Im Madison Square Garden schrieb Andy Ruiz Jr. am Sonntag ein kleines Stück Box-Geschichte.
So geht es im Schwergewicht weiter
Völlig überraschend besiegte der 29-Jährige Anthony Joshua, den bis dato ungeschlagenen Champion der Verbände WBO, WBA, IBF und IBO, durch technischen K.o. in der siebten Runde und schwang sich damit zum ersten Schwergewichtsweltmeister mexikanischer Abstammung auf.
Zugleich brachte er durch seinen Sensationssieg aber auch das Gleichgewicht in der Welt des Boxens durcheinander. Wie geht es im Schwergewicht weiter?
Kampf von Joshua gegen Wilder vorerst geplatzt
"Durch seinen Sieg hat sich die Gemengelage im Schwergewicht verbessert, denn das Zuschauerinteresse wird jetzt wieder größer. Die Fans möchten den Mann, der Joshua geschlagen hat, auch sehen. Man hat gesehen, was er boxerisch auf dem Kasten hat", fasst SPORT1-Boxexperte Tobias Drews die neue Situation zusammen.
Eigentlich hatte der entthronte Weltmeister vor, in naher Zukunft gegen WBC-Champion Deontay Wilder in den Ring zu steigen. "Wenn ich in meine Kristallkugel schaue, sehe ich den Kampf gegen Wilder. Ich besiege Wilder und werde damit der unangefochtene Heavyweight-Champion", hatte Joshua noch vor dem Kampf gegen Ruiz Jr. im Interview mit Spox gesagt.
Doch daraus wird - zumindest in nächster Zukunft - nichts werden. Sein Manager Eddie Hearn kündigte unmittelbar nach der Niederlage zunächst einmal ein Re-Match an. "AJ wird zu 100 Prozent zurückkommen. Wir machen den Rückkampf in Großbritannien, im November oder Dezember, aber dieser Abend gehört Andy Ruiz", sagte er.
Ruiz Jr. bieten sich nun mehrere Optionen
Sicherheitshalber hatte er sich daher schon einmal eine entsprechende Re-Match-Klausel in den Vertrag schreiben lassen. "Ruiz hat jetzt viele Möglichkeiten, man kann ihn nicht zum Rückkampf zwingen. Man muss abwarten, was er plant", erklärte Drews. Inzwischen wurde die Revanche von Hearn via Twitter jedoch offiziell bestätigt.
Stellt sich die Frage, was "The Destroyer" selbst für die Zukunft plant. Drews sieht dabei zwei Möglichkeiten. "Entweder gibt es den sofortigen Rückkampf oder die Möglichkeit, mit den Titeln Geld zu verdienen, was sicherlich auch interessant ist. Es muss sich zeigen, ob er alle Titel verteidigen kann oder will."
Fakt ist, dass seit Sonntag ein paar Kämpfe weniger möglich sind. Wilder selbst kündigte seinerseits erst vor Kurzem ein Re-Match gegen Tyson Fury an. Der Kampf soll voraussichtlich Anfang nächsten Jahres stattfinden. Zuvor wird der 33-Jährige aber im September zu einem Rückkampf gegen den Kubaner Luis Ortiz antreten, den er im März 2018 besiegt hatte.
Wilder kündigt Fight gegen Tyson Fury an
"Ich bin der wahre Champion, ich muss meine umstrittenen Kämpfe abarbeiten. Luis Ortiz kommt zuerst, dann Tyson Fury", erklärte er auf Twitter. Zugleich machte er nach Joshuas Niederlage deutlich, was er von diesem hält. "Er war kein wahrer Champion. Seine Karriere fußte auf Lügen, Widersprüchen und Geschenken. Jetzt wissen wir, wer vor wem davongelaufen ist", schrieb er.
Ruiz Jr., der sich selbst als "kleines, fettes Kind" bezeichnet, zollte er hingegen großen Respekt. "Ein riesiger Glückwunsch an dich für deinen umwerfenden Sieg gestern Abend. Das ist unglaublich", twitterte Wilder.
Auch wenn es von beiden Lagern dazu bislang keine offiziellen Aussagen gegeben hat, so scheint es dennoch zumindest nicht gänzlich unmöglich, dass der WBC-Champion selbst versuchen könnte, Ruiz Jr. die frisch gewonnenen Titel allesamt abzuluchsen.
Auch ein deutscher Boxer mit in der Verlosung?
Neben Wilder, Ruiz Jr. und Joshua sollte man in der Verlosung der Schwergewichtsweltmeister aber auch weiterhin Fury auf dem Zettel haben. Der einstige Bezwinger von Wladimir Klitschko ist der bislang einzige Boxer, den Wilder nicht bezwingen konnte. Im ersten Aufeinandertreffen hatte der Brite, obwohl zweimal am Boden, ein einstimmiges Unentschieden über die Zeit gebracht.
"Für mich ist Deontay Wilder die Nummer eins, dann käme Ruiz und anschließend Fury. Auf Rang vier wäre nun Joshua nach seiner Niederlage gegen Ruiz. Aber das Quartett liegt sehr eng beieinander", lautet die Einschätzung von SPORT1-Experte Drews zu den Kräfteverhältnissen im Schwergewicht.
Aber auch ein Deutscher könnte am Ende noch ein Wörtchen mitreden. Tom Schwarz, amtierender Champion der WBO Interkontinental Meisterschaft, boxt Mitte Juni gegen Fury. "Wenn ich einen bombastischen Kampf mache, dann bin ich sicher auf Dauer mit oben dabei", kündigte der gebürtige Hallenser bereits selbstbewusst an.
Ursprünglich wollte er sich mit einem Sieg gegen Fury für einen WM-Kampf gegen Joshua empfehlen. Doch daraus wird nichts werden - Andy Ruiz Jr. sei Dank.