Es war eine simple Trainingssituation - aber mit bitteren Konsequenzen für Kai Havertz. „Er wollte einen Schuss stoppen“, erklärte Arsenal-Trainer Mikel Arteta am Freitag auf einer Pressekonferenz: „Er streckte sein Bein und spürte sofort seinen Oberschenkelmuskel.“
Der große Traum droht zu platzen
Am Donnerstag bestätigte Arsenal die schlimmen Befürchtungen: Havertz zog sich im Trainingslager in Dubai eine schwere Oberschenkelverletzung zu und muss operiert werden. Die erwartete Ausfallzeit erstreckt sich über den Rest der aktuellen Saison hinaus bis in die Vorbereitung der Spielzeit 2025/26.

Arsenal von Verletzungsmisere getroffen
Ein schwerer Schlag für die ohnehin schon gebeutelten Gunners. Neben Havertz fehlen auch Gabriel Jesus (Kreuzbandriss), Bukayo Saka und Gabriel Martinelli (beide mit Oberschenkelverletzungen). Damit muss Mikel Arteta auf vier wichtige Offensivspieler verzichten, die in dieser Saison tragende Rollen gespielt haben.
Besonders der Ausfall von Havertz wiegt schwer. Der deutsche Nationalspieler war mit 15 Toren und vier Assists in 34 Einsätzen eine zentrale Figur in der Offensive – und mit dieser Ausbeute sogar Arsenals bester Torschütze in dieser Saison.
In der Premier League haben nur Erling Haaland und Alexander Isak mehr Pflichtspieltore ohne Elfmeter erzielt als Havertz.
Der spanische Trainer setzte ihn flexibel als falsche Neun, Mittelstürmer oder Verbindungsspieler ein. Mit seiner Dynamik, Spielintelligenz und Physis war er nicht nur als Torjäger wertvoll, sondern auch als Anspielstation im Offensivspiel unverzichtbar.
Sein Ausfall hinterlässt eine große Lücke im Angriff der Gunners.
Verpflichtung eines vertragslosen Spielers denkbar
Die Verpflichtung eines vertragslosen Spielers wollte Arteta am Freitag nicht ausschließen: „Ich prüfe jede mögliche Situation und treffe dann eine Entscheidung.“
Doch bereits während der Winter-Transferperiode blieb Arsenals Suche nach Offensivverstärkungen ohne Erfolg.
„Wir hatten die klare Absicht, unser Team zu stärken. Das ist uns nicht gelungen“, sagte Arteta bei Sky Sports.
Nun verschärft der langfristige Ausfall von Havertz die Personalprobleme und stellt den Tabellenzweiten der Premier League vor eine große Herausforderung im Titelrennen.
Wer ersetzt Havertz? Artetas Optionen
Welche Möglichkeiten hat Arteta also, um den Ausfall von Havertz zu kompensieren? Eine Variante wäre, Leandro Trossard als zentralen Stürmer aufzustellen.
Raheem Sterling ist eigentlich auf dem Flügel zuhause, könnte aber auch ins Sturmzentrum rücken. Die Leihgabe des FC Chelsea bringt viel Tempo mit, allerdings fehlt ihm die physische Präsenz, die Havertz auszeichnet.
Eine mutige Variante wäre der Einsatz des 17-jährigen Ethan Nwaneri. Das Top-Talent hat großes Potenzial - doch ob der Youngster in dieser entscheidenden Saisonphase bereits eine tragende Rolle übernehmen kann, ist mehr als fraglich.
Die flexibelste, aber wohl riskanteste Lösung wäre eine komplette Systemumstellung ohne klassischen Mittelstürmer. Martin Ödegaard und Mikel Merino könnten das Spiel aus der Tiefe lenken, während Declan Rice oder Jorginho für Stabilität sorgen.
Ein 15-Jähriger ist keine Option
Auf die Frage, ob er seine taktische Herangehensweise aufgrund der Verletzungen ändern werde, meinte Arteta: „Wir müssen!“
Dies bringe aber auch andere Möglichkeiten mit sich: „Im Angriff werden wir Spieler haben, die unberechenbar sind, gut im Eins-gegen-Eins, kreativ und aufmerksam. Sie werden dem Gegner Kopfschmerzen bereiten.“
Jegliche Gedankenspiele um das erst 15 Jahre alte Talent Max Dowman verbieten allerdings die Statuten der Premier League.
Der Youngster war zuletzt auch im Trainingslager in Dubai dabei, ist aber nicht für die Profis spielberechtigt. Laut Regularien hätte er vor Saisonbeginn sein 15. Lebensjahr vollenden müssen, aber Dowman hat am 31. Dezember Geburtstag.
„Wir hatten Max und einige andere Jungs dabei. Es war eine gute Möglichkeit, ihn in diesem Umfeld zu sehen“, sagte Arteta über Dowman.
Zugleich zerstreute er die Hoffnungen auf eine Ausnahmegenehmigung für den Teenager: „Die Regeln für Altersbeschränkungen sind klar.“
Verletzungen? Was Arteta als Grund sieht
Den Grund für die vielen Verletzungen sah Arteta derweil auch in der gestiegenen Belastung durch den vollen Terminkalender.
„Die Intensität hat offensichtlich ein anderes Niveau erreicht, die Anforderungen an die Spieler werden immer höher, das ist eine Folge davon. Langzeitverletzungen, vor allem im Bereich der Muskeln und Sehnen, nehmen zu“, erklärte der 42-Jährige.
Man habe weniger Zeit für das Training, ergänzte Arteta. „Die Muskeln sind nicht darauf vorbereitet, die Belastung zu verkraften und haben auch keine Zeit, sich zu erholen.“
Arsenals Titelchancen in Gefahr?
Die Verletzungsmisere kommt für Arsenal zur Unzeit. In der Premier League stehen die Londoner mit sieben Punkten Rückstand hinter Tabellenführer Liverpool. Die Hoffnung auf den ersten Meistertitel seit 2004 lebt – doch ohne Havertz wird die Herausforderung noch größer.
Das Restprogramm bleibt anspruchsvoll: Arsenal trifft noch auf Titelkonkurrent Liverpool und muss sich zudem gegen Verfolger Chelsea behaupten. Auch das Duell mit Manchester United könnte im Kampf um die oberen Tabellenplätze entscheidend werden.
Immerhin die Qualifikation für die Champions League scheint noch nicht in Gefahr, das Polster auf den kriselnden Tabellenfünften Manchester City beträgt aktuell neun Punkte.
Die nächsten Wochen werden zeigen, ob Arsenal den Ausfall von Havertz kompensieren kann oder ob der Traum vom Meistertitel erneut platzt.
So spielte Arsenal ohne Havertz
Arteta jedenfalls muss schnell eine Lösung finden - gegen Leicester City stand am vergangenen Samstag kein einziger gelernter Stürmer im Kader.
Doch dann schlug die Stunde von Sechser Mikel Merino. Der Spanier schnürte beim 2:0-Auswärtserfolg gegen die Foxes in bester Stürmermanier einen Doppelpack - und ließ Arsenals Verletzungssorgen im Angriff für eine kurze Zeit vergessen.