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SPORT1-Kolumne: Raphael Honigstein über ManCity-Trainer Pep Guardiola

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SPORT1-Kolumne: Raphael Honigstein über ManCity-Trainer Pep Guardiola

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Pep am Rande des Nervenzusammenbruchs

Pep Guardiola irritiert England mit einem seltsamen Interview, das tief blicken lässt. SPORT1-Kolumnist Raphael Honigstein erklärt die Gründe für den Frust.
Raphael Honigstein analysiert die Situation von Pep Guardiola bei Manchester City
Raphael Honigstein analysiert die Situation von Pep Guardiola bei Manchester City
© SPORT1/Getty Images
Pep Guardiola irritiert England mit einem seltsamen Interview, das tief blicken lässt. SPORT1-Kolumnist Raphael Honigstein erklärt die Gründe für den Frust.

Was erlaube Pep? Man muss Guardiolas störrisches Null-Interview mit der BBCnach dem 2:1-Sieg gegen Burnley nicht gleich als "meltdown" (Kernschmelze) bewerten, wie es der Independent oder die Daily Mail taten. Doch derart gereizt hat man den 45-Jährigen auf der Insel bisher noch nicht erlebt.

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Die passiv-aggressive Verweigerungshaltung im (versuchten) Gespräch mit einem gänzlich milde gestimmten Fragesteller ("Das war heute ein schwer erkämpfter Sieg mit zehn Mann, nicht wahr?") ließ jegliche Souveränität vermissen. Guardiolas unnötig-melodramatischer Auftritt erinnerte ein wenig an einen Film seines spanischen Landsmanns Pedro Almodovar: Ein Fußball-Trainer am Rande des Nervenzusammenbruchs.

Platz drei in der Tabelle mit sieben Punkte Rückstand auf Tabellenführer Chelsea ist zwar ein unbefriedigendes Zwischenergebnis für den Katalanen, erklärt aber für sich genommen noch nicht den gewaltigen Verdruss.

Guardiola betonte in einem Fernsehinterview mit NBC gerade erst wieder überzeugend, dass der Druck in München und Barcelona weitaus höher gewesen sei als jetzt bei ManCity. Er muss nicht Meister werden.

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Die Rückendeckung im Vorstand ist für ihn nahezu grenzenlos, auch weil sich die Hellblauen trotz Milliardeninvestitionen aus Abu Dhabi immer noch als Außenseiter verstehen. "Wir haben nicht die Historie, die an den Trikots von Manchester United, Bayern und Barcelona haftet", so Guardiola.  

Den Coach frustriert wohl viel mehr, dass seine Elf nach dem großartigen Saisonbeginn derzeit weit entfernt vom Pep'schen Ideal kickt, ohne Kontrolle und Dominanz, teils selbst-gehandicapt, durch Undiszipliniertheit (sieben Platzverweise), teils aber auch unverschuldet: der Ausfall von Schlüsselspieler Ilkay Gündogan (Kreuzbandriss) in der Schaltzentrale geht auf Kosten von Rhythmus und Stabilität, der Abwehr fehlt es an individueller Klasse, um das Strukturproblem auszugleichen.

Auch die beizeiten eigenwillige Regelauslegung der Briten bereitet Kopfzerbrechen. Guardiola monierte, wie einige Ausländer vor ihm, dass Torhüter im Fünfmeterraum keinen besonderen Schutz genössen.  

Am meisten erregt ihn offenbar jedoch der seit Wochen mehr oder minder offen formulierte Vorwurf, dass sein Ballbesitz-Spiel grundsätzlich nicht Premier-League-tauglich sei. Zum einen, weil in England nie jemand auf die Idee kommen würde, einheimische Rumpelfußball-Trainer aufzufordern, ihren nachweislich erfolglosen Stil zu überdenken.

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Nein, ausgerechnet er, der zweifache Champions-League-Sieger und verbriefte Taktik-Innovator, muss sich für seine Ideen ständig rechtfertigen. Zum anderen, weil der Dauer-Hinweis auf englische Eigenarten und die Stärke der Premier League seine früheren Erfolge in Spanien und Deutschland zwangsläufig relativiert.

Ihnen haftet, so suggeriert es die öffentliche Meinung, ein Makel an: Guardiola hatte es mit Barca und Bayern zu leicht. 

Was Medien, Experten und gegnerische Fans denken, könnte  - ja: müsste - ihm mittlerweile gänzlich egal sein. Aber Pep ist, wie man in München und Barcelona nur zu gut weiß, nunmal der eitelste, dünnhäutigste Spitzentrainer der Welt.

Er hat unter anderem die Herausforderung bei City auch angenommen, weil er es seinen Kritikern und Zweiflern so grundsätzlich zeigen wollte. Dass dies momentan nicht gelingt, da die Mannschaft seinen hohen Ansprüchen nicht genügt, scheint ihn in Rage zu versetzen; diese Überspannung musste sich über kurz oder lang entladen.

BBC-Mann Damian Johnson war mit seinen harmlosen Fragen am Montagabend nur ein unfreiwilliger Blitzableiter.

Raphael Honigstein, geboren 1973 in München, zog 1993 nach London. Dort lebt und arbeitet er als Journalist und Autor. Für SPORT1 berichtet er in der wöchentlichen Rubrik "London Calling" über alle Themen rund um den englischen Fußball. Honigstein arbeitet unter anderem für die "Süddeutsche Zeitung", das Fußballmagazin "11 Freunde", die englische Tageszeitung "The Guardian", den Sportsender "ESPN" und ist in England und Deutschland als TV-Experte tätig.