Was haben Joao Cancelo, Zlatan Ibrahimovic und Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt gemeinsam? Alle drei sind nicht gut auf Pep Guardiola zu sprechen und fielen ihm letztendlich zum Opfer. Der akribische Tüftler ist bekannt für seine kompromisslose Philosophie, der sich alle unterzuordnen haben.
Kritik an Pep: „Verrückter Professor“
In erfolgreichen Zeiten gilt er als Mastermind, in schlechten Phasen wirkt er wie ein engstirniger Zauderer. Aus Leistungsträgern werden aus dem Nichts Reservisten. So geschehen bei Joao Cancelo.
Der Portugiese galt im vergangenen Jahr noch als bester Außenverteidiger der Welt, im Januar überwarf er sich nach zwei Spielen auf der Bank mit Guardiola. So heftig, dass Cancelo noch vor Transferschluss das Weite suchte. (DATEN: Die Tabelle der Premier League)
„Overthinking“: Kritik an City-Aufstellung
Ruhe kehrte in Manchester nicht ein – im Gegenteil: City verlor am Sonntag mit 0:1 bei Tottenham, Spitzenreiter Arsenal ist weit enteilt. Dazu droht nun eine empfindliche Strafe wegen Verstößen gegen Finanzregeln der Premier League.
Nach dem Spiel wurde Guardiola dafür kritisiert, Leistungsträger Kevin De Bruyne überraschend nicht von Anfang an aufzustellen. Ex-Profi Chris Sutton schrieb in seiner Kolumne für die Daily Mail, Guardiola käme derzeit als „verrückter Professor“ rüber.
Dieses Bild über den 52-Jährigen ist nicht neu, es zieht sich durch Guardiolas gesamte Trainer-Laufbahn.
Kein Trainer steht so sehr für „Overthinking“, also vor wichtigen Spielen zu viel über taktische Variationen nachzudenken. „Ich denke immer zu viel nach“, sagte Guardiola im Frühjahr 2022: „Deswegen bin ich ein Genie.“ (NEWS: Alle aktuellen Infos zur Premier League)
Ein Genie, das seine Mitstreiter zuweilen in den Wahnsinn treibt. Bayern-Anhänger werden sich noch an die „Maulwurfaffäre“ Anfang 2016 erinnern. Ein Bayern-Profi hatte anonym Mannschaftsinterna an kicker durchgesteckt. Die Stimmung in der Kabine war demnach nicht sonderlich gut.
Zudem habe Guardiola nach der Winterpause den Fitnesszustand mehrerer Spieler bemängelt. Eine Erfahrung, die zuletzt auch Englands Nationalspieler Kalvin Phillips machen musste.
Prominente Gegner von „Besserwisser“ Guardiolas
Besonders deutliche Worte über die Zusammenarbeit mit Guardiola fand der frühere Bayern-Teamarzt Müller-Wohlfahrt. Der 80-Jährige, der wegen öffentlicher Kritik Guardiolas nach 38 Jahren bei den Bayern zurücktrat, fehlte es vor allem an Vertrauen und Respekt.
„Er wusste alles besser: Fünf Minuten Aufwärmen im Schnelldurchlauf, das musste reichen“, schreibt Müller-Wohlfahrt in seinem Buch. Der Spanier würde in der „ständiger Angst leben, nicht so sehr vor Niederlagen, sondern viel mehr vor dem Verlust von Macht und Autorität.“
In seiner (sehr erfolgreichen) Zeit beim FC Barcelona machte Guardiola auch vor großen Namen nicht Halt. „Er hatte einen Plan. Wenn du nicht das tust, worum er dich bittet, wirst du in Schwierigkeiten geraten“, sagte Thierry Henry im Rückblick. (DATEN: Ergebnisse und Spielplan der Premier League)
Ibrahimovic: „Das ist Scheiße für Fortgeschrittene“
Gerade freigeistige und kreative Spieler, wie ein Leroy Sané, hatten einen schweren Stand bei Guardiola. „Pep will dominieren und folgsame Spieler, die ihm die Hände lecken“, sagte Yaya Toure.
Auch Samuel Eto‘o, Cesc Fabregas und Zlatan Ibrahimovic berichteten Ähnliches aus ihrer Barca-Zeit. „Guardiolas philosophische Ansprachen in der Kabine“, beschwerte sich Ibrahimovic: „Das ist Scheiße für Fortgeschrittene.“
Guardiolas Besessenheit hat seinen Vereinen viele Erfolge eingebracht. Darüber hinaus hat er schon jetzt ein Vermächtnis geschaffen. Xavi (Barcelona) und Vincent Kompany (FC Burnley) waren seine Musterschüler, jetzt stehen sie selbst erfolgreich an der Seitenlinie.
Sein einstiger Assistent Mikel Arteta ist mit Arsenal auf Meisterschaftskurs. Und auch Thomas Tuchel und Julian Nagelsmann haben sich viel beim zweimaligen Champions-League-Sieger abgeschaut.
An seiner eigenwilligen und akribischen Arbeitsweise werden sich weiterhin die Geister scheiden. „Pep war schon so ein bisschen in seiner eigenen Welt“, brachte es Thomas Müller einst auf den Punkt: „Das war positiv verrückt.“