Was macht eigentlich Michael Cuisance?
So läuft es für Cuisance in Venedig
Der Bayern-Flop wollte seine ins Stocken geratene Karriere ankurbeln. Bisher verläuft das Abenteuer FC Venezia für den 22-Jährigen aber mehr als ernüchternd.
Der französische Mittelfeldspieler, nach fast zweieinhalb erfolglosen Jahren in München im Januar fest zum italienischen Aufsteiger gewechselt, kommt nach zehn Einsätzen auf noch keine einzige Torbeteiligung für seinen neuen Arbeitgeber. (DATEN: Ergebnisse und Spielplan der Serie A)
Viel schlimmer aber: Venezia droht inzwischen der direkte Wiederabstieg in die Serie B, mit 22 Punkten und einem Torverhältnis von 27:61 stehen Cuisance und seine Kollegen vier Spieltage vor dem Ende auf dem letzten Tabellenplatz. (DATEN: Die Tabelle der Serie A)
Das rettende Ufer ist inzwischen schon sechs Zähler entfernt – und die Mannschaft macht derzeit nicht den Eindruck, als würde sie diesen Rückstand noch aufholen können. Die letzten acht Spiele gingen allesamt verloren.
Venezia-Boss: „Wir erwarten mehr von ihm“
Alex Menta, der Sportdirektor des Klubs, zeigt sich besorgt: „Die Hinrunde lief fast schon perfekt für uns, die Rückrunde hingegen ist eine einzige Enttäuschung“, sagt der 31 Jahre alte US-Amerikaner im Gespräch mit SPORT1. „Wir kommen nicht mehr an die Leistungsgrenze, haben in den entscheidenden Momenten aber auch extremes Pech.“
Die Hoffnung hat Menta trotzdem noch nicht aufgegeben: „Im Fußball ist vieles möglich. Wir haben dank eines Nachholspiels noch fünf Endspiele vor uns, drei davon gegen Teams aus der unteren Tabellenhälfte.“
Für das Ziel Klassenerhalt brauchen die Norditaliener aber ihre Spieler wieder in Bestform. Auch Cuisance. (NEWS: Alle aktuellen Infos zur Serie A)
Doch der kommt nach vielen Monaten ohne Spielpraxis kaum in die Spur, ist bislang alles andere als ein Hoffnungsträger. „Wir erwarten mehr von ihm, aber auch allen anderen Spielern“, sagt Menta.
Cuisance kommt nicht in die Gänge
Für Cuisance sei es „schwierig“, plötzlich im Abstiegskampf festzustecken, verteidigt Venezias Sportdirektor den Neuzugang: „Man muss ja auch verstehen, dass er sich in seiner Karriere noch nie in einer so ungemütlichen Situation befunden hat. Hinzu kommen das neue Land, die neue Sprache und die neue Kultur. Er muss sich auch an den Spielstil gewöhnen, es ist eine komplett andere Welt für ihn.“
Allerdings hinterließ Cuisance bei noch keiner Station in seiner bisherigen Profikarriere den Eindruck eines Mentalitätsmonsters.
Im Gegenteil: Sowohl in seiner Bundesliga-Zeit bei den Bayern und Borussia Mönchengladbach als auch bei seinem zwischenzeitlichen Leih-Klub Olympique Marseille galt er als Schlendrian, der selten 100 Prozent im Training gab und auch ein wenig professionelles Privatleben führte.
„Kein schlechtes Wort“ über Einstellung von Cuisance
Wie verhält er sich in Venedig? „Sehr gut“, stellt Menta klar. „Von all dem, was ich über ihn gehört und gelesen habe, ist hier nichts zu sehen. Ich kann kein schlechtes Wort über seine Einstellung verlieren, wirklich. Er ist inzwischen auch Vater, hat ein Kind, so etwas lässt einen reifen.“
Trotzdem sei Cuisance ob der Gesamtsituation „natürlich sehr frustriert“.
Menta: „Wenn Sie als Journalist jeden Tag zehn Artikel schreiben und keiner davon gut ankommt, wären Sie auch nicht glücklich. So ist es auch bei Michael. Er arbeitet sehr hart im Training, die Resultate sind aber enttäuschend. Wir können aber auch nicht erwarten, dass ein Spieler hierherkommt und nach zehn Spielen zehn Tore und zehn Vorlagen auf seinem Konto hat.“
Die Bayern hatten einst acht Millionen Euro für den gebürtigen Straßburger nach Mönchengladbach überwiesen.
Cuisance bei Venezia-Abstieg wieder weg?
Venezia hat nach SPORT1-Informationen etwas mehr als die Hälfte – 4,5 Millionen Euro – für ihn bezahlt. Durch verschiedene Bonuszahlungen kann diese Summe aber noch ansteigen.
Stellt sich nun aber die Frage: Bleibt Cuisance (Vertrag bis 2025) im Falle eines Abstiegs bei Venezia? „Darüber haben wir noch nicht gesprochen“, sagt Menta. „Grundsätzlich haben die Verträge aller unserer Spieler bei einem Abstieg in die Serie B weiterhin Bestand. Wir werden uns aber natürlich mit den Spielern, auch mit Michael, nach der Saison zusammensetzen und besprechen, was wir machen.“
Wäre Menta ein Spieler, er würde auch im Falle eines Abstiegs bleiben: „Dieser Verein ist etwas ganz Besonderes, in Verbindung mit dieser sehr lebenswerten Stadt absolut unschlagbar. Allein die Tatsache, dass Spieler und Zuschauer nur auf dem Wasserweg zu unserem Stadion kommen können, weil es auf einer Insel liegt... Wo findet man in Europas Top-Ligen sonst so etwas?“
Menta: Vom Fan zum Sportdirektor
Außerdem, verdeutlicht Menta, „dürfen wir nicht vergessen, wo wir eigentlich herkommen“. Der Sportdirektor erinnert: „Vor ein paar Jahren ging es nur darum, in der Serie C zu bleiben, dann in der Serie B und jetzt spielen wir in der Serie A. Und sollten wir absteigen, werden wir alles daransetzen, wieder aufzusteigen. Es ist ein Lerneffekt. Für die Mannschaft, für den Verein, auch für mich.“
Kurios: Menta machte vor zwei Jahren als normaler Fußballfan Urlaub in Venedig, ehe er sich ein Heimspiel des Vereins ansah. Daraufhin kontaktierte er den kurz zuvor bei Venezia als Investor eingestiegenen US-Geschäftsmann Duncan Niederauer und kam so zu seinem heutigen Job.
„Die letzten zwei Jahre haben sich wie ein Traum für mich angefühlt“, sagt der frühere Immobilienmakler und Aktienhändler. „Dieser Verein ist meine große Leidenschaft. Geht es nach mir, arbeite ich noch 20 Jahre hier.“
Ob mit oder ohne Cuisance.