Er bestritt einen legendär skurrilen Kampf mit Box-Ikone Muhammad Ali.
Tod einer Ikone erschüttert Japan
Stieg in den Ring mit Hulk Hogan und Ric Flair - gegen letzteren vor angeblich 190.000 Zuschauern in Nordkorea. Er war Gründer der wichtigsten japanischen Wrestling-Liga, Hall-of-Fame-Mitglied bei WWE, Wegbereiter des MMA-Booms und der UFC. Und eine in der japanischen Heimat weit über den Sport hinaus bekannte und prägende Persönlichkeit.
Nun ist die Kampfsport-Legende Antonio Inoki am Ende eines langen gesundheitlichen Verfalls im Alter von 79 Jahren verstorben - eine Nachricht, die in Japan mit Bestürzung aufgenommen wird und dort eines der größten Medien-Thema des Wochenendes ist. Todesursache war laut japanischen Medienberichten eine Herzerkrankung.
Antonio Inoki war Japans größter Wrestling-Star
Der am 20. Februar 1943 in Yokohama geborene Inoki war zu aktiven Zeiten der wohl populärste Wrestling-Star seiner Heimat.
Der 1,91-Meter-Mann war seit 1960 im Ring gestanden und ein Schüler von Rikidozan, dem 1963 von einem Yakuza-Kriminellen tödlich verletzten Gründervater des japanischen Wrestlings, damals tief mit dem Mafia-Milieu verstrickt.
Rikidozan hatte Inoki in Brasilien entdeckt, wohin dieser als Teenager ausgewandert war: Er war geflüchtet vor der Armut, in die seine eigentlich wohlhabende Familie nach dem Zweiten Weltkrieg geraten war - und machte dort als Leichtathletik-Talent im Kugelstoßen sowie Diskus- und Speerwerfen auf sich aufmerksam.
Inoki - trainiert vom als „Gott des Wrestling“ verehrten Karl Gotch - wurde nach der Rückkehr in die Heimat Teil von Rikidozans Promotion JWA, aus der er 1971 gefeuert wurde, als er dort die Macht übernehmen wollte.
Als Reaktion gründete er im Jahr darauf die bis heute wichtigste Liga in Nippon: NJPW (New Japan Pro Wrestling). Ein zweites großes Beben gab es im selben Zeitraum, als auch Inokis vorheriger Partner Shohei „Giant“ Baba - der zweite japanischer Wrestling-Superstar dieser Generation - die JWA verließ und die ebenfalls bis heute existierende Konkurrenzliga AJPW (All Japan) formierte,
Große Duelle mit Hulk Hogan und deutschsprachigen Stars
Der charismatische Inoki wurde nicht nur zum langjährigen Lenker, sondern auch zum größten Star von JPW, bestritt dort bis zum Ende seiner aktiven Karriere 1998 zahlreiche große Fights gegen nationale und internationale Stars - unter ihnen Hogan, Flair, Andre the Giant, Big Van Vader, Stan Hansen, den 1988 ermordeten Mythos Bruiser Brody oder auch „Big“ Otto Wanz aus Österreich und Roland Bock aus Deutschland.
Der als harte Hund bekannte Ex-Olympiaringer Bock hat in der Auflistung einen besonderen Rang: Er lieferte Inoki in Europa und Japan eine Reihe von besonderen Fights, die auch durch persönliche Animositäten und einen Mangel an Kooperation geprägt waren - und in unter Szenekennern auf ihre Art legendär sind.
Antonio Inoki vs. Muhammad Ali: Ein irritierender Kassenschlager
Den fraglos berühmtesten Kampf bestritt Inoki 1976 allerdings mit Box-Legende Muhammad Ali. Das Aufeinandertreffen - mitorganisiert vom späteren WWE-Boss Vince McMahon - war keine abgesprochene Show: Inoki bestand auf einem realen Kräftemessen unter speziellen Regeln, die ein Vorbild für den von Inoki sehr verehrten und geförderten MMA-Sport wurden.
Inoki wich Alis Fäusten aus, indem er zumeist am Boden krabbelte und Ali mit schmerzhaft-brutalen Tritten gegen die Beine traktierte, die Folgeschäden behinderten Ali - Kampfgage: sechs Millionen Dollar - bis zum Ende seiner Karriere.
Das groß vermarktete und kommerziell sehr erfolgreiche Duell - im Ergebnis von den Zuschauern irritiert aufgenommen - endete unentschieden, Ali und Inoki wurden danach gute Freunde. (Wie Muhammad Ali für seinen Mythos einen teuren Preis zahlte)
Filmstar und einflussreicher Politiker
Der internationale Ruhm, den Inoki durch seinen Kampf gegen Ali erwarb verschaffte ihm 1978 auch eine Rolle im Hollywood-Film „Die Bären sind nicht zu bremsen“ mit Tony Curtis.
Inoki war seit 1989 auch politisch aktiv, saß in mehreren Parlamenten - stets mit einem roten Schal bekleidet. Das politisch-wirtschaftliche Netzwerk, das er im Lauf seines Lebens aufgebaut hatte, half ihm dabei, wichtige politische Fäden zu ziehen: Im ersten Golfkrieg handelte er im Irak erfolgreich die Freilassung japanischer Geiseln aus, dasselbe gelang ihm auch in Nordkorea - wo er 1995 die meistbesuchte Wrestling-Show der Welt veranstaltete. Seinen Kampf mit Flair in Pjöngjang bei „Collision in Korea“ sahen im Stadion 1. Mai angeblich 190.000 Fans. Auch unabhängige Experten berichten, dass tatsächlich 165.000 Zuschauer vor Ort waren.
Zu Inokis politischer Karriere gehören auch Wunderklichkeiten wie seine 2017 erhobene Forderung, in der Regierung eine offizielle Position zum Thema Außerirdische zu schaffen - da er ein mysteriöses Flugobjekt am Horizont gesehen habe.
Inokis Rang in der politischen Sphäre spiegelt sich auch in Beileidsbekundungen hochrangiger internationaler Würdenträger wieder, etwa von Shehbaz Sharif, dem Premierminister Pakistans. Er würdigte Inoki als großen Mann, „der eine ganze Generation verzaubert hat“.
Inoki saß zuletzt im Rollstuhl
Bei NJPW verlor Inoki 2005 nach einer Übernahme der Firma Yukes seine Macht, er gründete darauf den weniger erfolgreichen Wrestling-MMA-Hybrid IGF.
Mit den Verantwortlichen seines „Babys“ NJPW war er nach seiner Ausbootung tief zerstritten, erst in seinen letzten Lebensjahren gab es wieder eine Annäherungen und öffentliche Würdigungen von NJPW für den Gründer.
Inoki ging es in den vergangenen Jahren gesundheitlich zusehend schlechter, er saß zuletzt auch im Rollstuhl, woran in seiner Heimat viel Anteil genommen wurde, als dies herauskam.
Als in der Nacht zum Samstag Inokis Tod bekannt wurde, gab es auch einen spontanen Tribut von WWE bei der TV-Show Friday Night SmackDown. WWE und NJPW hatten zu Inokis Zeiten zeitweise eine Arbeitsbeziehung, 2010 nahm WWE Inoki wegen seiner besonderen Verdienste für die Branche in die Hall of Fame auf.
Der bekannte Wrestling-Journalist Dave Meltzer ordnete Inoki nach seinem Tod ein als „wahrscheinlich zweitwichtigste Wrestling-Figur der vergangenen 50 Jahre“ ein - hinter dem in diesem Jahr als WWE-Boss zurückgetretenen McMahon.