Erst die nationale Aufgabe in Russland, dann die königliche Mission bei Real Madrid: Der spanische Nationaltrainer Julen Lopetegui übernimmt nach der Fußball-WM den begehrtesten Trainerjob seines Landes und pfeift dafür auch auf seine Vertragsverlängerung beim Verband.
Lopetegui wird neuer Real-Trainer
Lopetegui, der beim Weltmeister von 2010 erst Ende Mai einen neuen Kontrakt bis 2020 unterschrieben hatte, folgt bei Real auf Zinedine Zidane, der nach dem Champions-League-Sieg von Kiew zurückgetreten war.
Presse feiert Lopetegui-Verpflichtung als "Coup"
Die Personalie gab der spanische Rekordmeister überraschend am Dienstag bekannt. Lopetegui bereitete sein Team zu diesem Zeitpunkt in Krasnodar auf den brisanten WM-Auftakt am Freitag gegen Portugal vor. Die Sporttageszeitung Marca, Reals Hausblatt, bezeichnete die Verpflichtung des 51-Jährigen als "Coup". Lopetegui kehrt damit zu dem Verein zurück, für den er einst als Ersatztorwart, in der Scouting-Abteilung und als Coach der zweiten Mannschaft tätig war.
Für den spanischen Fußballverband RFEF ist es ein herber Verlust, der schon vor der WM Unruhe in die Mannschaft bringt. In einer Stellungnahme forderte der Verband "den allerhöchsten Respekt, um die normale Vorbereitung auf das Auftaktspiel gegen Portugal aufrechtzuerhalten". Den Wechsel konnte die RFEF nicht verhindern, laut Marca soll die festgeschriebene Ablösesumme zwei Millionen Euro betragen. Am Mittwoch (11.30 Uhr) wollen Präsident Luis Rubiales und Lopetegui gemeinsam vor die Presse treten.
Sechs Spieler des Kaders laufen für Real auf, die übrigen 17 Akteure dürften verwundert auf die Nachricht aus der Heimat reagiert haben. Immerhin sind sie Lopetegui bisher bedingungslos gefolgt, qualifizierten sich mühelos für die WM und spielten sich vor Russland in eine Favoritenrolle. Im März dominierten sie Weltmeister Deutschland 30 Minuten lang nach Belieben und fertigten wenige Tage später Argentinien mit 6:1 ab.
In Russland zählt für Lopetegui nur der Titel, in Madrid wird es nicht anders sein. Allerdings warten auf den gebürtigen Basken vor seinem Start einige heikle Aufgaben. Nach drei Titeln in der Königsklasse sprach Zidane von einer Veränderung, die das Team benötige. Die Gerüchte um einen Abschied des Weltfußballers Ronaldo (33) werden immer lauter, auch andere Leistungsträger wie der Brasilianer Marcelo (30) oder Sergio Ramos (32) haben schon jahrelang ihre Knochen für Real hingehalten.
Real steht vor Umbruch
Für einen Umbruch beim spanischen Rekordmeister scheint Lopetegui der richtige Mann zu sein. Weltmeister-Coach Vicente del Bosque, einst selbst in Madrid als Spieler und Trainer erfolgreich, lobte seinen Nachfolger: "Er ist ein Mann mit viel Erfahrung. Gut ausgebildet, mit großem Enthusiasmus und enormer Lebensfreude bei der Arbeit."
Zudem kennt Lopetegui die Stärken des spanischen Nachwuchses, der nicht nur in der Real-Akademie in Valdebebas beheimatet ist: 2013 holte er mit der U21 den Europameistertitel. Den Übergang in Madrid wird er behutsam moderieren, so wie er es bereits in der Nationalmannschaft nach der EM-Enttäuschung 2016 getan hatte. "Wir werden keine Revolution in Gang setzen, sondern eher eine Weiterentwicklung mit unseren Ideen", sagte Lopetegui bei seinem Amtsantritt. Diese Einstellung dürfte den Königlichen gefallen.