Es knistert mal wieder rund um Marcus Rashford und Manchester United. Beim umjubelten 2:1 im Derby gegen den Stadtrivalen City hatte Trainer Rúben Amorim den Stürmer, der seit Anfang 2016 zum Profikader gehört, ebenso wie Alejandro Garnacho überraschend aus dem Kader gestrichen.
Das Märchen nimmt eine böse Wendung
Der sich abzeichnende Trend bestätigte sich dann am Donnerstag: Im League Cup bei Tottenham Hotspur stand Rashford erneut nicht im Kader. Grund: „Ich habe die Spieler ausgewählt, bei denen ich das Gefühl hatte, dass sie den Anforderungen eines starken Spiels gewachsen sind“, erklärte Amorim vor dem Spiel.
Deutlicher geht es kaum. Das Image des früheren Vorzeigeprofis hat sich in den vergangenen Jahren drastisch verändert.
Der Saubermann, der England bewegte
Auf Rashford wird bei United schon immer besonders genau geblickt. Der mittlerweile 27-Jährige ist in Manchester geboren. Als eines von fünf Kindern, die von seiner alleinstehenden Mutter in bescheidenen Verhältnissen großgezogen wurden. Sein Aufstieg zum Superstar ist ein modernes Märchen, er galt lange als Vorbild für so viele junge Fans des englischen Rekordmeisters.
Dazu kommt: An seinen besten Tagen ist der englische Nationalspieler immer für sportliches Spektakel gut. Rashford vereint Geschwindigkeit mit einer beachtlichen Schusstechnik - in der laufenden Saison lieferte er in 24 Spielen immerhin schon sieben Tore und drei Assists.
Die logische Folge: In der englischen Presse ist der United-Star omnipräsent. Früher war er neben seinem Ruf als Top-Talent vor allem als absoluter Saubermann bekannt, der beispielsweise arme Kinder in England mit kostenlosem Essen versorgte und so zu einer einflussreichen gesellschaftlichen Figur wurde.
Vom britischen Königshaus wurde der Profi, der nach eigenen Angaben in jungen Jahren selbst manchmal hungrig blieb, in den Orden des britischen Weltreichs aufgenommen. Seine Mühen hatten für ein Umdenken der britischen Regierung bei der Ausgabe von kostenlosen Essensmarken für Kinder während der Pandemie gesorgt.
EM-Tiefschlag und bedenkliche Bilder
Doch von den positiven Schlagzeilen ist nicht mehr viel übrig. In den vergangenen Monaten häuften sich stattdessen die negativen Kommentare. Der Offensivspieler, der in bisher 426 Spielen für United 138 Tore erzielte, steckt seit einiger Zeit in einem Formtief, obwohl er eigentlich im besten Fußballeralter ist.
Die Folge: Zuletzt wurde er im März 2024 in den Kader der englischen Nationalmannschaft berufen und verpasste damit die Europameisterschaft in Deutschland, bei der die Three Lions erst im Finale gegen Spanien verloren.
Hinzu kommt, dass er auch abseits des Spielfelds nicht mehr immer das glücklichste Bild abgab. So soll er im September 2023 in einen Autounfall verwickelt gewesen sein, außerdem gingen nicht nur einmal Party-Bilder zu denkbar ungünstigen Zeitpunkten durch die Presse.
Rashford steht bei vielen United-Fans seitdem deutlich weiter oben auf der Liste, wenn es darum geht, eigene Spieler zu kritisieren. Denn auch seine Körpersprache erzürnt die Anhänger immer wieder - das machen die etwa 440.000 Euro, die er dem Vernehmen nach pro Woche verdienen soll, nicht besser.
Neuer United-Coach will Rashford helfen
Vieles spricht deswegen im Moment nicht dafür, dass sich die Beziehung zwischen Rashford und den Red Devils noch lange halten wird. Auch wenn sein Trainer öffentlich noch um und für ihn wirbt.
„Dieser Klub braucht große Talente und Marcus ist ein großes Talent“, erklärte Rúben Amorim auf einer Pressekonferenz am Mittwoch. „Deshalb muss er einfach auf dem höchsten Level performen - und darauf liegt mein Fokus. Ich will Marcus nur helfen“, führte der neue United-Coach seine Gedanken weiter aus.
Mit Rashford sei sein Team „besser, so einfach ist das. Wir werden verschiedene Dinge ausprobieren, um ihm dabei zu helfen, zurück zu dem Level zu finden, dass er in der Vergangenheit schon gezeigt hat.“
Offensichtlich war Amorim bemüht, nicht noch mehr Öl ins Feuer zu gießen. Hatte Rashford, nach Luke Shaw immerhin dienstältester Spieler im Kader Red Devils, doch im Anschluss an seine Ausbootung ein brisantes Interview gegeben.
„Für mich persönlich denke ich, dass ich bereit für eine neue Herausforderung und die nächsten Schritte bin“, sagte er in einem Gespräch mit dem Journalisten Henry Winter, wobei der Engländer auch niemanden direkt angreifen wollte. Schon gar nicht seinen eigenen Arbeitgeber.
Rashford: „Ich werde immer ein Roter sein“
„Wenn ich den Verein verlasse, werde ich nicht nachtragend sein. Sie werden von mir keine negativen Kommentare über Manchester United hören“, versicherte Rashford und fügte hinzu: „Das bin ich. Ich werde immer ein Roter sein.“
Andererseits sei es „entmutigend, von einem Derby ausgeschlossen zu werden“, meinte er. „Aber es ist passiert, wir haben das Spiel gewonnen, also lass uns weitermachen. Es ist enttäuschend, aber ich bin auch jemand, der mit zunehmendem Alter mit Rückschlägen umgehen kann. Was werde ich dagegen tun? Da sitzen und darüber weinen?“
Wahrscheinlich nicht. Bleibt die Frage, ob Rashford überhaupt in Amorims System passt - die wurde zuletzt von Fans und Experten diskutiert. Für den 60-maligen englischen Nationalspieler sei die Sache aber klar.
Er hob seine Flexibilität hervor und sagte, dass er als Mittelstürmer, Flügelstürmer und als Zehner auflaufen könne: „Ich habe Eigenschaften, um auf allen drei Positionen zu spielen. Die größte Fähigkeit ist Anpassungsfähigkeit. Die Leute sehen es vielleicht nicht, aber irgendwann werden sie sehen, dass ich unter allen Trainern in vielen verschiedenen Positionen gespielt habe.“
Klare Worte, die einen kleinen Schatten darauf werfen, dass es beim einstigen Spitzenklub endlich wieder aufwärts geht. Was mit Rashford nun passiert?
Das wollte Amorim noch nicht verraten. „Ich spreche nicht über die Zukunft, wir sprechen über die Gegenwart“, sagte er und ergänzte mit Blick auf die Wechselgedanken seines Schützlings: „Wir haben hier eine neue Herausforderung, und es ist eine sehr schwierige. Ich hoffe, dass meine Spieler dafür bereit sind.“
Doch egal, ob Rashford im nächsten Spiel wieder auf dem Platz steht oder nicht, das Image des einstigen Vorzeigeprofis hat sich deutlich verändert.