Michael Owen ist einer der besten Torjäger in der Klubhistorie des FC Liverpool. Mit 158 Toren in 297 Spielen liegt Owen auf Platz acht der besten Torschützen der Reds. Doch jede Rückkehr an die Anfield Road reißt bei dem früheren Offensivstar alte Wunden auf.
Druck bei Real? „Kann kaum atmen“
„Ich habe nicht das Gefühl, dass ich willkommen bin oder geliebt werde. Und das tut verdammt weh. Also ziehe ich es vor, es zu vermeiden“, sagte Owen im Gespräch mit The Athletic. Als Zwölfjähriger stieß er zu den Reds, sein Profidebüt feierte Owen 1997 als 17-Jähriger, doch der Wechsel 2004 zu Real Madrid markierte eine Zäsur.
Owen: „Habe die Kontrolle über meine Karriere verloren"
„Als ich mich entschied, nach Madrid zu gehen, habe ich die Kontrolle über meine Karriere verloren. Das war das Ende der Wahrnehmung, die andere von mir als Spieler hatten. Es stimmt, dass es der ‚Heilige Gral‘ für einen Fußballer war, aber es war auch ein Ort, an dem der Druck so groß ist, dass man kaum atmen kann. Es war nicht das, was ich erwartet hatte“, räumte der heute 44-Jährige in einem weiteren Interview mit dem Telegraph offen ein.
Owen stieß als damals 24-Jähriger zu den Königlichen um Superstars wie Zinédine Zidane, David Beckham, Raúl, Luis Figo und „O Fenômeno“ Ronaldo. In einer turbulenten Saison mit drei verschiedenen Cheftrainern gelangen Owen immerhin 16 Tore in 45 Einsätzen, doch anschließend kehrte er nach England zurück.
„Madrid ist ein Klub mit Geschichte, Ruhm und allem, wovon ein Fußballer träumt, aber wenn man dort ankommt, merkt man, dass es ein Ort sein kann, an dem man sein Wesen verliert. In meinem Fall hat es mich meine Karriere gekostet“, erklärte Owen, der 2001 mit 22 als bislang letzter Engländer den Ballon d’Or gewann.
Liverpool-Fans spotten: „Wo warst du in Istanbul?"
Eigentlich sehnte er sich nach einer Rückkehr zum FC Liverpool. Doch die 25 Millionen Euro Ablöse von Newcastle United konnte Liverpool nicht überbieten. Auch spätere Versuche, wieder ins Trikot der Reds zu schlüpfen, ließen sich nicht realisieren.
Als er mit Newcastle erstmals an die Anfield Road zurückkehrte, bekam er den Spott der Anhänger zu spüren, als sie sangen: „Wo warst du in Istanbul?“ – Liverpool holte ein Jahr nach Owens Abschied im denkwürdigen Endspiel gegen Milan im Elfmeterschießen den Henkelpott.
Als er erstmals vom Interesse der Königlichen erfahren habe, habe er sich eine Woche lang im Bett hin- und hergewälzt, berichtete Owen. Er habe mit dem damaligen Coach Rafa Benítez und Geschäftsführer Rick Parry eine Vereinbarung getroffen. „Ich sagte: ‚Einigen wir uns darauf, dass ich ein oder zwei Jahre bleibe und dann zurückkomme.‘“
„Man verliert die absolute Bindung zu seinem Verein"
Er habe diese Rückversicherung gebraucht, meinte Owen: „Ich wollte nicht wirklich gehen - Liverpool war mein Verein. Aber ich habe mich auch gefragt, ob ich es am Ende bereuen würde, wenn ich es nicht versuchen würde.“
Allerdings gestand er: „Ich bin nicht mit dem Wunsch aufgewachsen, für Real Madrid zu spielen, aber es ist eine Ehre, dass ich es getan habe. Ich bin mit dem Wunsch aufgewachsen, für Liverpool zu spielen. Wenn man wechselt, verliert man die absolute Bindung zu seinem Verein und wird zu einer Handelsware.“
Man versuche, nur noch als Spieler für einen bestimmten Verein erfolgreich zu sein. „Man verliert die Bindung, die man früher hatte, weil man nicht mehr für die Mannschaft spielt, die man unterstützt.“
Owens Worte eine Warnung an Alexander-Arnold
Owen sendet damit auch eine Warnung an Trent Alexander-Arnold. Das Liverpooler Eigengewächs könnte im Sommer einen ähnlichen Weg wie einst Owen einschlagen, seit geraumer Zeit wird 26-Jährige mit Real Madrid in Verbindung gebracht.
In Spanien hat Owen, der für die englische Nationalmannschaft in 89 Spielen 40 Tore erzielt hat, nach eigener Aussage auch unter der ständigen Beobachtung durch die Presse gelitten. Dass komplette Trainingseinheiten von den Medien beobachtet und entsprechend detailliert in den Sportzeitungen abgebildet wurden, war für ihn eine völlig ungewohnte Erfahrung.
„Alle haben zugesehen, alle haben notiert, was du gemacht hast“, berichtete Owen. „Es gab keinen Moment, in dem man einen Fehler machen konnte. Das grelle Licht der Presse war unglaublich.“