Am Ende forderte Jude Bellingham den eigentlichen Star des Abends zu einem kleinen Siegertänzchen an der Eckfahne auf. Arm in Arm mit dem Siegtorschützen drehte Flankengeber Lucas Vázquez vergnügt eine Pirouette vor den Fans von Real Madrid.
„Du verdammte Legende“
„Du verdammte Legende“, würdigte Bellingham Vázquez bei X. Der Rechtsverteidiger war beim 3:2-Erfolg im Clásico gegen den FC Barcelona der entscheidende Mann.
Erst holte der 32-Jährige gegen Pau Cubarsi den Elfmeter zum 1:1-Ausgleich heraus (18.), dann drückte er selbst eine scharfe Hereingabe von Vinicius über die Linie (73.) und schließlich bereitete Vázquez Bellinghams Siegtreffer in der Nachspielzeit auf ähnliche Weise vor.
Nicht nur Bellingham lobt - Vázquez „glänzte mehr als jeder andere“
Die Hauptstadtpresse stimmte entsprechende Lobeshymnen an. „Es war sein großer Tag, er glänzte mehr als jeder andere“, schwärmte die AS. El País titelte: „Der glänzende Clásico des Tagelöhners Lucas Vazquez.“ Und für die Marca verkörpere Vázquez „wie kein anderer den unbeugsamen Geist des künftigen La-Liga-Meisters“.
Dass der 1,73 Meter große Außenverteidiger nach dem prestigeträchtigen Gipfeltreffen zwischen Real und Barca die Schlagzeilen bestimmen wird, hätten im Vorfeld wohl nur die Wenigsten vermutet.
Vázquez steht im Starensemble der Königlichen in der Regel nicht im Scheinwerferlicht. Doch die vergangene Woche war auch seine Woche. Im Champions-League-Viertelfinale gegen Manchester City übernahm er im Elfmeterschießen Verantwortung, jonglierte den Ball sogar vor seinem Schuss noch ein paar Mal, ehe er cool verwandelte - so wie beim Triumph im CL-Finale 2016.
Vázquez beweist Stehauf-Qualitäten
Angesprochen auf seine nahezu perfekte Woche, blieb Vázquez ganz bescheiden. „Ich bin sehr glücklich, dass ich dem Team helfen kann. Viele Dinge sind heute gut gelaufen und das ist für alle wichtig“, sagte er nach dem Clásico-Sieg am Sonntag im Klub-TV.
Das Last-Minute-Tor von Bellingham war für ihn ein Sinnbild der Mentalität Reals. „Das ist es, wofür dieser Verein und dieses Wappen stehen, dass wir immer gewinnen wollen, dass wir bis zum Ende kämpfen und niemals aufgeben.“
Diese Stehauf-Qualitäten verkörpert insbesondere auch Vázquez. Der Galicier, der in A Coruna geboren wurde, wechselte als 16-Jähriger zu Real Madrid und kehrte nach einem einjährigen Abstecher zu Espanyol Barcelona 2015 in die spanische Hauptstadt zurück.
Damals war Vázquez noch in der Offensive auf dem rechten Flügel zuhause. Doch die großen Hoffnungen konnte der dribbelstarke Angreifer auch wegen fehlender Konstanz nie so richtig erfüllen.
Zidane schulte ihn als Real-Trainer um
Unter Zinédine Zidane wurde Vázquez aufgrund der Verletzungsanfälligkeit von Daniel Carvajal in der Saison 2020/21 zum Rechtsverteidiger umgeschult. Als Ancelotti 2021 übernahm, sah er keinen Grund, daran etwas zu ändern.
Der Positionswechsel schmeckte Vázquez zunächst weniger. „Schon als Kind habe ich mich immer darauf konzentriert, anzugreifen und als Flügelspieler zu spielen. Und Tore zu schießen. Als ich als Außenverteidiger aufgestellt wurde, fühlte ich mich anfangs nicht ganz wohl und hatte keine Freude daran“, sagte er vor zwei Jahren mal in einem AS-Interview.
Mittlerweile hat er seinen Frieden mit der Umschulung geschlossen und gilt als verlässliche Kraft, wenn er gebraucht wird. „Er ist ein sehr wichtiger Spieler, das hat er schon die ganze Saison über gezeigt. Er liefert sich einen Konkurrenzkampf mit Carvajal, einem der besten Rechtsverteidiger der Welt“, betonte Ancelotti Vázquez‘ Stellenwert. „Er hat den Unterschied ausgemacht. Im Moment ist er auf einem sehr hohen Niveau.“
Vázquez träumt von EM-Teilnahme
Mit seinen mittlerweile 32 Jahren zählt Vázquez zu den Routiniers. Mit Toni Kroos versteht er sich bestens. Ein Trainingsclip, in dem er und Luka Modric den Mittelfeldstar nach einem Traumtor als „deutsche Eiche“ abfeierten, ging viral.
Als Teamplayer stellt sich Vázquez voll und ganz in den Dienst der Mannschaft. Aber wie lange noch? Sein Vertrag läuft 2024 aus, die AS berichtete kürzlich, dass er noch mal verlängert werden soll. Mit seinen Leistungen hat er zudem gezeigt, dass er noch immer wichtig sein kann.
Zudem hegt der neunmalige spanische Nationalspieler noch leise Hoffnungen auf ein Comeback in der Selección. „Ich hoffe, De la Fuente hat das Spiel gesehen und erinnert sich an mich. Es wäre ein Traum für mich, zur Europameisterschaft zu fahren“, sagte Vázquez nach seiner Clásico-Gala in Richtung des Nationaltrainers. Sein bislang letztes Länderspiel bestritt er vor sechs Jahren.
Bei Real kann er sich weiterhin auf großer Bühne präsentieren. Auch im Champions-League-Halbfinale gegen den FC Bayern dürfte er wohl wieder gefordert sein, da Carvajal im Hinspiel am 30. April eine Gelbsperre absitzen muss. Die Bayern hatten Vázquez 2021 sogar selbst einmal als möglichen Neuzugang auf dem Zettel, doch er verlängerte schließlich seinen Vertrag in Madrid.