Er ist derzeit eine der heißesten Aktien auf dem Trainermarkt: Roberto De Zerbi! Da im Sommer die begehrten Trainerstühle der drei Giganten FC Bayern, FC Liverpool und FC Barcelona frei werden, wird immer wieder der Name des Italieners ins Spiel gebracht.
Eine der heißesten Trainer-Aktien
Aber warum eigentlich? Schließlich hat der 44-Jährige in seiner Vita bis auf den Triumph im ukrainischen Supercup 2021 noch keine anderen Titel aufzuweisen. Trotzdem hat er sich einen Namen gemacht – als Trainer, der auf Ballbesitz setzt und ansehnlichen Fußball spielen lässt.
Zu bestaunen aktuell in der Premier League, wo De Zerbi aus dem Underdog Brighton & Hove Albion ein Topteam geformt hat und den Verein von der englischen Südküste in der vergangenen Saison erstmals überhaupt in den Europapokal führen konnte.
Seit September 2022 arbeitet De Zerbi auf der Insel, nachdem er zuvor mit mäßigem Erfolg in seinem Heimatland Italien trainiert hatte, ehe er 2021 in die Ukraine ging und Schachtar Donezk übernahm, den Verein jedoch im Juli 2022 aufgrund des russischen Angriffskriegs wieder verließ.
In Brighton wurde der ehemalige Mittelfeldspieler Nachfolger von Graham Potter, der zum FC Chelsea gewechselt war und eine intakte Mannschaft hinterlassen hatte, der Ballbesitzfußball keineswegs fremd war - für De Zerbi beste Voraussetzungen, seinen Spielstil zu implementieren.
Guardiola schwärmt von De Zerbi
In Windeseile formte der Italiener trotz überschaubarer finanzieller Mittel ein Team, das für technisch anspruchsvollen Ballbesitzfußball steht. Die Seagulls (Möwen) überzeugen als Passmaschine, die den Gegner ins Pressing lockt und ihn dann mit zahlreichen Kurzpässen ins Leere laufen lässt.
Für seinen Spielstil hat De Zerbi zahlreiche Bewunderer, darunter kein Geringerer als der ehemalige Bayern-Trainer Pep Guardiola, der wie kein Zweiter Verfechter von dominantem Ballbesitzfußball ist, aber bei seinem Trainerkollegen regelrecht ins Schwärmen gerät.
„Passt auf, was ich jetzt sage, denn ich bin davon überzeugt, dass es stimmt“, läutete Guardiola im vergangenen Mai seinen Ritterschlag für De Zerbi ein. „Er ist einer der einflussreichsten Trainer der letzten 20 Jahre. Es gibt keine Mannschaft, die so spielt. Es ist einzigartig!“
Diese Worte dürften bei De Zerbi runtergegangen sein wie Öl, schließlich bezeichnet er Guardiola als Vorbild. „Ich wurde Trainer wegen ihm, weil ich sein Barcelona liebte“, erklärte der Lombarde einst bei Sky Sports. „Ich möchte niemanden kopieren, aber ich habe Ideen übernommen, als ich anfing.“
Lobeshymnen von Groß
Diese Ideen kommen bei seinen Spielern in Brighton, zu denen er ein enges Verhältnis pflegt, sehr gut an. „Er hat uns mit seiner Spielidee noch mal auf ein anderes Level gehoben“, schließt sich auch der deutsche Nationalspieler Pascal Groß den Lobeshymnen für seinen Coach an.
Der 32 Jahre alte Mittelfeldmann, der bereits seit 2017 in Brighton spielt, ist auch unter De Zerbi unumstrittener Stammspieler und hat bei seinem Coach einen Stein im Brett. „Pascal Groß ist einer der besten Spieler, die ich in meiner Karriere hatte“, sagte der Italiener. „Er ist ein fantastischer Spieler, er kann überall auf dem Spielfeld spielen.“
Auch in dieser Saison mischen De Zerbis Mannen die Premier League wieder auf – trotz hochkarätiger Abgänge im Mittelfeld. Der argentinische Weltmeister Alexis Mac Allister schloss sich dem FC Liverpool an, den Ecuadorianer Moises Caicedo zog es zum FC Chelsea.
„Brighton hat Alexis Mac Allister und Moises Caicedo verloren, sie haben viele Verletzungen, aber er stellt ein solches Team zusammen“, zeigte sich auch Liverpools Erfolgscoach Jürgen Klopp nach dem 2:1-Erfolg am Sonntag gegen Brighton begeistert von De Zerbi. Es handele sich um „eine unglaubliche Leistung“ des Italieners.
