Beinahe jeder Fußballfan dürfte sie kennen: Listen mit Eskapaden der Rüpel-Profis.
Reißt Ronaldo sein Denkmal ein?
Immer wieder werden die Verfehlungen einzelner Spieler herausgeholt und mit den neuesten Fehltritten aktualisiert. (NEWS: Alle aktuellen Infos zur Premier League)
Einer, bei dem lange Zeit wohl kaum jemand gedacht hätte, dass sich auch über ihn eine derartige Liste erstellen ließe, ist Cristiano Ronaldo.
Oder auch einfach nur CR7. Auf jeden Fall: DER Vorzeige-Profi schlechthin, nicht nur was Professionalität angeht.
Von Millionen geliebt, von Millionen vielleicht auch als arroganter Schnösel tituliert - und doch war sich die Fußballwelt zumindest darin bislang mehr oder weniger einig: Sportlich ist Ronaldo über jeden Zweifel erhaben. (KOMMENTAR: Der armselige Abgang eines Weltfußballers)
Seine Fähigkeiten am Ball: unbestritten. Die Titel- und Trophäensammlung des fünfmaligen Weltfußballers: eindeutig wie beeindruckend.
Kein Wunder also, dass es der Portugiese nicht nur zu einem der erfolgreichsten Spieler aller Zeiten gebracht hat, sondern auch zu der mehr als nur beachtlichen Zahl von 490 Millionen Instagram-Followern.
Eskapaden von Ronaldo bei United häuften sich
Und doch gibt es sie inzwischen, die Liste mit den Eskapaden von Cristiano Ronaldo. Genauer gesagt: Die Liste mit Ronaldos Eskapaden bei Manchester United, die durch die vorläufige Suspendierung des Ausnahmekönners einen neuen Tiefpunkt markiert.
Aber der Reihe nach: Seitdem der mittlerweile 37-Jährige zurück ist bei dem Klub, der seine Karriere einst so kometenhaft hatte beginnen lassen, reißen die Negativ-Schlagzeilen nicht ab.
Zur Erinnerung: Im April hatte Ronaldo nach einer Pleite gegen Everton einem Fan das Handy aus der Hand geschlagen - es folgte eine Anklage der FA wegen ungebührlichen Verhaltens.
Im August verließ Ronaldo dann das Vorbereitungsspiel gegen Rayo Vallecano frühzeitig. Bilder in den sozialen Netzwerken zeigten, wie er noch während der laufenden Partie aus dem Stadion stapfte.
Weniger als drei Wochen später wiederum verschwand der Portugiese als erster Spieler der Red Devils nach der 0:4-Klatsche gegen Brentford in Richtung Kabine, obwohl ihn Assistenztrainer Steven McClaren ausdrücklich darum gebeten hatte, sich bei den mitgereisten Fans für deren Unterstützung zu bedanken.
Auf dem Weg in die Katakomben gab es zudem keinen Handschlag mit Cheftrainer Erik ten Hag.
CR7 verweigert Einwechslung gegen Tottenham
Und nun dieser Eklat am vergangenen Mittwochabend: United feierte in der Liga gegen Tottenham Hotspur ein 2:0 im heimischen Old Trafford. Eigentlich ein Grund zur Freude, nicht aber für Ronaldo. (DATEN: Ergebnisse und Spielplan der Premier League)
Mehr noch: Ronaldo verweigerte dabei gegenüber ten Hag eine späte Einwechslung.
Ein Affront, wodurch der Stürmer für das Spiel gegen den FC Chelsea am Samstag aus dem Kader gestrichen wurde.
„Das ist wichtig für die Einstellung und die Moral der Gruppe. Ich bin verantwortlich für die Kultur bei uns. Fußball ist ein Teamsport. Man muss gewisse Standards setzen“, erklärte ten Hag während der Pressekonferenz am Freitag seine Entscheidung.
Dazu kommen laut Sun 720.000 Pfund Strafe. Bei Ronaldos Mega-Gehalt dürfte diese Summe von zwei Wochenlöhnen wohl zu verschmerzen sein.
Doch was viel schwerer wiegt: Kann der einst mit Lionel Messi beste Fußballer dieses Planeten noch mal den Kopf aus der Schlinge zu ziehen und verhindern, sein Vermächtnis vollends zu vernichten?
