Eigentlich sollte dieses Interview Werbung für Mike Tysons Comeback-Kampf gegen Roy Jones Jr. machen. Stattdessen warf es bei vielen Zuschauern die Frage auf, ob das alles wirklich eine gute Idee war.
Schock-Auftritt: Tyson erklärt sich
Box-Legende "Iron Mike" war am Morgen zu Gast im britischen Frühstücksfernsehen, wurde live interviewt bei "Good Morning Britain" auf ITV, von den bekannten Moderatoren Piers Morgan und Susanna Reid.
Der Zustand, in dem er vor die Kamera trat, weckte dabei Besorgnis: Der 54-Jährige wirkte müde und angeschlagen, er lallte und hatte Probleme, Worte zu finden und die Augen offen zu halten. An einer Stelle beugte er den Kopf nach vorn, schien nicht in der Lage zu sein, ihn aufrecht zu halten.
Morgan und Reid wirkten irritiert, führten das Interview aber immer weiter, fragten Tyson auch zu politischen Themen wie Donald Trump und Black Lives Matter. Es kam, wie schnell zu erahnen war, wenig dabei heraus.
Was war in dem TV-Interview mit Mike Tyson los?
Was war los mit Tyson? Müdigkeit kann eine Erklärung sein: Das Interview wurde in Großbritannien kurz vor 7 Uhr morgens ausgestrahlt. In Los Angeles, von wo aus Tyson zugeschaltet war, war es zu diesem Zeitpunkt also kurz vor 23 Uhr.
Über andere Erklärungen für Tysons Zustand wird natürlich auch spekuliert.
"Dieser Mann ist offensichtlich nicht im Zustand, vor eine Kamera zu treten. Er war vielleicht betrunken", schimpfte Mike Graham, ein anderer prominenter Brit-Journalist in seiner Sendung auf Talk Radio - und übte Kritik an den Sendungsverantwortlichen: "Meine Producer hätten gesagt: Man kann ihn nicht live gehen lassen. Er wird lächerlich aussehen, es würde aussehen, als ob wir das ausschlachten wollen." Tyson so zu zeigen sei "beschämend" gewesen.
Auffällig: Weder der sonst sehr selbstvermarktungsfreudige Morgan noch die Sendung verbreiten das Tyson-Interview von sich aus auf ihren sozialen Kanälen.
Tyson hat sich dafür mittlerweile noch einmal selbst zu Wort gemeldet, über seinen Twitter-Account wurde eine an das TV-Team gerichtete Erklärung abgegeben.
"Ich habe versucht, für das Interview lang wach zu bleiben, aber ich bin eingeschlafen und wenn ich einmal schlafe, bin ich schwer wieder aufzuwecken, wie ein Löwe. Ich trainiere hart und gehe früh ins Bett." Auch für die unkoordinierten Kopfbewegungen nannte er eine Begründung: "Ich hatte keinen Monitor und konnte euch nicht sehen, ich habe vergessen, in die Kamera zu gucken."
Tyson wischt Sorgen wegen Kampf mit Roy Jones Jr. beiseite
Tyson war zwischen 1986 und 1990 sowie 1996 zweimal Weltmeister im Schwergewicht, ehe er vom großen Rivalen Evander Holyfield - der aktuell ebenfalls an einer Ring-Rückkehr arbeitet - entthront wurde. Im Rückkampf 1997 folgte Tysons berühmt-berüchtigter Biss in Holyfields Ohr.
Nach mehreren vergeblichen Versuchen, wieder Anschluss an die Weltspitze zu finden, trat Tyson 2005 zurück, in diesem Jahr verkündete er seine Rückkehr, es geht in einem "Exhibition Match" mit angepassten Regeln gegen Jones, der einst als Pound-for-Pound-König der Boxwelt galt.
Die Frage, ob Tyson gut beraten damit ist, bei dem Legenden-Schaukampf am 28. November noch einmal in den Ring zu steigen, hatte das Moderatorenduo in dem nun ausgestrahlten Interview selbst aufgeworfen.
"Es gibt Sorgen, ob zwei Männer in ihren Fünfzigern tatsächlich noch einmal ohne Kopfschutz gegeneinander in den Ring steigen sollten. Was sagen Sie zu diesen Sorgen?", fragte Reed Tyson - just in dem Moment, in dem dessen Kopf vornüber fiel.
Tysons Antwort, nachdem er sich wieder aufgerichtet hatte, ohne auf den eigentlichen Kern der Frage einzugehen: "Ich finde es wundervoll, dass wir kämpfen. Wir hätten den Kampf früher haben sollen, aber wir haben ihn stattdessen jetzt. Das wird großartig."
Die Verfassung, in der Tyson in diesem Moment auftrat, weckte genau daran trotz der nachgereichten Erklärung neue Zweifel.