Pep Guardiola musste schon während der sich anbahnenden nächsten Pleite reichlich Spott über sich ergehen lassen. Nach dem dritten Treffer für Tottenham Hotspur durch Pedro Porro (52.) stimmten die Spurs-Fans höhnische Gesänge in Richtung des Trainers von Manchester City an. „Du wirst morgen entlassen“, schallte es aus dem Gästeblock.
Spott für Pep: „Du wirst entlassen“
So weit wird es nicht kommen, schließlich hat Guardiola gerade erst am Donnerstag seinen zum Saisonende auslaufenden Vertrag nach längerer Hängepartie verlängert. Der langjährige Erfolgscoach hat in der aktuell kritischen Phase mit dem laufenden Verfahren wegen Verstößen gegen das Financial Fairplay und drohender Sanktionen Fakten geschaffen. Doch nun spitzt sich die sportliche Krise immer weiter zu.
Am Ende stand ein 0:4-Debakel gegen die Spurs, der eingewechselte Timo Werner bereitete Brennan Johnsons (90.+3) Tor zum Endstand vor, James Maddison (13./20.) hatte mit einem Doppelschlag den denkwürdigen Abend für City im Etihad eingeleitet.
Völlig neue Negativ-Erfahrung für Guardiola
Es war bereits die fünfte Niederlage in Folge für die Citizens - eine solche Pleitenserie hat Guardiola in seiner gesamten Trainerkarriere noch nicht erlebt.
Auch für die erfolgsverwöhnten Skyblues, die Guardiola seit seinem Amtsantritt 2016 zu sechs Meistertiteln in der Premier League geführt hat, ist die aktuelle Talfahrt eine ungewohnte Erfahrung.
„Wir sind diese Situation nicht gewohnt, aber das Leben ist nun einmal so. Manchmal passiert es und wir müssen es akzeptieren. Es ist so, wie es jetzt ist, und wir werden wieder aufstehen“, sagte Guardiola der BBC. „In acht Jahren haben wir so eine Situation noch nie erlebt. Jetzt müssen wir damit leben und sie in den nächsten Spielen bewältigen, vor allem im nächsten Spiel.“
Wende oder nächstes City-Debakel gegen Liverpool?
In der Champions League besteht gegen Feyenoord Rotterdam am Dienstag die Chance zur Frustbewältigung. Doch der Blick geht bereits weiter: Am kommenden Wochenende kommt es zum Kracher gegen Spitzenreiter FC Liverpool, der am Sonntag mit einem Sieg beim FC Southampton den Vorsprung auf Verfolger City auf acht Punkte ausbauen konnte.
„Es ist ein großartiges Spiel, um das Blatt zu wenden und dem Team, das über uns steht, drei Punkte abzunehmen“, sagte Kyle Walker bei Sky Sports. „Aber wir dürfen nicht so eine Leistung zeigen, sonst werden wir überrollt.“
In der Tat gibt das City-Starensemble derzeit ein bedenkliches Bild ab. Der frühere United-Star Gary Neville fällte bei Sky ein vernichtendes Urteil: „Wir haben gesehen, wie City das eine oder andere Spiel hier verloren hat, aber wir haben selten gesehen, dass sie in allen Bereichen unterlegen waren.“
Der 49-Jährige ergänzte: „Ich habe sie noch nie so schlecht gesehen, wie sie in den letzten Wochen waren.“ Sein Fazit: „Es verfestigt sich der Eindruck, dass City eine Mannschaft ist, die sich im Niedergang befindet.“
Presse wird deutlich: „ManCity zuhause verprügelt“
Auch die englische Presse zerpflückte die Citizens. „Spurs zerreißen ManCity in Stücke, Guardiolas Team taumelt in die Krise“, titelte etwa der Telegraph. Beim Mirror war die Schlagzeile zu lesen: „ManCity zuhause von Tottenham verprügelt.“ Und die Sun machte mit dem Wortspiel „Cit-ting Ducks“ auf – also die City-Stars befinden sich aktuell wie die Enten auf dem Präsentierteller und sind somit leichte Beute.
Aber was sind die Gründe für den City-Talfahrt? In erster Linie ist der Ausfall von Rodri, der sich zu Saisonbeginn einen Kreuzbandriss zuzog, nicht zu kompensieren. Den Wert des Ballon-d’Or-Siegers verdeutlichen die Zahlen bei Sky: Von den 106 Spielen seit Februar 2023 verlor ManCity mit Rodri auf dem Platz nur 2,6 Prozent - ohne den spanischen Europameister schnellt die Quote auf 36 Prozent nach oben.
„Das ist mehr als nur Rodri, viel mehr“, warnte Neville am Samstag mit dem Schlusspfiff.
Große Abhängigkeit von Haaland
Da wäre zum Beispiel Erling Haaland. Der frühere BVB-Star hat mit zwölf Ligatreffern in zwölf Spielen zwar eine Topquote - doch die Abhängigkeit von seinen Toren ist immens. Die zweitbesten Schützen sind Mittelfeldspieler Mateo Kovacic und Defensivspieler Josko Gvardiol mit je drei Toren.
Gerade Haalands Offensivkollegen lassen Treffsicherheit vermissen. Phil Foden, Jack Grealish und Savinho warten noch auf ihr erstes Saisontor, Jérémy Doku steht bei nur einem Ligatreffer.
Darüber hinaus ist die Defensive so anfällig wie noch nie in der Ära Guardiola. Der Gegentorschnitt liegt aktuell in der Premier League bei 1,25 Toren. Nur in Guardiolas Premierensaison 2016/17 lag der Schnitt bei 1,03 Gegentreffern pro Spiel. Danach lag der Wert immer unter 1,0.
Hinzu kommt, dass Mittelfeldregisseur Kevin De Bruyne nach Verletzungsproblemen seine Form sucht. Beim Debakel gegen die Spurs wurde der Belgier erst zur Schlussphase eingewechselt, wenig später löste er eine Rudelbildung aus und handelte sich dabei noch eine Gelbe Karte ein.
Der Frust sitzt tief bei den Citizens. Und gerade Guardiola ist in der sportlich prekären Situation nun gefordert. Nicht dass die höhnischen Gesänge doch noch Realität werden.