Für Max Schmeling war es alles andere als ein triumphaler Moment.
Schmelings Triumph wurde verspottet
Als der "Schwarze Ulan vom Rhein" in der Nacht vom 12. auf den 13. Juni 1930 im New Yorker Yankee Stadium Weltmeister im Schwergewicht wurde, half das Glück kräftig mit. Der 29-jährige Deutsche lag punktemäßig schon weit hinten, da streckte ihn sein Gegner Jack Sharkey mit einem Tiefschlag zu Boden und wurde deshalb in der vierten Runde disqualifiziert.
Schmeling wurde zum Weltmeister ernannt, musste aber dafür auch reichlich Spott aushalten. Friedensnobelpreisträger und Journalist Carl von Ossietzky beschrieb seinen Auftritt später in der Weltbühne als wenig weltmeisterlich.
Schmeling verteidigte Titel
"Es ist da die merkwürdige Unstimmigkeit, dass der Besiegte auf seinen eigenen Beinen fortging, während der Sieger, dem es auch in den vier Runden nicht gut gegangen war, halb ohnmächtig auf der Bahre abgeschleppt werden musste", meinte von Ossietzky.
Einmal durfte Schmeling seinen Titel erfolgreich verteidigen. Gegen den US-Amerikaner Young Stribling siegte er im Juli 1931 in Cleveland durch technischen K.O. in der 15. Runde.
Knapp ein Jahr später kam es in New York zum Rückkampf gegen Sharkey, und wieder endete das Duell mit einem Skandalurteil. Diesmal war Schmeling über 15 Runden der bessere Boxer, doch Sharkey wurde zum Sieger nach Punkten bestimmt. Schmeling verlor seinen Titel.
Immerhin erhielt der gelernte Kaufmann für den zweiten Kampf gegen Sharkey stolze 700.000 US-Dollar. Der in Klein-Luckow in der Uckermark geborene Schmeling war in Amerika ziemlich bekannt, hatte ab 1927 dort sein sportliches Zuhause gefunden. "Er hat den deutschen Meisterschaftstitel aufgegeben, um seine verletzte Hand für die amerikanischen Dollars zu pflegen", schrieb Erich Kästner.
NS-Propaganda schlachtete Schmelings Triumph aus
Schmelings legendärer Ruf in Deutschland resultiert aber nicht in erster Linie aus den Kämpfen gegen Sharkey. Vielmehr machte sein Sensationserfolg im WM-Ausscheidungskampf am 19. Juni 1936 gegen den unschlagbar scheinenden Joe Louis, ebenfalls im Yankee Stadium, den Star zur Ikone.
Schmelings Triumph, der ins rassistische Weltbild der NS-Propaganda bestens passte, wurde entsprechend ausgeschlachtet. "Es war ein deutscher Sieg", ließ Joseph Goebbels ausrichten, und der Berliner Lokalanzeiger titelte: "Der Führer beglückwünscht Schmeling". Besagter Adolf Hitler schickte Blumen an Schmelings Frau.
Dass Schmelings guter Ruf auch in der Nachkriegszeit anhielt, lag daran, dass er die Vereinnahmung vergleichsweise reserviert aufnahm. Schmeling dankte zwar Volk und Führer, ließ die Vereinnahmung aber nicht über einen gewissen Punkt hinausgehen: Er trat der NSDAP nicht bei, behielt seinen jüdischen Manager Joe Jacobs, lehnte sogar eine Ehrung Hitlers ab. "Ich bin Boxer, kein Politiker", war einer seiner berühmtesten Sätze.
Wie später herauskam, leistete Schmeling sogar tatkräftige Hilfe für Opfer des Hitler-Regimes: 1938 versteckte er während der Novemberpogrome zwei jüdische Jugendliche in seinem Hotelzimmer und verhalf ihnen so zur Flucht. Dies wurde erst 1989 bekannt, als sich die geretteten Brüder in den USA zu Wort meldeten.
Zweier Kampf dauerte knapp zwei Minuten
Der zweite Kampf zwischen Schmeling, heute Mitglied der "Hall of Fame des deutschen Sports", und Louis, in dem es im Juni 1938 um die WM ging, dauerte nur wenig mehr als zwei Minuten. Schmeling hatte keine Chance, Louis war mittlerweile zu einem gereiften Weltklasseathleten geworden. Niemand hätte an diesem Tag gegen seinen Vater gewonnen, erzählte Schmeling - der mit seinem Rivalen Freundschaft schloss - später Louis' Sohn.
Nach seiner Rückkehr aus den USA machte Schmeling noch einen Kampf, den er 1948 gegen den Hamburger Richard Voft nach Punkten verlor.
Mit seiner Frau, der deutsch-tschechischen Filmschauspielerin Anny Ondra, ließ er sich in Wenzendorf bei Hamburg nieder. Dort starb der Mann, von dessen Ruf bis heute alle deutschen Schwergewichte zu profitieren versuchen, 2005 im Alter von 99 Jahren - zu seiner Beerdigung erschienen neben den Box-Größen Henry Maske und Wladimir Klitschko auch Uwe Seeler und Franz Beckenbauer.
Deutschlands legendärer Champion, der in ähnlichem Maße verehrt wurde, fand im benachbarten Hollenstedt seine letzte Ruhestätte.