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"Größte Problem von Özil war…": Fener-Legende über Ex-Real-Star - und Erdbeben in der Türkei

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"Größte Problem von Özil war…": Fener-Legende über Ex-Real-Star - und Erdbeben in der Türkei

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„Hätte gerne für Bayern gespielt“

Anfang Februar erschüttert ein Erdbeben die Türkei im Mark. Volkan Demirel befindet sich als Trainer von Hatayspor mitten im Epizentrum. Im exklusiven SPORT1-Interview spricht der frühere Torhüter über die schlimme Zeit.
Stefan Kuntz, Trainer der türkischen Nationalmannschaft, sammelt nach dem schweren Erdbeben in der Türkei und Syrien Spenden für die Opfer. Dazu setzt er sich hinter die Einkaufskasse.
Anfang Februar erschüttert ein Erdbeben die Türkei im Mark. Volkan Demirel befindet sich als Trainer von Hatayspor mitten im Epizentrum. Im exklusiven SPORT1-Interview spricht der frühere Torhüter über die schlimme Zeit.

Volkan Demirel ist eine Legende bei Fenerbahce Istanbul. Der frühere Torwart stand 18 Jahre für den türkischen Traditionsverein zwischen den Pfosten.

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Aktuell ist der 41-Jährige Cheftrainer beim türkischen Erstligisten Hatayspor. Das Erdbeben in der Türkei und Syrien hat ihn komplett betroffen gemacht.

„Es gab in der Stadt nicht mal eine Flasche Wasser zum Trinken. Die Leute in Hatay hatten nichts. Diese Menschen haben von überall auf der Welt Hilfe bekommen, aber es reicht immer noch nicht und die Probleme konnten bisher nicht gelöst werden“, sagt Demirel im Exklusiv-Interview mit SPORT1. „Es gab Zelte, aber diese werden nass und niemand kann dort übernachten. Es gibt kleine Container, darin kann aber nur eine Person schlafen.“

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Demirel will helfen. Er möchte mit seinem Team Benefizspiele in Deutschland organisieren. Zudem spricht er erstmals seit dem Erdbeben über die schwierige Zeit, eine besondere Geste vom verstorbenen Christian Atsu und seine Beziehung zu Christoph Daum.

Demirel: Mainz unterstützt uns seit dem Erdbeben

SPORT1: Herr Demirel, erstmal vielen Dank, dass Sie SPORT1 das Exklusiv-Interview geben.

Volkan Demirel: Bitte, keine Ursache. Allah sei Dank, es kommt von überall Hilfe, vor allem aus Deutschland. Die größte Hilfe von dort waren Baguettes und Brot. Die deutsche Bundespolizei hat 480.000 Wärmedecken geschickt. Deshalb auch das Interview, ich möchte etwas zurückgeben.

SPORT1: Wie wollen Sie helfen?

Demirel: Ich habe mir überlegt, dass ich meine Popularität als ehemaliger Torwart von Fenerbahce nutzen und mit Verantwortlichen von deutschen Vereinen wie Borussia Dortmund, Bayern München, Schalke 04, Fortuna Düsseldorf, Mainz 05, 1. FC Köln sprechen möchte. Dort will ich Spiele organisieren. Mainz 05 unterstützt uns seit dem ersten Tag. Sie haben mit dieser Idee die Türen für mich geöffnet. Ich will keine Geldspenden, sondern einfach nur Benefizspiele organisieren. Mit den Einnahmen will ich die Menschen bei uns etwas unterstützen. Wir haben elf Provinzen in der Türkei, in denen es nach wie vor große Probleme gibt. Die Amateurvereine bei uns haben nichts mehr. Diesen Kindern will ich helfen. Ich werde auch die Konsulate in Deutschland um Hilfe bitten. Ich mache das nicht für mich, sondern für die Zukunft des türkischen Fußballs.

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SPORT1: Gab es schon ein Feedback von Hans-Joachim Watzke oder Oliver Kahn?

Demirel: Die Dortmunder und die Düsseldorfer haben sich sehr positiv geäußert. Mainz hat uns wie gesagt vom ersten Tag an unterstützt. Mein Verein ist aus der Liga zurückgetreten und muss das Team neu aufbauen. Wir spielen in Mersin, weil in Hatay nicht gespielt werden kann. Ich habe mich auch mit den Bayern-Bossen getroffen, da haben mich Hamit und Halil Altintop sehr unterstützt. Beim BVB läuft das über Nuri Sahin. Deutschland und die Türkei sind seit Jahren miteinander verbunden, und egal wo ich in Deutschland hinkomme, ich denke, ich bin in Istanbul.

Demirel berichtet von besonderer Geste von Atsu

SPORT1: Wie geht es Ihnen emotional?

