Der FC Everton ließ im abgelaufenen Wintertransferfenster besonders aufhorchen. Neben dem neuen Trainer Frank Lampard präsentierte der Verein aus Liverpool seinen Fans gleich vier Neuzugänge. Vitaliy Mykolenko von Dynamo Kiew und Nathan Patterson von den Glasgow Rangers verstärken ab sofort den Kader.
Evertons riskante Wette
Zusätzlich kamen mit Donny van de Beek von Manchester United (Leihe bis zum Saisonende) und dem ehemaligen englischen Nationalspieler Dele Alli von Tottenham Hotspur noch am Deadline-Day zwei hochkarätige Mittelfeldspieler zu den Toffees.
Mit diesen Aktionen soll der Abstieg verhindert und die Saison im sicheren Mittelfeld beendet werden. Denn aktuell schwebt Everton in akuter Gefahr.
Zwar hat der Tabellensechzehnte noch ein Spiel mehr zu absolvieren als Newcastle United auf dem ersten Abstiegsplatz, der Abstand beträgt jedoch lediglich vier Punkte.
Geht Evertons Plan auf?
Negative Schlagzeilen durch den Besitzer
Zuletzt sorgte der Verein aufgrund seines Besitzers Farhad Moshiri für negative Schlagzeilen. Der iranische Geschäftsmann hält seit dem Jahr 2016 die Zügel in der Hand - und bestimmt als Mehrheitseigner des Traditionsklubs derzeit die Titelseiten auf der Insel. Der Grund dafür ist die anhaltende Erfolglosigkeit, aber auch die Suche eines neuen Trainers.
Zunächst wurde mit Vitor Pereira ein Coach nach London eingeflogen, der Nachfolger von Rafael Benítez werden sollte. Der Portugiese war schon 2013 und 2019 ein Kandidat auf den Posten bei Everton, war den Verantwortlichen dann indes doch nicht gut genug.
Nun war Moshiri offenbar der Meinung, dass im Januar 2022 der richtige Zeitpunkt für Pereira gekommen sei. Die Fans sahen das komplett anders, protestierten zuletzt rund um den Goodison Park und schmierten dazu auch ein Graffiti mit deutlicher Aussage an die Wände: „Pereira out, Lampard in.“
„Nach der letzten absurden Wendung in dieser Seifenoper, bei der ein Stellenbewerber live im Fernsehen zu seinem Vorstellungsgespräch befragt wurde, sollte man nicht mehr daran zweifeln, das Moshiri Everton in eine Lachnummer verwandelt hat“, kommentierte die Daily Mail die Herangehensweise des Iraners.
FC Everton: Wahnsinn am Deadline-Day
Am Ende kam Moshiri dem Ruf der Fans nach. Am Deadline Day wurde tatsächlich Lampard als neuer Trainer des FC Everton vorgestellt - und noch am gleichen Tag bekam er mit Dele Alli seinen Wunschspieler.
Der Nationalspieler galt lange Zeit als die große Hoffnung des englischen Fußballs. Doch in den letzten Jahren bekam die Karriere des 25-Jährigen einen Knick. Schlechte Leistungen führten zu Nichtberücksichtigungen und somit zum Platz auf der Bank. Auch unter dem neuen Trainer Antonio Conte bekam Alli keinen Fuß in die Startelf. (DATEN: Tabelle der Premier League)
Jetzt hofft er, mit dem Wechsel zu Everton einen Impuls zu bekommen, der der ihn wieder an die Leistungen vergangener Tage anknüpfen lässt.
„Ich bin froh, hier unterschieben zu haben. Everton ist ein großer, historischer Klub mit unglaublichen Fans. Ich kann es kaum erwarte anzufangen.“, kommentierte Alli seinen Transfer. „Ich freue mich auf diese Aufgabe, ich hatte gute Gespräche mit dem Trainer. Ich will nur glücklich sein und Fußball spielen..
Ebenfalls neu an der Merseyside ist Donny van de Beek. Der Niederländer kommt für ein halbes Jahr von Manchester United zu den Toffees und wird ebenfalls das Mittelfeld verstärken.
Auch der 24-Jährige sucht seit seinem Wechsel von Ajax Amsterdam zu Manchester United im vergangenen Sommer vergeblich nach seiner Form. In dieser Saison kam der Mittelfeldspieler bei Manchester United lediglich zu acht Einsätzen in der Premier League. Van de Beek hatte zuletzt mehrfach erklärt, den Verein unbedingt verlassen zu wollen. (Alle News und Hintergründe zur Premier League)
Die Daily Mail bezeichnet die Neuverpflichtungen als „Lampard-Revolution“, die bei den Fans des FC Everton Hoffnungen auf bessere Zeiten aufkommen lässt.
Das Risiko mit den Neuzugängen
Auf dem Papier sind die Neuzugänge ein echter Gewinn für den FC Everton. In den englischen Zeitungen zählt der Verein zu den größten Profiteuren der abgelaufenen Transferphase.
Doch es ist am Ende ein Spiel mit dem Feuer. Sowohl Van de Beek als auch Alli zehren noch immer von den Früchten vergangener Tage.
Zudem ist ungewiss, ob die Neuzugänge überhaupt zusammenspielen können, oder ob sie sich in ihrer Spielweise nicht doch zu ähnlich sind. Platz wäre im von Trainer Frank Lampard bevorzugten 4-3-3-System allemal. (DATEN: Spielplan und Ergebnisse der Premier League)
Auch die Personalie Lampard ist kein Erfolgsgarant per se. Zwar war seine erste Trainerstation bei Derby County ein voller Erfolg, der sogar beinahe in der Premier League geendet wäre. Dafür war sein Auftritt in seiner Zeit beim FC Chelsea insgesamt aber umso dürftiger. (So wehrt sich Derby County gegen sein Schicksal)
Alle drei müssen jetzt beweisen, wozu sie im Stande sind. Für Lampard könnte Everton die perfekte Klubgröße sein, um sich weiterzuentwickeln. Ein Schritt weiter als bei Derby, aber noch unter dem Niveau eines Spitzenteams wie dem FC Chelsea. Van de Beek und Alli müssen jetzt ebenfalls zeigen, ob ihr wirkliches Niveau an ihr vermeintliches Potenzial heranreicht.
Das Projekt Everton kann krachend scheitern und im Abstieg enden. Wegen der prominenten Neuzugänge scheint eine Wiederbelebung der Toffees aber allemal wahrscheinlicher. Doch die Wette ist riskant.