Im vergangenen Sommer wechselte Saúl Niguez unter großen Erwartungen für eine Leihgebühr von fünf Millionen Euro von Atlético Madrid zum FC Chelsea.
Der unsichtbare Toptransfer
Doch bisher kommt der Spanier in London noch nicht auf die gewünschten Einsatzzeiten und findet sich oft auf der Bank wieder. Kann sich der Nationalspieler unter Trainer Thomas Tuchel noch durchsetzen? Oder bleibt es bei einem kurzen Intermezzo, welches als großes Missverständnis abgestempelt werden kann? (NEWS: Alles zur Premier League)
Vom verhassten Nachbarn zur Klub-Ikone
Saúl Niguez kam einst aus der Jugend des Stadtrivalen Real Madrid zu Atlético. Der Mittelfeldspieler wurde unter Trainer Diego Simeone schnell eine feste Größe, gewann mit Atlético bereits die Europa League und den spanischen Pokal. In der abgelaufenen Spielzeit krönten sich Saul & Co. sogar zum spanischen Meister und durchbrachen zum zweiten Mal nach 2014 die Schreckensherrschaft der Dauermeister Real Madrid und FC Barcelona.
Insgesamt hat der 26-Jährige 340 Pflichtspiele für die Rojiblancos absolviert, in der abgelaufenen Saison lief er in 41 Partien auf (zwei Tore). Dabei stand Saúl in der Liga allerdings nur in 12 seiner 33 Spiele über die komplette Spielzeit auf dem Feld.
Im Sommer kam es dann zur erwähnten Trennung. Auch weil es Diskussion zwischen dem Profi und Trainer Simeone gegeben haben soll, da Saúl oftmals nicht auf seiner gewohnten zentralen Mittelfeldposition, sondern als Notstopfen überall zum Einsatz kam.
„Zu Beginn des Sommers erfuhr ich, dass der Verein mich loswerden wollte. Das war hart“, erklärte der Linksfuß bei seiner Ankunft in London.
Sauls Versprechen an Tuchel: „Werde alles geben“
Die Londoner setzten sich im Transferpoker gegen namhafte Konkurrenten aus aller Welt durch. Auch dem FC Bayern wurde ein Interesse an Niguez nachgesagt. Für Bayerns Präsidenten Herbert Hainer scheiterte der Wechsel allerdings an der zu hohen Ablöse, wie er im Sommer gegenüber SPORT1 durchblicken ließ: „Es wird keine großen Transfers geben, das können Sie vergessen. Das wurde so zwischen dem Vorstand und dem Aufsichtsrat auf der letzten Sitzung besprochen!“
Als der Wechsel zu Chelsea feststand, zeigte sich Saúl sehr optimistisch und freute sich auf den Konkurrenzkampf in seiner neuen Mannschaft. „Die drei Mittelfeldspieler, die jetzt spielen, sind auf einem hohen Niveau, es wird nicht einfach sein, zu spielen. Aber wenn ich mich anstrenge und kämpfe, kann ich es schaffen“, meinte der Neuzugang damals und versprach: „Ich werde alles geben und Chelsea helfen, damit er (Thomas Tuchel, Anm.d.Red.) den Saúl sehen kann, den ich zeigen kann.“(DATEN: Spielplan und Ergebnisse von La Liga)
Horrorstart beim FC Chelsea
Doch sein Debüt für Chelsea glich einem Horrorszenario. Am vierten Spieltag der Premier League stand Niguez im Heimspiel gegen Aston Villa das erste Mal für die Blues auf dem Rasen – und das von Beginn an. (Tabelle der Premier League)
Nach 45 Minuten war der Arbeitstag für den Spanier allerdings schon wieder beendet. Sichtlich nervös hatte der Mittelfeldspieler zahlreiche Ballverluste im Mittelfeld verschuldet und seinen Trainer damit zur Weißglut gebracht. Das sollte auch bis heute sein letzter Ligaeinsatz von Anfang an gewesen sein.
Lediglich zwei Minuten beim 3:0 gegen Newcastle United kamen noch hinzu. In der Champions League kommt Saúl auch nur auf 25 Minuten Spielpraxis. Dafür dürfte er im unbedeutenden League Cup am häufigsten ran: Hier stand er von zwei möglichen Spielen jedes Mal in der Startelf.
Niguez nur noch Nummer fünf
Dass Niguez nicht zum Einsatz kommt, liegt auch an der hohen Leistungsdichte beim FC Chelsea und der gut besetzten Zentrale des amtierenden Champions-League-Siegers. Europameister Jorginho, Mateo Kovacic, N‘Golo Kante, und zuletzt auch Ruben Loftus-Cheek, hatten die Nase stets vorne im Kampf um Einsatzzeiten.
Im letzten Spiel der Königsklasse gegen einen verhältnismäßig kleinen Gegner Malmö FF (1:0) begann Loftus-Cheek neben Jorginho im Mittelfeld der Blues. Das dürfte darauf hindeuten, dass Niguez derzeit nur noch Nummer fünf in den Überlegungen Tuchels ist.
Tuchel erwartet mehr von Saul Niguez
Der deutsche Trainer selbst hatte sich im Sommer für eine Verpflichtung des 26-Jährigen ausgesprochen. Zuletzt sagte er über Niguez: „Er will die Gegner dominieren, er will nicht nur ein Teil des Spiels sein.“ Der Spanier müsse sein volles Potenzial ausschöpfen - dies sei der absolute Schlüssel für ihn. Nur dann könne er ein wichtiger Teil des Kaders werden, so Tuchel.
Der 48-Jährige erwartet also noch mehr von seinem Schützling. Dass dieser grundsätzlich im Stande ist, mehr zu leisten, hatte er in der Vergangenheit schon in La Liga und bei diversen Auftritten in der Champions League gezeigt.
Doch die Zeit für Niguez läuft langsam ab. Chelsea hat den Mittelfeldspieler nur bis zum nächsten Sommer ausgeliehen und dann eine Kaufoption von über 30 Millionen Euro. Zum aktuellen Zeitpunkt ist es mehr als fraglich, dass die Engländer diese Option ziehen werden.
Es scheint fast so, als würde sich Saul in die Reihen der berühmten Last-Minute-Panik-Transfers einreihen. Doch noch hat er die Möglichkeit, Tuchel von sich zu überzeugen.