Demirel: Ich habe es mit meiner Familie erlebt, sie war beim letzten Spiel vor dem Erdbeben gegen Kasimpasa dabei. Es hätte mein letzter glücklicher Tag in meinem Leben sein können. Ich glaube nicht, dass ich jemals wieder so glücklich sein werde. Am nächsten Morgen haben wir fast alles verloren. So viele Menschen, die ich gut kannte, sind gestorben.

Ich hätte auch meine Kinder verlieren können. Wir haben Glück gehabt, dass wir überlebt haben. Aus meinem Staff waren Personen viele Stunden unter den Trümmern begraben. Meine große Tochter leidet immer noch darunter. Sie will nichts mehr davon hören, wenn über das Erdbeben gesprochen wird. Aber das Leben muss nun irgendwie weitergehen.

SPORT1: Sie sprachen vom letzten glücklichen Tag. Warum?

Demirel: Christian Atsu machte in der 97. Minute den 1:0-Siegtreffer. Das wird der glücklichste Tag in meinem Leben bleiben, weil sich danach dieses schreckliche Erdbeben ereignete. Ich glaube nicht, dass ich jemals wieder diese Freude in mir haben werde.

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SPORT1: Christian Atsu kam bei dem Erdbeben ums Leben.

Demirel: Christian Atsu war ein toller Mensch. Ich möchte da gerne eine Geschichte über ihn erzählen. Er kam einmal mit Briefumschlägen zum Trainingsgelände. Ich fragte ihn: ‚Was ist los? Heiratest du?‘ Er sagte, dass er bei besonderen Anlässen wie Silvester oder Feiertagen den Mitarbeitern eine kleine Freude machen möchte. Geld war ihm nie wichtig. Er hat jedem im Verein Geld geschenkt. Das hat mich beeindruckt, denn das, was er verdient, war wenig.

Christian wollte immer nur spielen. Und wenn er fit war, hat er bei mir gespielt. Im letzten Spiel hat er sein Tor gemacht, dann hat er uns leider verlassen. Wir haben ihn alle geliebt und werden ihn immer in Erinnerung behalten. Es ist nicht leicht, solch einen wunderbaren Menschen zu verlieren. (Demirel hat Tränen in den Augen, d. Red.) Christian lebt in meinen Gedanken weiter, genau wie unser Sportdirektor, unser Koch und die jungen Spieler. Von den 100 Personen in Hatay, die mir nahe standen, leben 50 nicht mehr.

SPORT1: Haben Sie inzwischen alles verarbeitet?

Demirel: Ja, es war hart, aber jetzt habe ich alles verarbeitet. Für meine Kinder habe ich Hilfe in Anspruch genommen. Sie wollen das Wort Erdbeben nicht mehr hören.

Demirel kann sich Trainer-Job bei Fenerbahce vorstellen

SPORT1: Seit 2019 sind Sie Trainer. Wie blicken Sie zurück auf diese Zeit?

Demirel: Jeder fragt mich, was schöner ist – Torwart oder Trainer? Jetzt sage ich, dass Trainer der schönere Job ist. Ich habe eine Mannschaft, die ich von meinen Ideen überzeugen muss. Wenn die Spieler an mich glauben, dann machen sie alles. Etwas Schöneres gibt es doch nicht. Als Spieler bist du ein Einzelkämpfer. Aber jetzt kann ich meinen Jungs etwas beibringen und das ist etwas Besonderes.

SPORT1: Und wie groß ist der Traum, einmal Trainer von Fenerbahce zu sein?

Demirel: (lacht) Ich muss nicht der Cheftrainer von Fenerbahce sein, ich bin Fenerbahce. Natürlich wäre ich unglaublich stolz, das zu machen, wenn ich gefragt werden würde. Fenerbahce ist mein Leben. Ich habe 18 Jahre dort im Tor gestanden und war zwei Jahre Co-Trainer. Dann bin ich weg, um mich weiterzuentwickeln, damit ich vielleicht mal als gestandener Trainer zu Fener zurückkommen kann. Fenerbahce ist meine Familie. Ich bin dank Fenerbahce zu dem geworden, der ich bin. Ich bin immer bereit, für diesen Klub zu arbeiten.

SPORT1: Sie waren zu Ihrer aktiven Zeit kein Kind von Traurigkeit. Im Februar 2013 haben Sie Yalçin Ayhan beleidigt, im August 2014 gab es einen tätlichen Angriff auf Felipe Melo. Im November 2014 sind Sie wegen unsportlichem Verhalten gegen Demba Ba aufgefallen. 2014 trugen Fans von Galatasaray im Stadion eine Fehde mit Ihnen aus, Sie haben damals einfach das Stadion verlassen. Waren Sie immer schon ein Typ, der so etwas braucht?

Demirel: Natürlich habe ich Fehler gemacht. Aber aus jedem Fehler habe ich etwas gelernt. Als Torwart war ich nicht der Liebling der gegnerischen Fans. Manch einer kam mit mir nicht zurecht. Aber ich habe nie mit Absicht jemanden provoziert oder wollte ihm schaden. Vieles geschah aus der Emotion und aus meinem Siegeswillen heraus.