„Ich habe De Zerbi gesagt, dass er die Fußballwelt weiter auf den Kopf stellen soll“, sagte Klopp bei BBC Radio 5. „Ich respektiere so sehr, was er tut“, befand Klopp: „Es ist unglaublich, was er geleistet hat.“
Derzeit steht Brighton auf einem guten neunten Platz und sorgte auch in der Europa League für Furore. Die Gruppenphase schlossen die Seagulls vor Olympique Marseille, Ajax Amsterdam und AEK Athen auf dem ersten Platz ab, ehe im Achtelfinale das Aus gegen AS Rom folgte.
Hoeneß hospitiert in Brighton
De Zerbi, selbst nur ein mittelmäßiger Fußballer, der den Großteil seiner Karriere in der italienischen Serie B verbrachte, hat als Trainer mächtig Eindruck hinterlassen, was sich bereits frühzeitig auch nach Deutschland herumgesprochen hat.
Nach seiner Entlassung bei der TSG Hoffenheim im Sommer 2022 legte sich Sebastian Hoeneß nicht auf die faule Haut und hospitierte bei De Zerbis Brighton, ehe Hoeneß im April 2023 beim seinerzeit abstiegsbedrohten VfB Stuttgart anheuerte, die Schwaben zunächst zum Klassenerhalt und in dieser Saison auf Champions-League-Kurs führte.
Unverkennbar sind die Parallelen zu Brightons Spielstil, von dem sich Hoeneß inspirieren ließ. Wie De Zerbi setzt auch der 41-Jährige auf ein 4-2-3-1 mit einer Doppelsechs sowie auf Gegenpressing und technisch hochwertiges Ballbesitzspiel. Hoeneß' Erfolgslauf mit den Schwaben spricht eine eindeutige Sprache.
Nicht umsonst wird Hoeneß als möglicher Bayern-Trainerkandidat für die Zukunft gehandelt. Doch hätte auch De Zerbi das Zeug dazu? Nach SPORT1-Informationen haben sowohl die Bayern als auch Liverpool De Zerbi auf dem Radar.
Ex-Irland-Star Roy Keane hat indes Bedenken, ob der Schritt zu einem Topklub wie etwa Liverpool im Sommer nicht noch zu früh kommt. „Ich habe da meine Zweifel. Seine Mannschaft spielt einen schönen Fußball. Aber ich frage mich, was er gewonnen hat, um diesen Job zu übernehmen“, sagte Keane bei Sky Sports.
Bayerns neuer Sportvorstand Max Eberl scheint den Daumen schon nach oben gehoben zu haben. Wie die Sport Bild berichtet, soll Eberl bereits Kontakt zu De Zerbi aufgenommen haben.
Rückkehr nach Mailand?
Der Italiener selbst heizte am Wochenende die Spekulationen um seine Person weiter an. Auf die Frage, ob er seinen bis 2026 laufenden Vertrag verlängern wolle, meinte er: „Im Moment nicht.“
Am Tag vor der 1:2-Niederlage in Liverpool erklärte der 44-Jährige, er „lebe für den Fußball 24 Stunden pro Tag und möchte wissen, was der Plan, das Projekt und die Zukunft ist. Wenn ich die richtige Motivation nicht fühle, dann kann ich nicht mehr hierbleiben.“
Angeblich hat er eine Ausstiegsklausel in Höhe von 14 Millionen Euro. „Wenn ich höre, dass große Klubs an mir interessiert sind, dann ehrt mich das“, sagte De Zerbi unlängst, als er auf das Interesse einiger Topvereine angesprochen wurde. „Ich bin stolz, fokussiere mich aber auf die Arbeit, die täglich ansteht.“
Ob ihn sein Weg in die Bundesliga führt, steht noch in den Sternen, doch eine Rückkehr nach Italien ist fest eingeplant: „In mein Land zurückzukehren, um dort zu arbeiten, gehört auf jeden Fall zu meinen Zielen, aber ich weiß nicht, wann das passieren wird.“
Ausgebildet wurde der Italiener einst beim AC Mailand, wo ihm der Sprung in die erste Mannschaft aber verwehrt blieb, trotzdem trägt De Zerbi Milan weiter in seinem Herzen. „Milan ist kein gewöhnlicher Verein für mich, weil ich als Fußballer bei Milan geboren wurde“, schwelgte er in Erinnerungen. „Ich werde dem Klub mein ganzes Leben lang dankbar sein.“