Es gibt Spieler, bei denen einem ab einem gewissen Zeitpunkt schlichtweg die Vokabeln ausgehen. Wie gut, dass einer von ihnen ein ganz eigenes Verb für sich selbst erfunden hat. Denn Zlatan Ibrahimovic hat in seiner langen und außergewöhnlichen Karriere reichlich oft „zlataniert“.
Ibrahimovic: Die größte Show im Fußball
Übersetzt bedeutet das irgendetwas zwischen „stark dominiert“ und „die Konkurrenz rasiert“. Mit 39 Jahren, im 22. Jahr als Fußball-Profi, hatte der einzigartige Zlatan im Februar die magische Marke von 500 Toren auf Klubebene erreicht.
Wer damals Angst hatte, das könnte das Ende seiner großen Laufbahn einleiten, durfte bald beruhigt sein. Um es mit Ibrahimovics Worten vom Juli 2020 auszudrücken, als sich Gerüchte um sein Karriere-Ende hielten: „Ich bin Zlatan Ibrahimovic, und ich wärme mich gerade erst auf.“
Heute nun wird der Schwede 40 Jahre alt. Alle fragen sich seit Jahren, wie es sein kann, dass der Torjäger in Zeiten, in denen Körperlichkeit und Fitness im Profifußball immer wichtiger werden, noch immer auf einem solchen Top-Niveau unterwegs ist?
„Je älter ich werde, desto besser. Ich bin wie Benjamin Button. Ich beginne alt und sterbe jung“, hatte „Ibrakadabra“ im vergangenen September nach seinem Doppelpack zum Liga-Auftakt mit Milan gesagt.
Steht Ibrahimovic auf dem Platz, funktioniert er. In der vergangenen Spielzeit machte er 19 Ligaspiele für den AC Milan, traf dabei 15 Mal und legte zwei Tore auf. In dieser Saison knipste er bei seinem bislang einzigen Einsatz gleich. Doch eine Knieverletzung im Vorjahr und aktuell hartnäckige Achillessehnenprobleme legen den Schluss nahe: Womöglich ist auch der unbesiegbare Zlatan nur ein Mensch.
Ibrahimovic begeistert mit Fallrückzieher-Tor
Der überragende Ibrahimovic war der Hauptgrund dafür, dass Milan nach Jahren aus der Versenkung zurück und nun wieder in der Champions League dabei ist. Der Klub durfte quasi nur dank Zlatan zwischenzeitlich wieder von der Meisterschaft träumen - es wäre für den Schweden allein die fünfte in Italien und die zwölfte in seiner außergewöhnlichen Karriere gewesen.
Noch immer beweist Ibrahimovic seine unglaublichen Qualitäten als Stürmer – und steuert dabei Traumtore vom anderen Stern bei. Allein aus der vergangenen Spielzeit wird sein unfassbares Fallrückzieher-Tor zum 2:1-Sieg gegen Udine allen auf ewig in Erinnerung bleiben. „Ibrahimovic hat ein beispielloses Charisma. Er ist ein Alien, der Meisterwerke schafft“, berichtete damals der Corriere dello Sport.
König Zlatan von Schweden
Ibrahimovic war dermaßen gut in Form, dass er im März nach fünf Jahren sein Comeback im schwedischen Nationaldress feierte. Gegen Georgien und Kosovo traf er gleich, ehe ihn eine Knieverletzung die EM-Teilnahme und die Fußballwelt weitere spektakuläre Treffer kostete.
Unvergessen ist Zlatans Hackentreffer bei der EM 2004 gegen Italien. Sein akrobatischer Fallrückzieher aus gut 25 Metern beim 4:2 gegen England (wo er alle vier Tore erzielte) wird als inoffizielles Tor des Jahrhunderts gepriesen.
