Nuri Sahin hat schon viel erlebt, als Spieler große Erfolge gefeiert.
Sahin will BVB-Trainer werden
Mit Borussia Dortmund gewann er 2011 die Meisterschaft und durchbrach somit die Vorherrschaft des FC Bayern im deutschen Fußball. Ein Jahr später, 2012, wurde er dann spanischer Meister mit Real Madrid, 2016 nach seiner Rückkehr zum BVB noch einmal Pokalsieger.
Mittlerweile steht er beim türkischen Erstligisten Antalyaspor unter Vertrag - aber mittlerweile sorgt er nicht mehr als Spieler für Aufsehen. (DATEN: Tabelle der Süper Lig)
Seit Oktober 2021 ist er an der Seitenlinie bei Antalyaspor in der türkischen Süper Lig als Trainer aktiv. Quasi über Nacht wurde er von Präsident Aziz Cetin und Sportdirektor Aytac Altay vom Spieler zum Coach befördert - und legt mit seiner Mannschaft eine beeindruckende Serie hin. Bereits 13 Spiele in Folge ist Sahin mit seinem Team jetzt ungeschlagen. (DATEN: Spielplan und Ergebnisse der Süper Lig)
So wurde Sahin Trainer bei Antalyaspor
Doch wie genau kam es dazu, dass der ehemalige Mittelfeldspieler von einem Tag auf den anderen als neuer Trainer installiert wurde und seine Fußballschuhe an den Nagel hängte?
„Ich war damals gerade für zwei Tage in Deutschland, weil Länderspielpause war und ich meinen Trainerkurs hatte“, berichtete er in einem Kicker-Interview. „Der Klub hatte sich am Freitag von unserem damaligen Trainer getrennt, am Sonntag klingelte dann mein Telefon. Präsident Aziz Cetin und Sportdirektor Aytac Altay waren am Apparat und begannen, mich auszufragen: ‚Wie denkst du über die Situation? Was denkst du, ist jetzt notwendig?‘ Ich habe ganz offen und ehrlich meine Gedanken geschildert.“ Es war der Startschuss für eine verheißungsvolle Trainer-Karriere.
„Nachdem wir aufgelegt hatten, dauerte es eine Stunde, dann riefen sie wieder an, ob ich zurückkommen könne. Ich habe zugesagt und zu meinem Berater gesagt: Ich glaube, sie wollen die Gespräche intensivieren“, so Sahin weiter.
Am Schluss ging alles ganz schnell. Er habe sich mit Präsident Cetin und Sportdirektor Altay hingesetzt und seinen Plan erklärt - „und dann ging es los.“
Tuchel-Ansprache bringt Gewissheit
Dem ehemaligen BVB-Spieler verriet, ihm sei schon seit Jahren klar gewesen, dass er irgendwann einmal Trainer werden möchte. Die Initialzündung habe eine Ansprache von Thomas Tuchel während Sahins zweiter Zeit bei den Schwarz-Gelben gegeben.
Nach einem verlorenen Testspiel im Trainingslager gab es ein Team-Meeting.
„Thomas war unzufrieden, weil manche von uns dachten, es sei ja nicht so schlimm, weil es nur die Vorbereitung sei. Dann zeigte er uns Szenen von John Terry und Carles Puyol. Nicht aus Pflichtspielen, sondern aus vermeintlich unbedeutenden Tests, damit wir sehen, mit welcher Intensität sie auch in solchen Partien verteidigt haben“, erinnert sich Sahin.
Tuchel habe eine so beeindruckende Ansprache gehalten, dass Sahin damals schon sicher war: „Ich will Trainer werden.“
Trendwende beim Abstiegskandidaten
Dies ist ihm bravourös geglückt. Als Sahin im Oktober den Trainerposten übernahm, stand Antalyaspor nur knapp oberhalb der Abstiegsränge - nur zwei Siege aus acht Spielen hatte sein Vorgänger Ersun Yanal einfahren können.
Der 33-Jährige vollzog eine Trendwende und führte seinen Klub bis zum Saisonende in die obere Tabellenhälfte der türkischen Süper Lig.
„Ich will das Maximum erreichen, und das versuche ich der Mannschaft vorzuleben. Zu jeder Zeit. Ich kann mich nicht hinstellen, die Arme verschränken und es geschehen lassen. Ich muss da emotional werden. Diesen Stil werde ich nicht ändern können – und ich will ihn auch nicht ändern.“
Sahins Idol: Jürgen Klopp
Dies hat er mit seinem großen Idol gemeinsam - Jürgen Klopp. Klopp sei ein Menschenfänger, einer, der die Spieler versteht und auch den Menschen dahinter sieht. Das hat Sahin schon immer beeindruckt.
„Er ist der perfekte Mensch. Es ist doch so: Das Fachwissen haben viele, anders kannst du den Job ab einem gewissen Niveau nicht ausüben. Aber was ihn abhebt von allen anderen, ist seine Menschlichkeit“, sagt Sahin über seinen früheren Förderer.
Und diese Menschlichkeit versucht er nun auch selbst seinen Spielern gegenüber zuteil werden zu lassen. „Wichtig ist, dass ich alle mit einbeziehe – so wie es Jürgen auch tut. Man muss gerne zur Arbeit kommen. Ob als Trainer, Spieler oder Staffmitglied. Wenn man sich morgens ins Auto setzt und das Gefühl hat, rückwärts zu fahren, hat man schon verloren.“
Die Leidenschaft hat er sich schon einmal von Klopp abgeschaut, etwas anderes hat der Liverpool-Trainer ihm noch voraus: Sahin träumt von einem Engagement als Dortmund-Trainer.
Sahins Traum: Trainer beim BVB
„Ich habe nie einen Hehl daraus gemacht, dass Borussia Dortmund eine Herzensangelegenheit für mich ist und ich davon träume, einmal als Trainer einen Sieg vor der Südtribüne zu feiern“, gesteht Sahin. Schon bei seinem Weggang von Dortmund zu Werder Bremen, habe er zu seiner Frau gesagt: „Ich glaube, ich habe irgendwann das Zeug dazu, diesen Verein zu trainieren.“
Jedoch ist ihm die Schwere der Aufgabe durchaus bewusst: „Ich weiß, dass ich mir das jeden Tag hart erarbeiten muss – und dass auch Timing eine Rolle spielt“, erklärt er. „Und – um es klar zu sagen – noch ist mein Job in Antalya lange nicht beendet. Ich will, dass wir irgendwann an den Punkt kommen, an dem wir wissen, dass wir an einem Tag jede Mannschaft schlagen können. Und ich will, in einem zweiten Schritt, unser Stadion voll bekommen. Das Potenzial dazu ist da.“
Sahins Stern als Trainer ist gerade erst aufgegangen und schon jetzt strahlt er hell. Geht er seinen Weg erfolgreich so weiter, scheint der Posten als Coach bei Borussia Dortmund keine Utopie zu sein.
Jürgen Klopp und Nuri Sahin - es gibt viele Parallelen. Auch Klopp wurde einst über Nacht vom Spieler zum Trainer, ebenfalls mit 33 Jahren. Und auch heute sind Sahin und sein ehemaliger Trainer noch freundschaftlich miteinander verbunden.
Vor der Übernahme des Traineramtes bei Antalyaspor hat Sahin seinen einstigen Förderer sogar kontaktiert und einen Rat eingeholt. Die Antwort: „Nuri, du bist ein guter Mensch. Du wirst das schaffen.“