Karl-Heinz Rummenigge sieht gewaltige Gefahren auf den Fußball zukommen - und sieht immer höhere Gehaltsforderungen von Spielern und Beratern als Kern des Problems.
„Wir fahren alle auf eine Wand zu“
„Die ganzen Vertragsverhandlungen, die ich bei uns miterlebe, gehen immer nur in eine Richtung: immer höher, immer weiter, immer schneller. Irgendwo muss das viele Geld aber herkommen”, sagt der langjährige Vorstandboss des FC Bayern im Interview mit der Sport Bild und spricht - ohne Namen zu nennen - von einer „Falle, die sich die Spieler selbst gestellt haben“.
Rummenigge prophezeit dunkle Zeiten
Anlass der Ausführungen Rummenigges ist die Diskussion um die immer höhere Belastung für die Profis durch zusätzliche Spiele und Turniere wie die Klub-WM im kommenden Sommer - diese könnte auch für die Bayern zu einem Problem werden, weil sie unter Umständen bis in die Vorbereitung auf die nächste Saison hineinragen würde.
Aus Sicht von Rummenigge ist die Kritik an Wettbewerben wie der Klub-WM allerdings der falsche Ansatz. „Unsere Spieler sollen aufhören zu jammern!“, findet der 69-Jährige, der beim FC Bayern aktuell als Aufsichtsratsmitglied wirkt. Spieler und Berater würden immer mehr fordern, so Rummenigge: „Dann muss das Geld eben aus anderen Wettbewerben wie der neuen Klub-WM im Sommer kommen.“
Rummenigge sagt dem Fußball entsprechend dunkle Zeiten voraus, sollte es kein Umdenken geben: „Wenn das so weitergeht, wird der Fußball die einzige Industrie auf der Welt sein, die keinen Profit mehr macht, sondern nur noch Verluste produziert“, sagte der einstige Bayern-Boss. „Wir fahren alle auf eine Wand zu - und keiner ist bereit, vom Gas zu gehen.“
Im TV-Rechte-Markt sei nicht viel mehr zu holen: Den leicht verbesserten Abschluss der DFL (insgesamt 4,484 Milliarden Euro von 2025/26 bis 2028/29) nannte er ein „Weltwunder“.
Auch beim FC Bayern geht es gerade um die Gehälter
Nicht zum ersten Mal regte Rummenigge, ohne explizit auf eine bestimme Personalie einzugehen, eine Gehaltsobergrenze im europäischen Fußball an. Auch eine Deckelung der Spielergehälter erachtet er als sinnvoll, auch „um den Neidfaktor in der Kabine einzudämmen“.
Würde ein Bayern-Spieler „statt 20 Millionen ‚nur‘ noch 15 Millionen Euro“ verdienen, halte er das „mit Verlaub immer noch für wahnsinnig viel Geld“, betonte Rummenigge.
Spannend: Auch beim FC Bayern wird gerade bekanntlich um mehrere neue Verträge gefeilscht. Mit Alphonso Davies wurde jüngst für gutes Geld verlängert, Jamal Musiala und Joshua Kimmich sollen folgen.
Rummenigges Kritik an der Nehmermentalität der Spieler lässt auch vor diesem Hintergrund aufhorchen - speziell auch wenn man die jüngst nach außen gedrungenen Mahnungen an Sportvorstand Max Eberl bedenkt, in den Verhandlungen finanziell nicht zu nachgiebig zu sein.
Lob für den neuen Kurs des DFB
In Schutz nimmt Rummenigge von anderen als Treiber der Kommerzialisierung gesehene Reizfiguren wie FIFA-Präsident Gianni Infantino oder den katarischen PSG-Boss Nasser Al-Khelaifi („Ihn zu beleidigen, ist schlechter Stil. Er ist ein zuverlässiger Mensch“) - und wird bei dem Thema grundsätzlich.
„Wir in Deutschland müssen aufhören zu glauben, nur unser Wertekatalog müsse der ganzen Welt übergestülpt werden“, findet Rummenigge: „Diesen großen Fehler macht die Politik und leider inzwischen auch der Fußball - und weite Teile der Medien. Franz Beckenbauer hat immer gesagt: Wenn du mit dem Finger auf andere zeigst, zeigen drei Finger auf dich selbst zurück.“
In diesem Zusammenhang lobt Rummenigge auch die vielkritisierte Zustimmung von DFB-Präsident Bernd Neuendorf für die Vergabe der WM 2034 nach Saudi-Arabien.
„Ich habe ihn angerufen und gesagt: Bernd, das war die einzig richtige Entscheidung!“, berichtet Rummenigge. Seit 2011, als der 2024 verstorbene Beckenbauer aus dem Exekutivkomitee der FIFA ausgeschieden war, sei Deutschland im Weltverband isoliert gewesen. Es sei richtig und wichtig, dass Neuendorf wieder „an einem guten Verhältnis zur FIFA und Präsident Gianni Infantino interessiert“ sei.
Klub-WM wie ein „Weltwunder“
Die Klub-WM ist eine Entscheidung der FIFA, die Rummenigge besonders lobt, auch sie ein „Weltwunder“ in gewisser Hinsicht: „Zum ersten Mal wurde ein Nationalmannschaftswettbewerb, nämlich der Confed Cup, zugunsten eines Klub-Wettbewerbs aufgegeben.“
Das Vorgänger-Turnier mit nur sieben Mannschaften im Winter sei „langweilig“ gewesen, findet Rummenigge: „Als Champions-League-Sieger bist du hingeflogen und wusstest schon, dass du mit einem Pokal mehr im Gepäck zurückkommst. Alles, was programmiert und nicht emotionalisiert ist, erreicht die Fans nicht.“
Im Sommer (14. Juni bis 13. Juli) wird die Klub-WM in den USA erstmals als Vier-Wochen-Großveranstaltung mit 32 Mannschaften ausgetragen. Aus der Bundesliga sind der FC Bayern und Borussia Dortmund dabei.
Von Dortmunder Seite kam am Mittwochmorgen bereits Lob für Rummenigges programmatische Ansagen. „Ich fand das Interview sehr lesenswert”, sagte der scheidende Klubboss Hans-Joachim Watzke in Lissabon auf SPORT1-Nachfrage: „Karl-Heinz Rummenigge hat mit seinem großen Erfahrungsschatz schon oft einen guten Spürsinn für Entwicklungen gehabt...“
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mit Sport-Informations-Dienst