Mit 13 Jahren musste sich ein kleiner Junge namens Moisés Isaac Caicedo Corozo etwas einfallen lassen. Aufgewachsen in Santo Domingo in Ecuador, sollte er in die Jugendakademie von Independiente de Valle. Das Problem: Der Verein war 100 Kilometer entfernt von Caicedos zu Hause. Und das Geld für den Bus dorthin fehlte ebenso wie die nötigen Münzen für Verpflegung.
„Er hat keine Grenzen“
Doch dann fand der Jugendliche einen Unterstützer. „Ich hatte damals einen Lehrer, der mich jeden Morgen geweckt hat, damit ich trainieren gehen kann. Ich hatte kein Geld für den Bus, aber er hat das übernommen und mir mein Essen bezahlt“, erzählte Caicedo bei The Athletic.
Caicedo ist Chelseas Rekordmann
Also konnte das Talent den Schritt gehen und durchlief alle Jugendteams. Unter anderem spielte er an der Seite von Leverkusens Piero Hincapié. Gerade einmal acht Jahre nach der großen Geste seines Lehrers macht der FC Chelsea Caicedo nun für eine Ablöse von bis zu 133 Millionen Euro an Brighton & Hove Albion zum Rekordtransfer der Premier League!
Damit ist auch teurer als Arsenal-Neuzugang Declan Rice (116,6 Millionen Euro) und Ex-Dortmund-Star Jude Bellingham (für 103 Millionen Euro plus Boni zu Real Madrid).
Caicedo gibt Klopp einen Korb
Zuletzt schien es jedoch so, als ob der FC Liverpool das Rennen um den 21-Jährigen machen würde. Für eine Verpflichtung des Ecuadorianers hätten die Reds um Jürgen Klopp umgerechnet rund 127 Millionen Euro auf den Tisch gelegt. Kurz vor Abschluss des Transfers betonte Caicedo jedoch, dass er nur zum FC Chelsea wechseln wolle - und stieß Klopp, der bereits eine Einigung der beiden Vereine verkündet hatte, vor den Kopf.
Es ist der vorläufige Höhepunkt des unfassbaren Aufstiegs eines jungen Mannes, der einst mit neun Geschwistern in ärmlichen Verhältnissen in Südamerika aufwuchs - und den meisten Fußballexperten erst seit der vergangenen Saison ein Begriff ist.
Denn bis Januar 2021 spielte Caicedo noch bei Independiente de Valle, bevor Brighton für ihn fünf Millionen Euro bezahlte. Der Teenager kam also mitten in der Corona-Pandemie nach England und musste sich zudem erst einmal an das kalte Wetter gewöhnen.
So kam der defensive Mittelfeldspieler im ersten Halbjahr auch zu keinem Einsatz für die Profis und wurde dann zu Beerschot nach Belgien verliehen.
Weil Caicedo dort aber direkt überzeugte, holte Brighton den 1,78 Meter großen Mann schon nach sechs Monaten zurück. Doch zwischen Januar und Juli 2022 war erneut die Geduld des Jungprofis gefragt. Er kam an Yves Bissouma nicht vorbei und machte als Ergänzungsspieler nur acht Partien in der Premier League.
Länderspieldebüt mit 18 Jahren
Sein Debüt im Nationalteam hatte Caicedo zu diesem Zeitpunkt dennoch längst gegeben. Ende 2020 sollte er mit 18 Jahren gegen Argentinien ausgerechnet auf Lionel Messi aufpassen und ihn das gesamte Spiel verfolgen. Messi traf per Elfmeter zum 1:0-Sieg, und um Caicedo wurde es erst einmal wieder ruhig.
Als Konkurrent Bissouma dann aber zu Tottenham ging, schlug Caicedos große Stunde.
In 37 von 38 Ligaspielen der vergangenen Saison stand er auf dem Platz und räumte im Mittelfeld - ähnlich wie sein Vorbild N‘Golo Kanté - nahezu alles ab. Als wuseliger Antreiber und knallharter Zweikämpfer machte er neben dem deutschen Profi Pascal Groß auf sich aufmerksam.
Auch dank Caicedo (ein Tor, eine Vorlage) kam Brighton sensationell auf Rang sechs und spielt nun international. Der Südamerikaner gilt längst als eines der größten Juwelen seines Kontinents und als internationaler Top-Abräumer.
„Sehe nichts, was nicht auf Top-Niveau ist“
„Caicedo könnte meiner Meinung nach einer der besten Mittelfeldspieler in der Premier League und in Europa werden“, sagte Brightons Coach Roberto De Zerbi. „Es gibt viele Spieler, die mit dem Ball sehr gut sind, aber ohne Ball, im defensiven Bereich, nicht so gut sind.“ Andere defensive Spieler seien mit Ball limitiert, doch „bei Caicedo sehe ich nichts, was nicht auf Top-Niveau ist. Und er ist noch sehr jung, also kann er noch lernen und sich verbessern. Er hat keine Grenzen.“
Das erkannte auch der FC Arsenal bereits im Januar und wollte Caicedo holen. Der Spieler bat seinen Klub um Freigabe, durfte aber nicht gehen. „Ich war kurz davor, zu gehen. Ich habe viel gelitten“, sagte der Ecuadorianer dem Telegraph.
Der Mittelfeldspieler meckerte aber nicht und fügte sich ohne Probleme weiter ein. Der Lohn: Ein erneutes Wettbieten in diesem Sommer, in dem auch der FC Liverpool lange mitmischte - und schließlich verlor.
Dieses Mal durfte Caicedo gehen und dürfte in Anbetracht der Rekordsumme vor allem seinen ehemaligen Lehrer mit Stolz erfüllen.