Seine Stärken sind andere. Und doch probierte es Brajan Gruda im Spiel gegen den FC Arsenal mit einem Kopfball. Es blieb bei einem wohlwollenden Versuch, Gunners-Keeper David Raya pflückte den Ball locker aus der Luft.
Der fast vergessene Rekordmann
Das Bemühen ist dem 1,78 Meter großen Offensivspieler bei Brighton & Hove Albion nicht abzusprechen. Das sah zuletzt auch die Regionalzeitung The Argus so. „Seine Absichten waren sicherlich positiv, während andere eher zögerlich waren. Das muss man ihm hoch anrechnen, aber es sprang wenig dabei heraus und er verlor den Ball zu oft“, urteilte das Blatt nach dem 1:1 Brightons gegen Arsenal und bewertete Grudas Leistung mit einer unterdurchschnittlichen 5 (Bestnote: 10).
Gerade die vielen Ballverluste sind mit Blick auf Grudas Kernkompetenz ein nicht unerhebliches Manko. Für den FSV Mainz 05 verzeichnete er in der vergangenen Saison eine 98-prozentige Erfolgsquote bei seinen Dribblings.
Mit vier Toren und drei Assist war der quirlige Offensivspieler gerade in der Schlussphase der Saison ein wichtiger Faktor für die Mainzer im Abstiegskampf.
Müller als Edelfan: „Gruda is a Baller“
Bayerns „Raumdeuter“ Thomas Müller kennt sich mit außergewöhnlichen Fähigkeiten am Ball bestens aus und outete sich bereits im Herbst 2023 als Fan. „Gruda is a Baller“, lobte Müller damals den jungen Mainzer. Zuvor hatte sich der Bayern-Star das Trikot des Deutsch-Albaners gesichert.
„Wenn man ihn beobachtet, sieht man, dass er etwas Besonderes hat“, sagte Müller im vergangenen Sommer. „Für ihn geht es jetzt um Konstanz, er ist schon weit. Deshalb habe ich mir damals sein Trikot besorgt. Ich fand ihn bemerkenswert gut.“
Als Belohnung für seine Entwicklung durfte sich Gruda im Sommer über seine erstmalige Berufung in den Kreis der Nationalmannschaft freuen. Bundestrainer Julian Nagelsmann lud ihn ins DFB-Trainingslager im Rahmen der EM-Vorbereitung ein. Ein Länderspieleinsatz sprang dabei allerdings nicht heraus, verletzungsbedingt musste Gruda vorzeitig abreisen.
Doch mit seinen Trainingsleistungen hinterließ er einen bleibenden Eindruck. „Brajan Gruda ist ein sehr feiner Fußballer und extrem kreativ im letzten Drittel“, sagte Nagelsmann. „Er hat auf sich aufmerksam gemacht.“
Brighton zahlt Rekordsumme für Gruda
Interesse weckte Gruda auch bei anderen Klubs. Neben Doublesieger Bayer Leverkusen buhlte auch der FC Bayern intensiv um die Dienste des flexiblen Offensivmanns, der sowohl zentral als auch auf dem rechten Flügel agiert. Das Rennen machte schließlich Brighton mit dem deutschen Trainer Fabian Hürzeler. Mit bis zu 40 Millionen Euro Ablöse wurde Gruda zum Mainzer Rekord-Abgang.
Doch der Start verlief holprig. Durch die Verletzung aus dem DFB-Trainingslager verpasste Gruda die Vorbereitung bei seinem neuen Klub. Sein Premier-League-Debüt feierte er am 6. Oktober 2024 mit einem Kurzeinsatz beim 3:2-Sieg gegen Tottenham Hotspur.
„Es war nicht so einfach, denn gerade wenn du verletzt bist, hast du alle möglichen Dinge im Kopf und denkst zu viel nach“, sagte Gruda seinerzeit der BBC.
Seither folgten weitere Auftritte als Joker. Zuletzt stand Gruda immerhin viermal in Folge in der Startelf, beim 1:1 gegen Arsenal wurde er nach einer insgesamt blassen Vorstellung allerdings schon zur Pause ausgewechselt. Zehn Einsätze in der Liga und einen im League Cup verzeichnete Gruda bislang, eine Torbeteiligung gelang ihm noch nicht.
Hürzeler zählt auf „Straßenkicker“ Gruda
Hürzeler gilt jedenfalls als großer Fan von Gruda. Dessen Qualitäten im Eins-gegen-Eins könnten die Seagulls, die seit Ende November in der Premier League auf einen Sieg warten und zuletzt viermal in Folge remis spielten, gut gebrauchen.
„Er hat herausragende Fähigkeiten mit dem Ball. Er ist ein Straßenkicker, wie man in Deutschland sagt. Er hat gerne den Ball am Fuß. Er kann besondere Dinge machen“, schwärmte Hürzeler bei Grudas Verpflichtung im Sommer.
Zugleich räumte er ihm die nötige Zeit zur Integration ein: „Er kommt aus Deutschland, er ist sehr jung. Es ist eine andere Kultur hier. Die Premier League ist die beste Liga der Welt.“
Aufgrund seines schwierigen Starts war Gruda zuletzt auch bei der Nationalmannschaft kein größeres Thema mehr. Im November rief sich der 20-Jährige mit zwei Einsätzen für die U21 in Erinnerung.
Und er gab sich selbstbewusst: „Natürlich ist es mein Ziel, bei der WM 2026 dabei zu sein und eine wichtige Rolle zu haben. Meine Zeit bei der A-Nationalmannschaft wird noch kommen, davon bin ich fest überzeugt.“ Dazu müsste Gruda zunächst in Brighton seine Form wiederfinden.