Trainer ten Hag für Umgang mit Ronaldo gelobt
Offiziell ist Ronaldo zwar nur für eine Partie aus dem Verkehr gezogen, nach all den Geschehnissen glauben aber nur noch die wenigsten Fans wie Experten daran, es könne zwischen beiden Parteien noch einmal weitergehen.
Selbst wenn ten Hag nun zu deeskalieren suchte: „Cristiano bleibt ein wichtiger Spieler dieser Mannschaft.“
Es wirkt vielmehr so, als rücke das kaum für möglich gehaltene tragische Ende einer Ikone immer schneller voran.
Englische Medien berichten bereits, Uniteds Trainer dränge auf die vorzeitige Auflösung von Ronaldos noch bis zum Saisonende laufenden Vertrag oder eine Trennung während der Winter-Transferperiode.
Für seine konsequente Linie mit dem Problemfall erntet ten Hag vorrangig Lob. „Nach einem schwierigen Start hat Erik ten Hag Manchester United auf und neben dem Platz seinen Stempel aufgedrückt. Er hat die Situation mit Ronaldo vom ersten Tag an perfekt gemeistert“, twitterte etwa Ex-Profi Jamie Carragher.
Suche nach neuem Verein schwierig
Der Hebel, den Ronaldo noch umklammert, um das Ruder herumzureißen, wird eh immer kürzer.
Und was bleibt Ronaldo jetzt noch? Sportlich schwindet der Einfluss immer mehr. (DATEN: Die Tabelle der Premier League)
Entscheidend: Ungeachtet des offenbar nach wie vor bestehenden großen Ehrgeizes, den der Modellathlet immer wieder beschwört, nimmt dessen Leistungsfähigkeit mit Ende 30 zwangsläufig immer weiter ab.
Nicht von ungefähr kommt, dass Ronaldos angestrebter Wechsel im Sommer gescheitert war, obwohl ihn sein Berater bei vielen europäischen Topklubs angeboten hatte - die nur abwinkten.
Angesicht der jüngsten Ereignisse dürfte sich die Suche nach einer neuen sportlichen Heimat, die Ronaldos hohen Ansprüchen genügt, nun noch schwieriger gestalten.
Es mutete bizarr an, als der der Portugiese am Freitagmorgen mit einem Sicherheitsteam am Trainingsgelände der Red Devils erschien und ein Einzeltraining abspulte, weil eine Zusammenkunft mit den Mitspielern infolge der Suspendierung nicht gestattet war.
- Entdecke die Welt der SPORT1-Podcasts auf podcast.sport1.de, in der SPORT1 App sowie auf den gängigen Streaming-Plattformen Spotify, Apple Podcasts, Google Podcast, Amazon Music, Deezer und Podigee abrufbar
Und während United den deutlich geringeren Imageschaden davonzutragen scheint, gibt es bei Ronaldo kaum noch einen Zweifel, den entscheidenden Moment für das Karriereende verpasst zu haben.
Entsprechend fatal fällt denn auch das mediale Echo aus. „Cristiano Ronaldo ist ein dummer Ziegenbock, der nur aus Nostalgie zu ManUnited zurückgebracht wurde, die alternde Diva muss weg“, schrieb die Sun.
Die Daily Mail merkte an, dass der fünfmalige Champions-League-Sieger zwar die Bedeutung von Respekt betont, sich nach seinem ungebührlichen Verhalten aber nicht einmal entschuldigt habe. Passend dazu auch die Zeile beim Daily Mirror: „Sorry seems to be the hardest word.“
Ronaldo muss sein Verhalten ändern
Ronaldo selbst hatte sich nach dem neuerlichen Eklat zwar zu Wort gemeldet und erklärt, es sei für ihn keine Option, dem Druck nachzugeben. „Das war es nie. Das ist Manchester United und vereint müssen wir zusammenstehen. Wir werden bald wieder vereint sein.“
Die offenkundig versöhnlich gemeinte Aussage dürfte aber wenig an der verfahrenen Situation ändern.
Zu kitten sein dürften die Risse im Renommee ohnehin nicht mehr - für Ronaldo kann es allein noch um Schadensbegrenzung gehen.