Bei einem Blick auf die Tabelle der Premier League reiben sich wohl einige Fußballfans verwundert die Augen. Denn hinter den Weltklubs Liverpool und Manchester City reiht sich nach zehn Spieltagen ausgerechnet Nottingham Forest in der Spitzengruppe ein - und steht damit sogar vor Arsenal.
Ein Gigant ist erwacht
Für den einstigen Europapokalsieger (1979, 1980) ist es die beste Platzierung seit 26 Jahren.
Zur Erinnerung: In der vergangenen Saison entgingen die Tricky Trees nur knapp dem Abstieg und landeten am Ende auf dem letzten Nicht-Abstiegsplatz (17.), wenngleich verhältnismäßig komfortabel mit sechs Punkten Abstand auf Luton Town.
Deutsch-Grieche zaubert bei Nottingham
Seitdem hat sich am City Ground in Nottinghamshire, wo die Mannschaft von Trainer Nuno Espírito Santo ihre Heimspiele austrägt, einiges geändert. Von den zehn Liga-Spielen ging nur eines verloren (0:1 gegen Fulham), auf der Gegenseite stehen bereits fünf Siege, darunter zuletzt drei in Serie.
Den Höhepunkt bildet wohl der Auswärtserfolg in Liverpool (1:0). Drei Punkte an der Anfield Road zu entführen - das gelingt eigentlich nur echten Top-Teams. Doch der Aufsteiger von 2022 mausert sich in der Premier League allmählich zu einem ernst zu nehmenden Anwärter auf einen dieser Plätze - woran auch ein deutscher Manager seinen Anteil hat.
Der in Starnberg geborene Deutsch-Grieche George Syrianos war in der jüngeren Vergangenheit bereits als Berater und Kaderplaner für Nottingham tätig und fungiert seit Mai als Technischer Direktor - allerdings nicht nur für Nottingham.
Auch beim portugiesische Erstligist Rio Ave sowie beim griechischen Rekordmeister Olympiakos Piräus arbeitet Syrianos als Technischer Direktor.
Grund: Nottingham-Besitzer und Milliardär Evangelos Marinakis verfügt über alle drei Klubs, vertraut Syrianos, der von 2017 bis 2021 Chefanalytiker beim VfB Stuttgart war und damals eng mit Sven Mislintat zusammenarbeitete, auf allen Positionen.
Nottinghams Nationalspieler
Bereits unmittelbar nach Nottinghams Aufstieg 2022 hatte der erst 35-Jährige Syrianos in seiner damaligen Position als Kaderplaner teuer eingekauft. Knapp 160 Millionen Euro wurden für Ablösen von 21 neuen Spielern gezahlt - und nach anfänglicher Kritik starteten einige seine Transfers so richtig durch, allen voran Morgan Gibbs-White.
Der inzwischen 24-Jährige wechselte für 30 Millionen Euro Ablöse aus Wolverhampton nach Nottingham und ist inzwischen sogar zum englischen Nationalspieler aufgestiegen.
Beim 2:0-Erfolg der Three Lions Anfang September in Irland kam der offensive Mittelfeldspieler in der 76. Minute in die Partie und wurde somit zum ersten Forest-Spieler seit 1997 (Stuart Pearce), der für die englische Nationalmannschaft spielt.
Aufgrund des aktuellen Höhenflugs könnten aber schon bald weitere Nottingham-Stars zur Mannschaft stoßen, die Thomas Tuchel im Januar offiziell übernehmen wird.
„Es ist großartig, Spieler zu haben, die für ihre Nationalmannschaft spielen wollen, denn das bringt sie dazu, sich noch mehr anzustrengen; es bringt sie dazu, sich zu verbessern. Denn nur die Besten werden in ihre Nationalmannschaft berufen“, freute sich jüngst Coach Espírito Santo.
Vier weitere Forest-Stars bald bei Tuchel?
Aktuell kommen dafür in Callum Hudson-Odoi (drei Länderspiele) und James Ward-Prowse (elf Länderspiele) zwei Rückkehrer infrage, allerdings sind laut The Athletic auch zwei weitere Namen ein Thema: Ryan Yates und Elliot Anderson, die aktuell beide bei Nottingham aufblühen - wenngleich die Karrierepfade der beiden zentralen Mittelfeldspieler kaum unterschiedlicher hätten verlaufen können.
So spielte Eigengewächs Yates (Leihvereine mitgerechnet) schon in jeder der höchsten fünf Ligen Englands, während Anderson vor dieser Saison für 41 Millionen Euro Ablöse von Newcastle United zu den Tricky Trees stieß. Was sie eint, ist ihre Leistung auf dem Platz.
Dort glänzen neben den umjubelten Engländern aber auch weitere Neuzugänge, allen voran der serbische Nationalspieler Nikola Milenkovic sowie Brasilien-Juwel Murillo in der Innenverteidigung. Milenkovic kam diesen Sommer aus Florenz, Murillo vergangenes Jahr von Corinthians aus seiner Heimat.
Der Brasilianer hat seinen Marktwert mittlerweile auf 40 Millionen Euro hochgeschraubt, soll vom FC Liverpool umworben werden - und steht wahrscheinlich kurz vor seinem Debüt für Brasiliens Nationalmannschaft.
Auf der Gegenseite des Abwehrbollwerks ist Chris Wood in der Sturmzentrale hervorzuheben. Der Neuseeländer, der im Sommer 2023 aus Newcastle kam, befindet sich in der Form seines Lebens.
Nottingham träumt von mehr
In den bisherigen zehn Liga-Spielen traf der groß gewachsene Stoßstürmer bereits achtmal und ist damit auf dem besten Weg, seinen Torrekord aus der letzten Saison (14) zu brechen. Nur Erling Haaland zeigte sich in dieser Saison torgefährlicher (zwölf Tore).
In Nottingham beginnen die Fans inzwischen wieder zu träumen. „Forest are back, Forest are back“, hallte es beim 3:0-Erfolg gegen West Ham durch den altehrwürdigen City Ground.
Und wer weiß? Leicester City wurde 2016 völlig überraschend Meister. Und eine englische Meisterschaft (1978) hat auch Nottingham schon auf seinem Konto.