Nur 23 Spielminuten, aber jede Menge Frust: Das ist die erschreckende Bilanz von Mats Hummels, seit er im September bei der AS Rom unterschrieben hat.
Hummels‘ Neustart in Rom
Der frühere Nationalspieler war unter dem zuletzt geschassten Cheftrainer Ivan Juric komplett außen vor. Als bittere Pointe erzielte Hummels bei seinem einzigen Einsatz in Florenz (1:5) auch noch ein Eigentor, als aber ohnehin nichts mehr zu retten war.
Am Donnerstagnachmittag gab der Hautstadtklub bekannt, dass Claudio Ranieri die Roma bis zum Ende der Saison als Cheftrainer führen wird. Der 73-Jährige soll den angeschlagenen Verein zurück in die Erfolgsspur bringen, nachdem man nach zuletzt vier Niederlagen in fünf Spielen bis auf Platz zwölf abgerutscht war.
„Die Fans haben Ranieri wie einen Imperator empfangen“
Die auf den ersten Blick überraschende Entscheidung ist auch als Signal an die Fans zu verstehen, wie der römische Fußballjournalist Dario Bersani von Rete Sport im Gespräch mit SPORT1 erklärt.
„Von Seiten der Friedkins (Investoren der Roma; Anm. d. Red.) ist es ein Zeichen an die Fans, die Ranieri tatsächlich wie einen Imperator mit offenen Armen empfangen haben“, erklärt Bersani. „Er soll den Klub bis zum Saisonende auf der Trainerbank führen und dann in ein Funktionärsamt wechseln.“
Dass Ranieri bei den Tifosi des Traditionsklubs ein Stein im Brett hat, liege vor allem an seinem ersten Job als Roma-Trainer vom September 2009 bis Februar 2011. „Im Sommer 2010 hat er mit der Roma um ein Haar den Scudetto verpasst, nachdem er Luciano Spalletti während der Saison abgelöst und eine spektakuläre Aufholjagd gestartet hatte“, erinnert sich Bersani. „Wäre nicht die überraschende Heimniederlage gegen Sampdoria im April gewesen, hätte man die vierte Meisterschaft gewonnen.“
Auch in seiner zweiten Amtszeit überzeugte Ranieri, als er im Frühjahr 2019 den glücklosen Eusebio Di Francesco ersetzte und die Roma noch auf Platz sechs führte. Dennoch lässt sich konstatieren, dass Ranieri dieses Mal nicht die Nummer-eins-Lösung gewesen sei, sagt Bersani.
Ranieri war nicht die Lösung Nummer eins
„Er war keinesfalls der Favorit. Die Friedkins haben die Lage sondiert und zunächst bei anderen Trainern angefragt, vor allem in England. Graham Potter, Frank Lampard, aber auch Edin Terzic wurden kontaktiert“, erklärt der Journalist. Nicht zuletzt wegen der Konstellation mit Hummels sei man davon abgerückt. Bekanntlich hatte der Verteidiger zum Ende seiner Dortmunder Zeit ein schwieriges Verhältnis zu Terzic.
Dass es nun Ranieri wurde, sei insofern überraschend, als der betagte Coach noch im Oktober ein sehr kritisches Interview über die Roma gegeben hatte. „Damals monierte Ranieri, dass die Ausgaben der Friedkins nicht für einen konkurrenzfähigen Kader ausreichten, und er Daniele De Rossis Entlassung nicht nachvollziehen konnte“, sagt Bersani.
Dass der italienische Coach dennoch der richtige Mann am richtigen Ort sein könnte, liegt nicht zuletzt an seiner langen Erfahrung, auf die er zurückgreifen kann. „Seine gelassene Art dürfte dem Klub guttun. Er kann die kritische Lage gut beurteilen, ohne in Hektik zu verfallen“, beschreibt Bersani. „Dies ist umso wichtiger, weil die Roma in den kommenden Spielen ein brutales Programm absolvieren muss.“ Nach der Länderspielpause geht‘s zum SSC Neapel, dann in der Europa League zu Tottenham, bevor Atalanta Bergamo in Rom gastiert.
Der Mann, dessen größter Coup die Sensations-Meisterschaft 2016 mit Leicester City war, zeigte aber schon in anderen Stationen, dass er erfolgreich eine Mannschaft führen kann. Bersani betont: „In Valencia und Monaco sprechen sie heute noch gut über Ranieri, ebenso wie in Florenz, wo er 1996 den italienischen Pokal gewann.“
Bersani: „Hummels hat gute Karten“
Und auch bei seinem bislang letzten Verein lieferte er ab. Als Ranieri in der vergangenen Saison mit Cagliari den Klassenerhalt meisterte, sagte er, dass diese Aufgabe schwieriger gewesen sei, als mit Leicester englischer Meister zu werden.
In der Länderspielpause wird Ranieri nun versuchen, die verunsicherten Spieler - sofern sie nicht mit ihren Nationalmannschaften abgereist sind - aufzubauen. „Dabei muss er einige personelle Dinge regeln, in erster Linie die Rolle von Mats Hummels“, sagt Bersani. „Bei Daniele De Rossi war Hummels noch nicht fit genug und Ivan Juric hat ihn überhaupt nicht als Verstärkung gesehen.“
Geht es nach dem römischen Journalisten, hat der frühere Dortmunder beim neuen Cheftrainer gute Karten, sich in die erste Mannschaft zu spielen. „Mittlerweile ist er wieder auf einem Leistungsniveau angekommen, um 90 Minuten bestreiten zu können“, ist sich Bersani sicher. „Es wird ganz darauf ankommen, auf welches System Ranieri setzten wird. Normalerweise lässt er klassisch im 4-4-2 spielen, wobei Hummels einer der Kandidaten sein wird, die häufiger spielen werden.“
Hummels habe den Vorteil, „dass er in dem ganzen Tohuwabohu der letzten Wochen so gut wie keine Rolle gespielt hat - er wird also unbelasteter sein, als beispielsweise die unter Juric gesetzten Evan Ndicka oder Gianluca Mancini. Gut möglich also, dass Ranieri auf Hummels setzt und ihn nach der wochenlangen Nicht-Berücksichtigung rehabilitiert.“
Tatsächlich machte der neue Coach dem 36-Jährigen am Freitagmittag bei seiner Vorstellung Hoffnungen auf eine schnelle Spielzeit: „Ich habe Hummels im Halbfinale gegen PSG gesehen. Warum sollte er nicht spielen?“, sagte Ranieri. „Schauen wir mal. Ich entscheide mich für die Spieler, die mich zum Sieg führen.“
Am Sonntag, den 24. November um 18 Uhr wird es eine Antwort darauf geben, ob Ranieri direkt auf Hummels setzt. Dann gastiert die Roma bei Spitzenreiter Napoli.