Als Ryan Flamingo in der 8. Minute der Verlängerung der Ball vor die Füße fiel und er ihn nur noch über die Linie drücken musste, bahnte sich das große Scheitern des italienischen Klubfußballs schon an.
Italien büßt für seine Sünden
15 Minuten später, nachdem der 3:1-Sieg von PSV Eindhoven gegen Juventus Turin feststand, war endgültig klar, dass alle drei Mannschaften die Playoff-Runde der Champions-League nicht überstanden hatten. Tags zuvor hatte es bereits den AC Mailand (gegen Rotterdam) und Atalanta Bergamo (gegen Brügge) erwischt.
Besonders bemerkenswert: In allen drei Duellen war die jeweilige italienische Mannschaft als Favorit gestartet. Ein Desaster für die erfolgsverwöhnten Italiener, die in der laufenden Saison mit fünf Teams in der Königsklasse antreten durften. Davon sind sie für die kommende Spielzeit nach jetzigem Stand weit entfernt.

„Der Flop in den Playoffs der Champions League ist komplett“, schrieb die Gazzetta dello Sport: „Alle drei Mannschaften sind ausgeschieden - so viel zum fünften Platz im nächsten Jahr. Es bleibt nur noch Inter, um uns zu vertreten.“
„Wir haben keinen wirklichen Willen, italienische Talente auszubilden“
Das vorzeitige Ausscheiden von Juventus, Milan und Atalanta sorgt unweigerlich für Aufsehen, auch im Ausland. Juves Niederlage im Philips-Stadion in Eindhoven „vervollständigt das italienische Desaster“, schrieb etwa Mundo Deportivo. Dass die Nerazzurri nun die Kohlen aus dem Feuer holen, um doch noch den fünften Champions-League-Startplatz zu sichern, ist nahezu ausgeschlossen.
Für den früheren Milan-Star Filippo Galli, der in den Achtzigern und Neunzigern mit den Rossoneri drei Landesmeister bzw. Champions-League-Titel gewann, ist das italienische Tief hausgemacht.
„Wir zahlen sicherlich für die unzureichende Vereinsführungen, weil wir es versäumt haben, als System zu denken und zu handeln“, sagt Galli bei SPORT1. „Wir haben keinen wirklichen Willen, italienische Talente auszubilden“, bedauert der 61-Jährige.
Transfers: „Können uns nur 2. oder 3. Wahl leisten“
In der Tat ist es augenfällig, dass im italienischen Fußball die Talente deutlich rarer gesät sind als beispielsweise in Deutschland.
Wenn Italien und das DFB-Team am 20. und 23. März um das Nations-League-Halbfinale spielen, dann könnte Florian Wirtz und Jamal Musiala der Squadra Azzurra diesen Unterschied schmerzhaft vor Augen führen.
„Stattdessen holen wir uns ausländische Spieler“, erklärt Galli weiter: „Aber unsere Klubs, die zum Beispiel bei den TV-Geldern einen riesigen Abstand zur Premier League aufweisen, können sich, außer in seltenen Fällen, nur 2. oder 3. Wahl leisten.“
Eine Ausnahme bildete zuletzt Juves Leihe von Randal Kolo Muani, der in der Serie A zwar beeindruckend startete, gegen Eindhoven allerdings auch kein Faktor war.
Dabei wird das Dilemma der Bianconeri deutlich: Dadurch, dass sich in der kommenden Saison wohl nur vier Teams für die Champions League qualifizieren werden, ist es fraglich denn je, ob Juventus das Geld aufbringen wird, den Franzosen im Sommer zu kaufen.
Capello: „Diesen Druck sind wir nicht gewohnt“
In allen drei verlorenen Duellen sei vor allem eines deutlich geworden, findet der frühere Startrainer Fabio Capello: „Sie haben unter dem Rhythmus und der Intensität ihrer Gegner gelitten. Wir haben uns ein wenig zurückgezogen, weil wir es nicht gewohnt sind, unter solchem Druck zu stehen“.
Die beiden bitteren Abenden lassen die alte Kontroverse um die Wettbewerbsfähigkeit der italienischen Teams wieder aufleben, schreibt 90min.com. „Zwei Jahre sind bereits vergangen seit der grandiosen Saison 2022/23, in der drei italienische Mannschaften im Viertelfinale standen (Napoli, Inter und Mailand), zwei im Halbfinale (Inter-Mailand) und die Nerazzurri den letzten Akt gegen Manchester City bestritten.“
Derzeit, so scheint es jedenfalls, muss der italienische Fußball erstmal wieder kleinere Brötchen backen.