Demirel und seine besondere Beziehung zu Daum

SPORT1: Bereuen Sie etwas?

Demirel: Das Fehlverhalten in den genannten Momenten tut mir leid, aber es hat mich auch zu dem werden lassen, der ich jetzt bin. Die genannten Spieler sehe ich heute immer noch und wir umarmen uns, als wäre das damals nie passiert. Wir können Probleme haben mit unseren Mitmenschen, aber das Wichtigste ist, dass wir leben dürfen.

SPORT1: Christoph Daum ist eine Trainer-Legende bei Fenerbahce. Sie waren sein Spieler. Wie haben Sie die Nachricht aufgenommen, dass er Krebs hat?

Demirel: Daum hat dafür gesorgt, dass ich Stammtorwart bei Fenerbahce werde. Er hat mir in jungen Jahren das Trikot gegeben, und ich wünsche ihm schnelle Genesung. Aber mein Trainer, so nenne ich Daum, ist mental stark. Er wird den Kampf gegen den Krebs gewinnen. Daum war immer ein Kämpfer. Er wird uns noch viele Jahre erhalten bleiben.

SPORT1: War Daum Ihr bester Trainer?

Demirel: Jedem Trainer, der mich unterstützt hat, gehört ein spezieller Platz in meinem Herzen. Aber wenn ich 100 Prozent vergeben müsste, dann würde das Meiste an Christoph Daum gehen. Ich habe ihm sehr viel zu verdanken.

Demirel vergleicht Neuer mit Buffon

SPORT1: Stimmt es eigentlich, dass Sie als Torwart mal beim FC Bayern im Gespräch waren?

Demirel: Die Bayern haben damals meinen Berater kontaktiert. Ich hätte natürlich gerne für Bayern gespielt. Aber viel wichtiger wäre für mich, dass ich eines Tages als Trainer eine Chance in Deutschland bekomme.

SPORT1: Wie sehen Sie als früherer Torwart die aktuelle Situation um Manuel Neuer, der jetzt auf der Bayern-Homepage geschrieben hat, dass er nach seiner Verletzung auf einem guten Weg sei.

Demirel: Ich kenne Manuel Neuer seit seiner Zeit bei Schalke 04. Er ist ein sehr guter Torwart. Und er wird stark zurückkommen. Neuer wird wieder die Nummer 1 bei Bayern sein. Es gibt Torhüter, die sind eben nicht nur Torhüter, sondern sie holen sich noch andere Aufgaben dazu. Neuer ist nicht nur ein Torwart. Wenn Manuel Neuer in einer Mannschaft ist, wird er auch immer spielen. Gianluigi Buffon war genauso. Er ist nach wie vor einer der besten Torhüter in der Welt.

Demirel verteidigt schwachen Özil-Auftritt bei Fenerbahce

SPORT1: Wie haben Sie Mesut Özil erlebt? Er spielte nach seiner Arsenal-Zeit bei Fenerbahce. Doch er wurde nicht mehr richtig glücklich.

Demirel: Über seine fußballerischen Qualitäten müssen wir nicht reden. Er hat es überall bewiesen. Aber wenn du im Fußball altersbedingt Richtung Karriereende kommst, dann bist du automatisch nicht mehr der, der du mal warst. Als Özil zu Fenerbahce kam, hat man sehr viel von ihm erwartet. Aber leider konnte er nicht performen. Das war nicht mehr der alte Mesut. Fenerbahce konnte nicht profitieren von ihm. Jetzt hat er seine Karriere beendet.

SPORT1: War Özil in seiner Karriere zu verschlossen?

Demirel: Vielleicht. Er ist ein introvertierter Typ. Du bist für dein Leben selbst verantwortlich. Leider gab es auch zum Schluss immer wieder Verletzungen, die ihn getroffen haben. Das größte Problem von Özil war, dass er nicht mehr richtig fit war. Ich liebe Mesut und wünsche ihm, dass er weiter ein erfolgreiches Leben führen wird.

SPORT1: Seit Ihrem Instagram-Post, in dem Sie die Menschen um Hilfe für Ihr Land geradezu angefleht haben, lieben Sie die Menschen in der Türkei. Das war früher nicht so. Auch hier wurden Sie am Hotel in München gefeiert. Was ist das für ein Gefühl?

Demirel: Das freut mich natürlich und ich bin dankbar dafür. Aber ich habe nicht viel gemacht. Jeder, der ein bisschen Menschlichkeit in sich trägt, macht so etwas. Ich habe Freunde damals in Hatay nicht erreicht. Jeder war auf seine Familie fixiert. Deshalb habe ich den Weg über Social Media gewählt. Und ich merke, wie stark die Wirkung ist.