86 Punkte und Tabellenplatz zwei hinter dem in dieser Saison übermächtigen FC Chelsea. Tottenham Hotspur spielte 2016/17 unter der Regie von Mauricio Pochettino die erfolgreichste Saison der Klubgeschichte. Klubchef Daniel Levy sah sich bestätigt in seinen Spieler- und Trainerentscheidungen der Jahre zuvor. Die Mannschaft verfügte über eine Mischung aus Erfahrung und einheimischen Talenten, die perfekt in die DNA der Spurs passten.
Der Schuldige für Spurs-Absturz
Zwei Jahre später erlebte die Ära Pochettino auch international ihren Höhepunkt, als sich die Spurs ins Endspiel der Champions League kämpften. Dort unterlagen die Londoner letztendlich zwar Jürgen Klopp und dem FC Liverpool, Levy und Pochettino konnten dennoch hochzufrieden auf die Saison zurückblicken.
Wenige Monate später sollte dann aber Schluss mit der großen Euphorie sein. Spieler wie Tanguy Ndombelé oder auch Giovani Lo Celso, für die Levy im Sommer tief in die Tasche griff, funktionierten überhaupt nicht und sollten wenig später auch keine Zukunft mehr in London haben.
Fehlende Konstanz nach Pochettino-Ära
Nach nur drei Siegen aus zwölf Spielen und bereits 20 Punkten Rückstand auf Tabellenführer Liverpool gab Levy im November 2019 die Trennung vom argentinischen Chefcoach bekannt, der die Spurs 2014 übernommen hatte und in die erweiterte Weltspitze führte. Eine Entscheidung, die dem heute 61-Jährigen anschließend auf die Füße fallen sollte.
Auf Pochettino folgte Star-Trainer José Mourinho, der mit den Spurs noch einige Plätze gut machte und die Saison auf Platz sechs abschließen konnte. Nach einer durchwachsenen Folgesaison musste auch Mourinho vorzeitig seinen Hut nehmen - wenige Tage vor dem Finale des Ligapokals, welches die Spurs unter dem Portugiesen erreicht hatten, letztlich aber mit 0:1 gegen Manchester City verloren.
Levy, der seit 2001 das Amt des Klubchefs inne hat und somit der derzeit am längsten amtierende Präsident der Liga ist, räumte einen Monat nach Mourinhos Entlassung seinen Fehler ein, dass der Klub von seinen Grundwerten abgewichen sei. Der Brite versprach den Spurs-Fans Besserung und dass er seinen Klub wieder auf den richtigen Weg bringe.
Unter Mourinho hatten die Londoner den langsamsten und unattraktivsten Fußball gespielt, den die Fans seit langem gesehen hatten. Viele Fans forderten einen Trainer, dessen Stil dem von Pochettino ähnelte. Auch Levy erkannte diesen Wunsch und sprach in einem offenen Brief an die Fans von „frei fließendem, offensiven und unterhaltsamen Fußball“, auf den sie sich freuen dürften. Daraus sollte nichts werden.
Levy leistet sich mehrere Fehlgriffe
Interimstrainer Ryan Mason führte die Spurs nur auf Platz sieben und somit in die frisch eingeführte UEFA Conference League. Am 30. Juni 2021 bestätigte Levy schließlich Nuno Espirito Santo als neuen Cheftrainer.
Santos Amtszeit war jedoch ebenfalls nur von kurzer Dauer. Nach nur vier Monaten endete sein Kapitel als Cheftrainer in London bereits und Antonio Conte wurde als Nachfolger des Portugiesen vorgestellt.
Conte - dessen Verpflichtung von einigen Spurs-Anhängern kritisch beäugt wurde, weil sein Stil eher an Mourinho als an Pochettino erinnere - konnte allerdings ebenfalls den von Levy versprochenen „offensiven und unterhaltsamen Fußball“ nicht liefern und wurde im März 2023 entlassen.
Sein Co-Trainer Cristian Stellini sollte auf Wunsch des Klubchefs die Saison auf einem Champions-League-Platz beenden, nach der horrenden 1:6-Klatsche bei Königsklassen-Konkurrent Newcastle United ist aber auch dieser Plan des 61-Jährigen krachend gescheitert. Sechs Spieltage vor Ende der Saison haben sich die Spurs wohl endgültig aus dem Champions-League-Rennen verabschiedet und Stellini vorzeitig beurlaubt.
Überzeugt Levy Nagelsmann?
Erneut ist es Ryan Mason, der die Saison interimsweise beenden wird. „Ryan kennt den Verein und die Spieler gut“, betonte der Klubchef in einem offenen Statement an die Fans. Für Levy bietet sich nun die nächste Möglichkeit, sein Versprechen einzulösen, nachdem er in den Jahren nach Pochettino Trainer um Trainer verbrannte.
Wie englischen Medien zu entnehmen ist, fordere der Großteil der Spurs-Fans die Rückkehr des Argentiniers, der nach seinem Aus bei PSG derzeit vereinslos ist. Sollte sich Levy allerdings gegen eine Kontaktaufnahme entscheiden und die Fans mit ansehen lassen, wie Pochettino beim Stadtrivalen FC Chelsea unterschreibt, dürfte der 61-Jährige wohl auch seinen letzten Kredit bei den Anhängern verspielt haben.
Mit Julian Nagelsmann und Luis Enrique kursierten zuletzt prominente Namen für die Nachfolge von Antonio Conte. Es bleibt abzuwarten, ob Levy endlich einen Trainer ernennen wird, der dem Anforderungsprofil entspricht, das er nach der Entlassung von Mourinho aufgestellt hatte - offensiv und unterhaltsam.