Hochzeit mit einer weißen Frau erbost - was einem Schwarzen aus damals noch weit verbreiteter Sicht nicht zustand.

Max Schmelings Lehrstunde

Die Vermarktung von Louis als Gegenmodell zu Johnson funktionierte, der „Brown Bomber“, wie er von der mehrheitlich weißen Presse halb ehrfürchtig, halb despektierlich genannt wurde, gewann die erhoffte Akzeptanz. Dass Box-Amerika seit dem Rücktritt von Jack Dempsey 1929 nach einem neuen, großen Champion dürstete, half auch in entscheidendem Maße.

Im Jahr 1935 näherte sich Louis mit Siegen über die Ex-Champions Primo Carnera und Max Baer dem anvisierten Titelkampf. Und auch die sensationelle Niederlage im Kampf gegen die deutsche Ikone Max Schmeling warf Louis letztlich nicht entscheidend zurück.

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Die kurz vor dem Zweiten Weltkrieg politisch stark aufgeladene Pleite gegen den Mann aus Hitlers Deutschland (wenngleich der dem Nazi-Regime distanziert gegenüberstand) war lehrreich für Louis: Der Veteran Schmeling hatte eine Schwachstelle Louis‘ gefunden und ausgenutzt - seinen Hang, die Linke nach seinen Jabs fallen zu lassen und damit die Deckung zu vernachlässigen. Bei Louis war außerdem ein Stück Trainingsfaulheit eingekehrt, die ihm die Blamage gegen Schmeling austrieb.

Louis‘ WM-Gewinn war ein historischer Urknall

Trotz der Niederlage bekam Louis 1937 einen Titelkampf gegen den damals - vor der Ära der aufgeteilten Verbände - unumstrittenen Weltmeister James J. Braddock. Der Achtrunden-K.o., mit dem Louis Braddock im New Yorker Madison Square Garden besiegte, war ein sportlicher und gesellschaftlicher Urknall, dessen historische Tragweite nicht hoch genug einzuschätzen ist.

Joe Louis wurde zum ersten breit anerkannten schwarzen Sportidol der amerikanischen Geschichte - und zu einem absoluten Volkshelden der afroamerikanischen Community.

Louis regierte unglaubliche zwölf Jahre als Champion, verteidigte den Titel 25 Mal - beides bis heute unerreichte Rekorde. Und nicht nur das festigte seinen Rang als Heroenfigur, der die gesellschaftlichen Schranken überwand.

Ein Volksheld über den Sport hinaus

Im Jahr 1938 gewann Louis im Yankee Stadium das heiß erwartete Rematch gegen Bezwinger Schmeling klar und gewann damit auch ein Jahr vor dem Zweiten Weltkrieg auch eine Propaganda-Schlacht, vor der ihm unter anderem auch US-Präsident Franklin D. Roosevelt persönlich einschwor. Ähnlich wie zwei Jahre zuvor Jesse Owens‘ Triumphzug bei Olympia in Berlin war Louis‘ Revanche auch ein symbolischer Sieg über die Rassen-Ideologie - nicht nur die in Hitler-Deutschland.

Wenige Wochen nach dem japanischen Angriff auf Pearl Harbor, der die USA in den Krieg zog, schrieb sich Louis auch selbst bei der US Army ein (wo noch die Rassentrennung galt), hob damit die Truppenmoral und den Respekt für sich und auch andere afroamerikanische Soldaten - was nach dem Krieg ein Faktor beim Schub der Bürgerrechtsbewegung war. Nebenbei half Hobby-Golfer Louis übrigens auch noch dabei, dass auch in diesem Sport durch seine Präsenz die rassistische „Color Line“ fiel.

Louis‘ sportlicher Stern sank nach dem Krieg. Ende 1947 rettete ihn nur eine umstrittene Kampfrichterentscheidung vor dem drohenden Titelverlust gegen Herausforderer „Jersey“ Joe Walcott. Louis gewann das Rückmatch klarer, aber dass der mittlerweile 34-Jährige nicht mehr der Alte war, war offenkundig. 1949 trat er zurück.

Horrende Steuer-Schulden zwangen zu Comeback

Der Ruhestand des alternden Helden währte nicht lange, Louis kam zurück - nicht freiwillig: Weil Louis seine Geldangelegenheiten in falsche Hände gelegt hatte, stellte das Finanzamt bei einer Steuerprüfung massive Hinterziehung und eine horrende Steuerschuld von 500.000 Dollar fest.

Zur damaligen Zeit war das für Louis ruinös: Sein Comeback war Teil eines Deals mit der US-Finanzbehörde IRS, die alle Gewinne einstrich. An die goldenen Zeiten konnte Louis nicht mehr anknüpfen: Ein WM-Kampf gegen den neuen Champion Ezzard Charles ging ebenso klar verloren wie letztlich am 26. Oktober 1951 der letzte Fight gegen das aufstrebende Phänomen Rocky Marciano. (Rocky Marciano: Sein historischer Triumphzug und sein tragischer Todes-Crash)

Louis‘ Abschiedstour halfen ihm nicht aus den Steuerschulden, die unter anderem auch dazu führten, dass die Behörden das Erbe seiner verstorbenen Mutter konfiszierten. Nach dem endgültigen Rücktritt musste sich Louis andere Geldquellen suchen: Er nahm Jobs als Wrestler an (und als das nicht mehr ging: als Wrestling-Ringrichter), zeitweise jobbte er sogar als Passanten grüßende Touristen-Attraktion für ein Hotel in Las Vegas.

Schmeling zeigt sein Herz

Vor einem noch tieferen Fall bewahrten Louis‘ seine anhaltende Popularität und Menschen, die es gut mit ihm meinten - unter ihnen andere Ex-Boxgrößen wie Sonny Liston und Ex-Rivale Schmeling, zu dem Louis‘ eine unwahrscheinliche Freundschaft aufbaute. Schmeling half dem viermal verheirateten Louis mehrfach aus Geldnot.

In seinen letzten Lebensjahren verfiel Louis‘ Gesundheit, auch infolge von Drogenproblemen. Er erlitt psychische Probleme, Herzschwäche und Schlaganfälle. Am 12. April 1981 - wenige Stunden, nachdem er den WM-Kampf zwischen Larry Holmes und Trevor Berbick als Zuschauer verfolgte, starb Louis mit 66 Jahren an einem Herzinfarkt.

US-Präsident Ronald Reagan verfügte ein Heldenbegräbnis für Louis auf dem Soldatenfriedhof von Arlington. Schmeling zahlte einen Teil der Beerdigungskosten und fungierte als Sargträger für einen der größten Boxer und Sportler der Geschichte.