Der zwölfmalige (!) Fußballer des Jahres in Schweden gilt längst als wesentlicher Repräsentant des Landes – nicht nur wegen seiner Statue in seiner Heimatstadt Malmö. Auf Instagram hatte Ibrahimovic einmal ein Foto mit der schwedischen Königin Silvia veröffentlicht und kommentiert: "Die Königin und der König."
Als König sieht er sich allerdings längst nicht mehr. "Ich bin als König gekommen und als Legende gegangen", lauteten seine berühmten letzten Worte bei PSG.
Ibrahimovic: Die größte Show im Fußball
Egal, wo Zlatan auftaucht, sind Tore am Fließband, spektakuläre Treffer und Sprüche-Feuerwerke garantiert: Ibrahimovic ist die größte Show im Fußball.
Ein Phänomen, das sich zwar selbst zum Fußballgott ernannt hat, aber trotzdem bei den meisten nicht als überheblich und unsympathisch gilt.
Zlatan ist quasi der Chuck Norris des Fußballs. "Warum rennen, wenn du fliegen kannst", "Löwen vergleichen sich nicht mit Menschen" – seine Fans feiern ihn gerade wegen dieser Sätze. Er gratulierte sich selbst zum Geburtstag, an Silvester legte er sich nur in Boxershorts in den Schnee. Das Video kommentierte ein User mit den Worten "Legenden behaupten, der Schnee ist geschmolzen".
Ibrahimovics Strahlkraft übertrifft womöglich alle anderen Spieler der Welt, obwohl der Titelhamster bei großen individuellen Auszeichnungen gegen Lionel Messi und Ronaldo keine Chance hatte.
"Ibrahimovic ist in Mailand zu einem mythologischen Helden aufgerückt, halb Mensch und halb Gott. Allein seine Präsenz genügt, um Milans Schwingungen zu steigern", schrieb die römische Tageszeitung La Repubblica über den schwedischen Stürmerstar.
Ibrahimovic kehrte stets stärker zurück
In 22 Jahren Profifußball bringt Ibrahimovic es auf 32 Titel. Er gewann in vier Ländern (Italien, Spanien, Niederlande, Frankreich) mindestens einmal die nationale Meisterschaft – und das, obwohl er auch zahlreiche körperliche Rückschläge wegstecken musste.
Den Europa-League-Sieg mit Manchester United erlebte Ibrahimovic im Mai 2017 auf Krücken, nachdem er sich im Viertelfinale gegen Anderlecht einen Kreuzbandriss zugezogen hatte. Zu dem Zeitpunkt war er bereits 35. Doch ans Aufhören dachte er gar nicht.
Nach zwei Spielzeiten in den USA bei LA Galaxy kehrte Ibrahimovic zum AC Milan zurück und berichtete, "im Januar 2020 mehr Anfragen als mit 28" gehabt zu haben - und damals lag sein Marktwert bei einem Karriere-Hoch von 46 Millionen Euro. Insgesamt wurden für Ibrahimovic bis heute Transferzahlungen von rund 169 Millionen Euro getätigt.
Ibrahimovic fehlt nur die Champions League
Auch 2020 musste er zurückstecken: Eine Muskelverletzung setzte ihn ab Ende November außer Gefecht, doch erneut arbeitete Zlatan hart für sein Comeback.
Im Herbst des Vorjahres hatte ihn auch das Corona-Virus erwischt. Doch Zlatan wäre nicht Zlatan, wenn er dem nicht auch etwas Positives abgewinnen könnte. In einem Werbe-Spot machte er auf die Maßnahmen der Regierung aufmerksam: „Das Virus hat mich herausgefordert, und ich habe gewonnen. Aber du bist nicht Zlatan, fordere das Virus nicht heraus. Nutze dein Gehirn, halte dich an die Regeln: Distanzierung und Mundschutz, immer“, appellierte er an die Bevölkerung.
Was in seiner Trophäensammlung fehlt, ist einzig und allein der Henkelpott. Aber auch hierfür hat Ibrahimovic eine Erklärung: „Vielleicht hat die Champions League Angst vor mir.“