Als Spieler war Zinedine Zidane bei Real Madrid ein Superstar, nun soll er an gleicher Stelle zum Super-Trainer werden.
Zidane als Coach - wirklich so verrückt?
Eine schöne Idee, doch dass sie wirklich funktioniert, glaubt nicht jeder. Trainerlegende Ottmar Hitzfeld etwa findet die Berufung des 43-Jährigen als Nachfolger von Rafael Benitez "verrückt". Der Zeitung Blick sagt er: "Er lebt ausschließlich von seinem großen Namen als Spieler."
Haben Hitzfeld und die anderen Skeptiker Recht? Oder gibt es bessere Gründe, warum der allmächtige Real-Präsident Florentino Perez auf ihn setzt? SPORT1 wirft einen genaueren Blick auf Zinedine Zidane, den Trainer (Presse: "Zidane, der Fetisch von Benitez").
Warum will Zidane überhaupt Trainer werden?
Am Ende von Zidanes Spielerkarriere schien es ihm wie vielen anderen berühmten Kollegen an diesem Punkt zu gehen: Ein richtiger Plan für das Leben nach dem Fußball fehlte.
Hier ein Experten-Job im Fernsehen, da ein Werbevertrag, dort Einsatz für gute Zwecke - nichts jedoch, was ihn völlig ausfüllte.
Trainer wollte Zidane eigentlich nicht werden, nach und nach kristallisierte sich jedoch heraus, dass er sich da falsch einschätzte.
Er nahm diverse Jobs bei Real an, erst als Berater für Perez, dann als Sportdirektor neben Trainer Jose Mourinho. Und stellte fest, welchem Antrieb er wirklich wieder folgen wollte. "Dieser Druck, dieses Verlangen, bevor ein Spiel losgeht, fehlte", erzählte Zidanes Bruder Noureddine: "Und zurück bekommt man es nur als Trainer."
Welche Lehrmeister haben ihn beeinflusst?
Mit Mourinho verkrachte sich Zidane bei Real: Zidanes Gestaltungsdrang soll sich auf den Platz übertragen, Mourinho das als Angriff auf sein Hoheitsgebiet aufgefasst haben.
Als Assistent lernte Zidane stattdessen ein Jahr beim künftigen Bayern-Trainer Carlo Ancelotti, bevor er 2014 die zweite Mannschaft Reals übernahm. Später hielt er fest, dass sein früherer Coach bei Juventus auch der einzige wäre, dem er als Assistent hätte dienen könnte. Ancelottis Talent als Star-Flüsterer wirkt offensichtlich auch bei prominenten Traineraspiranten.
Andere prägende Lehrmeister Zidanes: Guy Lacombe, sein Jugendcoach beim AS Cannes und später auch sein Betreuer beim Erwerb der Trainerlizenz, Marcello Lippi bei Juventus, Vicente Del Bosque bei Real.
Bei Pep Guardiola schaute Zidane im März als Fortbildungsmaßnahme vorbei. Er zeigte sich beeindruckt: "Guardiola hat Bayern mit seinem Hauch Genialität auf die nächste Ebene geführt. Er inspiriert mich."
Wie ist seine bisherige Arbeit bei Real zu bewerten?
Wie Guardiola einst bei Barcelona bereitete Zidane sich in Madrid als Trainer der zweiten Mannschaft, der Real Castilla, auf die größere Aufgabe vor.
Guardiola führte das kleine Barca seinerzeit triumphal zum Aufstieg in Spaniens dritte Liga, Zidane übernahm die Real Castilla genau dort als Absteiger. Er beendete seine erste, von Streitigkeiten um seine fehlende Lizenz überschattete Saison als Sechster, die abgelaufene Hinrunde als Zweiter. Die Entwicklung geht also nach oben.
Nun ist die Arbeit mit Reals Talenten unter relativem Ausschluss der Weltöffentlichkeit etwas ganz anderes als die mit Reals Superstars. Aber einen gewissen Vorgeschmack bekam Zidane in der Hinsicht schon auch.
Er musste das groß gehypete Talent Martin Odegaard integrieren, ohne dabei den Rest des Teams zu verprellen. Dem Vernehmen nach gelang es ihm gut. Er band den Norweger ein, schreckte aber auch nicht davor zurück, ihn draußen zu lassen, wenn die Leistung nicht stimmte.
Wie sieht sein Selbstverständnis aus?
Zidane galt stets als widersprüchlicher Charakter: Auf dem Platz geprägt von seiner Zeit als kampfbetonter Straßenfußballer in Marseille, sehr impulsiv also - der Kopfstoß, man erinnert sich -, außerhalb des Platzes dagegen sehr introvertiert.
Auch als Trainer ist aus Zidane kein Zampano geworden. "Der Fußballer Zidane ist das eine", sagt Lacombe: "Der Trainer Zidane wird sein wie der Mensch Zidane."
Zwar war bei Real II zu beobachten, dass Zidane sich an der Seitenlinie viel einmischt, ständig Anweisungen gibt, aus der Haut fährt er aber nur selten.
"Ich denke, ich habe eine natürliche Autorität, ich muss Spieler nicht anschreien", sagte er France Football: "Da wäre ich nicht ich selber."
Welche Stärken hat Zidane als Trainer schon offenbart?
Lehrmeister Lacombe streicht im Gespräch mit dem Portal FourFourTwo eines heraus: "Er hatte schon immer einen Sinn für das Kollektiv."
Ein fehlendes Verständnis für das große Ganze, für die Bedürfnisse auch der weniger herausragenden Akteure gilt als Grund, warum viele ehemalige Weltklasse-Spieler als Trainer gescheitert sind - diese Gefahr sieht Lacombe nicht: "Er hat andere Spieler immer verstanden."
Auch Zidanes Lern- und Arbeitswillen als Trainer sei überdurchschnittlich: "Er ist ein toller Zuhörer. Ich kann Ihnen sagen, das sind wenige ehemalige Spieler."