Der junge Mann weiß, was er will.
Der cleverste Transfer des Jahres?
"Ich möchte hier Karriere machen", sagte Gabriel Martinelli vergangene Woche in einem Audio-Interview mit dem brasilianischen ESPN: "Und ich versuche, eine Legende zu werden."
Vermessene Worte für einen 18-Jährigen, der bislang nur 33 Erstliga-Minuten bei seinem Klub absolviert hat? Oder eine sehr realistische Einschätzung des Potenzials, das er vor kurzem eindrucksvoll unter Beweis gestellt hat?
Mit zwei Toren in drei Minuten leitete der Brasilianer den 4:0-Sieg des FC Arsenal in der Europa-League-Partie des FC Arsenal bei Standard Lüttich ein. In der zweiten Halbzeit legte er dann auch noch das 4:0 von Dani Ceballos vor. Ein Gala-Vorstellung mit 18 Jahren und 107 Tagen. Zuvor war es keinem jüngeren Gunner gelungen, zwei oder mehr Tore in einem europäischen Wettbewerb zu erzielen.
Martinelli hat keine Anlaufschwierigkeiten
In seiner Heimat wird Martinelli schon als neuer Neymar gefeiert, auch den Vergleich mit Cristiano Ronaldo bekommt er oft zu lesen. Besagte Spieler sind auch zwei der drei Vorbilder, die er bewundert. Das dritte? Lionel Messi, auch irgendwie klar.
Erst drei Monate zuvor war der Brasilianer aus seiner Heimat zum Klub von Mesut Özil gekommen. 6,7 Millionen Euro überwies Arsenal an den Viertligisten Ituano FC, ein Schnäppchen in einer Zeit astronomischer Transfersummen. Sollte sich Martinelli wirklich zum nächsten Neymar entwickeln, kommen mittelfristig ja vielleicht ein paar hundert Millionen wieder rein.
Von Anlaufschwierigkeiten, die so viele südamerikanische Talente bei einem Wechsel nach Europa haben, keine Spur. In der Vorbereitung wusste Martinelli zu überzeugen, zur Belohnung durfte er gleich am ersten Spieltag sechs Minuten Premier-League-Luft schnuppern.
"Er zeigt in jedem Training, dass er hungrig ist und unbedingt sein Potenzial zeigen will", verriet Emery. Und dieses Potenzial zeigte das Talent bei seinem ersten Startelfeinsatz. Im League Cup gegen Nottingham Forest (5:0) schnürte er einen Doppelpack, eine Woche später folgte dann eben jene Galavorstellung in der Europa League.
Bis er auch in der Premier League durchstartet, ist wohl nur eine Frage der Zeit. "Der Trainer hat mir gesagt, dass ich geduldig sein soll und auf meine Chance warten soll, sie werde kommen", berichtete Martinelli.
Ein echter Musterprofi
Der Grundstein für den raketenhaften Aufstieg legte Martinelli bereits früh. Er wuchs vor den Toren der Metropole Sao Paulo auf und erzählte als kleiner Junge jedem, der es hören wollte, dass er einmal Fußball-Profi werde und in Europa spielen wolle.
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Vater Joao und zwei Berater brachten ihn auf den richtigen Weg. "Er geht früh ins Bett, geht nicht aus, trinkt keinen Alkohol und hat eine feste Freundin", sagte Berater Marcos Casseb jüngst gegenüber Globo Esporte.
Auch Ex-Trainer Vinicius Bergantin war von Martinellis Einstellung und Reife beeindruckt. "Als er bei uns war, hat er nicht wie ein 17-Jähriger gespielt. Er hat Entscheidungen getroffen, die du von einem 27-Jährigen erwarten würdest", wird er bei The Athletic zitiert.
ManUnited verschmähte den Shooting Star
Vor seinem Wechsel zum FC Arsenal wäre Martinelli dann beinahe in Manchester gelandet. Zwischen 2015 und 2017 hatte er vier Probetrainings bei United absolviert.
"Ich fragte nach einem Bild mit Evra und Fellaini, doch nur Pogba kam auf mich zu", blickt Martinelli bei der Daily Mail auf diese Zeit zurück. "Er wusste, dass ich Brasilianer bin und fragte mich, wie es mir gehe. Wir machten ein Foto zusammen."
Wie Pogbas Mitspieler verschmähte auch der Klub den Teenager und entschied sich gegen eine Verpflichtung.
Emery wird darüber heilfroh sein. Nur bei der Position muss er sich mit seinem Hoffnungsträger noch einig werden.
Welche Position passt zu Martinelli?
Der 18-Jährige spielte in seiner kompletten Jugendzeit als Mittelstürmer. "Er wird aber lieber auf dem linken Flügel eingesetzt und spielt auch Rechtsaußen", klärte Emery auf.
Trotzdem bot der Spanier seinen Schützlingen in dessen beiden Partien über 90 Minuten als zentralen Stürmer auf. "Es ist nicht die beste Position für ihn", gab er anschließend zu.
Allerdings zeigte Martinelli in beiden Spielen, dass er weiß, wo das Tor steht. Er ist auf dem besten Weg sowohl sich selbst als auch seinen Trainer Lügen zu strafen.
Vielleicht ist er ja doch ein Mittelstürmer.