Der FC Barcelona hat den Umbruch gemeistert - und doch blickt der Klub wohl in eine unsichere Zukunft.
Wie Barca seine Ikonen vergrault
Präsident Joan Laporta hat nach einigen Jahren der Enttäuschung daran gearbeitet, Trainer Xavi die bestmögliche Mannschaft zur Verfügung zu stellen. Für diese Saison wie auch für die nächsten Jahre, denn ab sofort soll wieder auf Titeljagd gegangen werden.
Um den Kader vor allem für die Zukunft zu verstärken, war Laporta auf der Suche nach jungen Spielern. Spieler, die für das nächste Jahrzehnt die Basis der Mannschaft bilden sollen, um eine neue Ära zu prägen. Die Altstars jedoch leiden unter der neuen Politik und bekommen unter Xavi immer weniger Einsätze - was offenbar nur bedingt sportliche Gründe hat.
Laporta will keine Spieler mehr verlieren
Um den neuen Mannschaftskern langfristig zu binden, zögerte der Barca-Boss nicht und stattete sämtliche Spieler mit neuen Verträgen aus, die allesamt mit horrenden Ausstiegsklauseln versehen wurden. Dahinter steckt die Absicht, dass Laporta keinesfalls einen dieser Spieler verlieren möchte, ohne dass der Verein etwas dagegen machen könnte. Ähnlich wie beim Neymar-Transfer zu PSG.
So entstand die „milmi“-Klausel, eine Ausstiegsklausel über einer Milliarde Euro, mit der alle Jungstars der Katalanen ausgestattet werden. Damit können sie den Klub nur noch verlassen, wenn ihr Vertrag ausläuft oder Barca sie verkaufen will. (NEWS: Alle aktuellen Infos zu La Liga).
Der jüngste im Bunde ist das spanische Supertalent Gavi, der erst Mitte September seinen Vertrag bis ins Jahr 2026 mit der genannten Klausel verlängerte. Der 18-Jährige kommt aus der eigenen Jugendabteilung La Masia und zählt zu den begehrtesten Mittelfeld-Juwelen der Welt.
Er entwickelte sich unter Xavi bereits zum Stammspieler und wurde in der vergangenen Saison in die Nationalmannschaft berufen, in der er ebenfalls schon eine wichtige Rolle spielt.
Mit seiner Vertragsverlängerung ist er bereits der siebte Barca-Spieler mit der Milliardenklausel. Die anderen sechs Youngster sind Pedri, Jules Koundé, Ronald Araujo, Raphinha, Ansu Fati und Ferran Torres.
Neues Innenverteidiger-Duo
Im Sommer holte die Blaugrana mit Koundé einen der begehrtesten Innenverteidiger Europas. Der Franzose kam vom Ligakonkurrenten FC Sevilla und kostete Barca satte 50 Millionen Euro. Gemeinsam mit Araujo soll er die Zukunft der Innenverteidigung bilden - ähnlich wie Carles Puyol und Teamkollege Gerard Pique es lange Zeit taten.
Araujo stammt aus La Masia und hat erst im April seinen Vertrag bis 2026 verlängert. Der 23-Jährige hatte im Sommer einige Angebote, vor allem von Top-Klubs aus der Premier League, doch er entschied sich in Barcelona zu bleiben. (DATEN: Ergebnisse und Spielplan von La Liga).
Gavi schloss sich seinem Mittelfeldkollegen Pedri an. Das Duo soll wie einst Xavi und Andres Iniesta mit spielerischer Klasse die Fäden im Mittelfeld der Katalanen ziehen.
Ein Angriff für die Zukunft
Mit dem Brasilianer Raphinha kam zudem ein brillanter Außenbahnspieler zur Blaugrana, der schon zu Beginn seines Wechsels zeigte, warum seine Ablösesumme von 55 Millionen Euro gerechtfertigt ist. Zusammen mit La-Masia-Talent Fati und Torres, der im vergangenen Winter nach Barcelona wechselte, soll er in der Offensive für Wirbel sorgen.
Torres, der für 55 Millionen Euro von Manchester City kam, ist bisher zwar nur schwer in Gang gekommen, aber die Klub-Verantwortlichen setzen großes Vertrauen in den 22 Jahre alten spanischen Nationalspieler.
Fati ist der dritte in der Reihe und er soll mit der Nummer Zehn auf dem Rücken das Erbe von Lionel Messi antreten. In den letzten Jahre stockte die Entwicklung des Flügelspielers jedoch, da sich eine Verletzung an die nächste reihte.
Dass die riesigen Vorschusslorbeeren berechtigt sind, hat der 19-Jährige aber in den verletzungsfreien Phasen bereits eindrucksvoll bewiesen.
Altstars schauen in die Röhre
Weil Xavi sein Team schon jetzt in die Zukunft führen will, sitzen verdiente Spieler schon jetzt vermehrt häufig nur auf der Bank. Die Rede ist hauptsächlich von den beiden Barca-Ikonen Pique und Jordi Alba.
Während sich Pique hinter Araujo, Koundé und Neuzugang Andreas Christensen anstellen muss, wurde Alba von Eigengewächs Alejandro Balde der Rang abgelaufen. (DATEN: Die Tabelle von La Liga)
Wie es scheint, hat die Degradierung aber nicht nur sportliche Gründe. Laut spanischer Medien will der Klub die altgedienten Profis unter Druck setzen, ihre Gehälter zu reduzieren oder den Klub vor Vertragsende zu verlassen.
Xavi selbst steckt im Dilemma, schließlich hält er weiterhin große Stücke auf das Duo, denn „sie sind eine große Hilfe, ob sie spielen oder nicht“. Den lobenden Worten zum Trotz saß Pique bei fünf Spielen auf der Bank und spielte lediglich 135 von 630 möglichen Minuten.
Bei Alba sieht die Welt zwar noch etwas besser aus, da er auch in der spanischen Nationalelf gesetzt ist, aber auch er kommt nur auf 216 Einsatzminuten. Mit Marcos Alonso kam im Sommer zudem weitere Konkurrent auf der Linksverteidiger-Position hinzu.
Was passiert mit ter Stegen?
Ein weiterer Altstar mit Sergio Busquets ist bei Xavi noch gesetzt, wird aber vermutlich im nächsten Jahr Barcelona verlassen. Sein Vertrag läuft 2023 aus, den 34-Jährigen soll es in die MLS ziehen.
Zu Pique, Alba und Busquets gesellen sich laut der spanischen Sportzeitung Marca noch zwei Spieler, deren Gehälter die Barca-Konten immens belasten: Frenkie de Jong (Vertrag bis 2026) und Marc-André ter Stegen (2025).
Der Verein habe die fünf Spieler darum gebeten, auf einen Teil ihres Gehaltes zu verzichten. Die Spieler würden jedoch darauf verweisen, dass sie bereits während der Pandemie Einbußen hatten, um Barca aus der Patsche zu helfen.
Mateu Alemany, Barcas Direktor Profifußball, erläuterte am Sonntag die Crux, in der die Katalanen stecken. „Wir verfolgen weiterhin die Philosophie, die Gehälter an das Fairplay anzupassen.“ Diese Spieler seien „unmöglich zu transferieren, weil sie nicht marktübliche Gehälter haben.“ Das Ziel sei es, „sie verschwinden zu lassen.“
Ob Alemany die Gehälter oder die Spieler meinte, ließ er offen - einen großen Unterschied dürfte dies aber ohnehin nicht machen.