Vielleicht ist die Sache mit Pep Guardiola ja wirklich genau so einfach, wie Karl-Heinz Rummenigge sie darstellt.
Nächstes Projekt: Premier League
"Man darf nicht vergessen: Pep ist ein junger Mensch", bemerkt der Vorstandschef des FC Bayern München im Bild-Interview: "Der FC Bayern ist erst seine zweite Trainerstelle. Er möchte eine neue Erfahrung machen."
Womöglich ist es so, dass die banal klingende Feststellung die Antwort ist auf all die Fragen und Rätsel, die in den vergangenen Monaten, vergangenen Jahren um Guardiola kreisten.
Zwei dieser Fragen bleiben trotzdem offen: Welche neue Erfahrung möchte der 44-Jährige denn noch machen? Und: Warum nicht die, etwas länger bei einem Klub wie Bayern zu bleiben?
(Mehr zum FC Bayern und dem Wechsel von Pep Guardiola zu Carlo Ancelotti Mo., ab 18.30 Uhr im TV bei Bundesliga Aktuell)
Der "Bruder im Geiste" denkt anders
Sie haben sich in München ja lange zuversichtlich gezeigt, Guardiola genau davon überzeugen zu können.
"Es wäre schön, wenn er lange bleibt", sagte Rummenigge im Frühjahr im SPORT1-Interview über den Mann, den er bei gleicher Gelegenheit "Bruder im Geiste" nannte. Und immer wieder wiederholte er da auch noch, dass er im Vertragspoker mit Guardiola "gute Karten", wahlweise auch "sehr gute Karten" habe.
Ein Irrtum, augenscheinlich. Mit seinem Nein zur Verlängerung ist der Coach seiner eigenen Logik gefolgt.
Und in der Logik geht es allenfalls zum Teil darum, dass er und die Bayern in einigen Transfer- und Konzeptfragen nicht immer ganz auf dieselbe Linie gekommen sind.
"Ich denke, er ist nicht flexibel"
Immer wieder betonen Vertraute Guardiolas ja, dass er sich als eine Art trainierender Handlungsreisender sieht, dass er in Zyklen denkt.
"Ich denke, dass er in dieser Frage nicht flexibel ist", sagt Guardiolas Biograph Marti Perarnau, einer der wenigen Journalisten, dem er Einblicke gewährt, im Gespräch mit SPORT1. Drei Jahre, allenfalls vier: Länger sollte ein Trainer nicht bei einem Klub bleiben, schon gar nicht er, der sich in der täglichen Arbeit in einer Weise aufreibt, die vielen gar nicht klar ist. Seinen Herzensverein Barcelona verließ er 2012 nach vier Jahren völlig ausgebrannt.
Die Zeit in München beendet er nach Perarnaus Einschätzung zwar nicht in diesem Zustand ("Die Situation in München ist ganz anders"), es gehe aber ums Prinzip: "Pep hat eine Mentalität, die nicht gewöhnlich ist, er bevorzugt eine begrenzte Zeit, aber die will er mit Vollgas bestreiten."
Dass also auch das Projekt Bayern sehr endlich sein würde: Es war zu ahnen, auch wenn sie es in München nicht gerne ahnen wollten.
"Nach vier Jahren bei Barca und drei bei Bayern denkt Pep, dass drei Jahre die richtige Zeitdauer sind, um eine Mannschaft zu formen, die nach seinen Vorstellungen spielt", glaubt Perarnau.
City hat die meisten Trümpfe
Welches Projekt Guardiola nun als nächstes angeht? "England wäre ein sehr logischer Schritt in seiner Karriere", sagt Perarnau. Alle Zeichen deuten dorthin, die allermeisten auf Manchester City.
Zwar hat Guardiola freie Auswahl und der Trainermarkt bei den großen Klubs ist auf der Insel fast überall in Bewegung: Bei Chelsea ist gerade Jose Mourinho entlassen worden, bei Manchester United droht Louis van Gaal dasselbe.
Nicht umsonst jedoch ist Manchester City seit Jahr und Tag der Klub, mit dem er am häufigsten in Verbindung gebracht wird. Neben Geld und Ambitionen bietet er schließlich auch ein vertrautes Umfeld, die alten Barca-Weggefährten Ferran Soriano und Txiki Begiristain wirken als Geschäftsführer und Sportdirektor.
Die SPORT1-User sind ebenfalls von dieser Möglichkeit überzeugt: 54 Prozent von 3446 Teilnehmern glauben, dass er zu City geht (Stand, Montag, 16.45 Uhr), 27 Prozent gehen von einem Sabbatical aus.
Als könnte Pellegrini es selbst nicht erwarten
City-Coach ist gegenwärtig Manuel Pellegrini, ein höflicher Chilene - so höflich, dass er bei am Sonntag so klang, als ob er selbst Guardiolas Ankunft kaum erwarten könnte.
"Pep Guardiola wird hier arbeiten", sagte er. Mit dem "Hier" meinte er das Land, ihm ist aber auch klar, dass es noch konkreter werden dürfte: "Ich hoffe, er wird die Option haben, bei Manchester City zu arbeiten. Das sage ich, weil ich den Klub liebe und weil ich hoffe, dass auch er in Zukunft hier arbeiten kann."
Allzu fern dürfte diese Zukunft nicht liegen. Pellegrinis Vertrag wurde im August zwar unter großem Pep-Rumoren bis 2017 verlängert.
Bis dahin könnte er bleiben, wenn Guardiola noch ein Sabbatical einlegen möchte. Wenn nicht: Der 62-Jährige wäre wahrscheinlich auch höflich genug zu gehen. Und dabei so etwas zu sagen wie: Ich bin ja kein so junger Mensch mehr.