Nach acht absolvierten Spieltagen grüßt nicht wie gewohnt Paris Saint-Germain von der Tabellenspitze. Es ist die AS Monaco, die derzeit Frankreichs höchste Spielklasse anführt. 17 Punkte sammelten die Monegassen bereits in der laufenden Spielzeit - und nach Ansicht von Trainer Adi Hütter hätten es durchaus mehr Zähler sein können.
Stürzt Hütter tatsächlich PSG?
„Es ist immer eine Momentaufnahme, auch nach 15 Spieltagen. Aber in diesen acht Spielen gab es noch keine Mannschaft, gegen die wir schlechter waren, im Gegenteil. In Lorient fingen wir in der 98. Minute das Ausgleichstor, gegen Nizza verschossen wir zwei Elfmeter und bekamen in der 91. Minute das 0:1. Wir könnten also auch mit 19 oder 20 Punkten an der Spitze stehen“, erklärt der Österreicher im kicker-Interview. „Wir spielen guten Fußball und haben eine attraktive, richtig gute Mannschaft.“
Hütters „Prunkstück“ sticht heraus
Die hat der Ex-Bundesliga-Trainer ohne Zweifel. Mit 21 Toren stellt sein Team die beste Offensive der Ligue 1, Hütter spricht selbst von einem „Prunkstück“ des Vereins. Vor allem einen Vorteil sieht der ehemalige Frankfurt- und Gladbach-Coach in seiner Mannschaft.
„Was dabei besonders ist, ist, dass wir viele unterschiedliche Varianten haben, um Tore zu erzielen, und viele unterschiedliche Spieler, die Tore machen können“, so Hütter. Die Entwicklung kommt für manche durchaus überraschend, fehlt mit Breel Embolo, der sich im August im Training das Kreuzband riss, doch der erfolgreichste Stürmer der vergangenen Saison.
Die Offensive verteilt sich in dieser Saison auf mehrere Schultern, Wissam Ben Yedder (5 Tore), Folarin Balogun (3 Tore) und Takumi Minamino (ebenfalls 3 Tore) lieferten bereits ab: „Das macht es für die Konkurrenz umso schwerer, uns auszurechnen.“
Vor Dauer-Meister PSG hat die AS Monaco zwei Punkte Vorsprung. Hütter weiß, dass dieser relativ schnell schmelzen kann - und sendet dennoch eine Kampfansage in Richtung der Hauptstadt. „Sie spielen auch international, wir nur in den französischen Wettbewerben. Aber Paris ist immer der Favorit auf den Titel, ähnlich wie die Bayern in Deutschland. Jetzt sind sie zwei Punkte hinter uns. Wir wollen bis zum Schluss vorne mit dabei sein.“
Darum entschied sich Hütter für Monaco
Dass Hütter im Sommer überhaupt an der Côte d‘Azur landete, kam für viele Betrachter überraschend. Schließlich hatte der 53-Jährige nach seinem Aus in Mönchengladbach die Premier League als nächstes Ziel ausgerufen.
„Ich habe mit meiner neuen Berateragentur eine Reise nach England gemacht, da führten wir einige gute Gespräche mit Sportdirektoren, unter anderem auch bei Crystal Palace. Sie haben aber gar keinen Trainerwechsel vollzogen, sondern sich dazu entschieden, mit Roy Hodgson weiterzumachen“, schildert er, weshalb sich im Folgenden die Tür nach Monaco öffnen konnte.
„Paul Mitchell, der hier irrsinnig viel aufgebaut hat, war noch da und holte im Sommer mit Thiago Scuro einen neuen Sportdirektor (beide haben wie auch Hütter eine Red-Bull-Vergangenheit, Anm. d. Red.). Sie suchten einen Trainer, der für aggressiven, begeisternden, offensiven Fußball steht. Als es konkret wurde, sagte ich sofort zu, weil Monaco ein spannender, großer Traditionsklub ist.“
„Bin ich hier im Urlaub? Oder ist das mein Arbeitsplatz?“
Für den Ligue-1-Klub schlug Hütter auch zwei Angebote aus Saudi-Arabien und eines aus den Vereinigten Arabischen Emiraten aus, wie er fortführt. Der Österreicher „wollte im europäischen Fußball bleiben und bei einem Verein arbeiten, der hohe internationale Ambitionen hat. Ich habe mir das angehört, das war nicht alles verkehrt, aber ich wollte bei einem Verein in Europa etwas bewegen.“
Und dazu ist er im Moment auf dem besten Wege. Zum Erfolg dürfte auch der Wohlfühlfaktor seinen Teil dazu beitragen, den Hütter in Südfrankreich als hoch bezeichnen dürfte. „Ich war vorher nie an der Côte d‘Azur, die Lebensqualität ist sehr hoch. Auch die Bedingungen im Verein sind fantastisch. Von unseren drei Trainingsplätzen sieht man aufs Meer hinaus, an schönen Tagen kann man sogar bis nach Nizza schauen“, schwärmt der Ex-Bundesliga-Trainer.
„Wenn man über die Serpentinen nach Monaco herunterfährt, ist das schon beeindruckend. Am Anfang dachte ich: Bin ich hier im Urlaub? Oder ist das mein Arbeitsplatz? Ich weiß nicht, ob es auf der Welt viele schönere Plätze zum Arbeiten gibt.“