Nach der 0:1-Niederlage bei Luton Town verzichtete Tim Walter auf den obligatorischen Gang vor den Gästeblock, um sich bei den mitgereisten Fans von Hull City für die Unterstützung zu bedanken. Als Erklärung führte er später an, dass er vom Regen durchnässt gewesen sei. Eine Aussage, die sein ohnehin angespanntes Verhältnis zu den Tigers-Fans weiter belasten dürfte.
Druck auf Walter wächst
Er habe sich damit keinen Gefallen getan, kommentierte die Hull Daily Mail: „Das Wetter als Grund anzuführen, ist eine schlechte Idee und zeigt einen Mangel an Respekt vor den Leuten, die man auf seine Seite ziehen sollte und die das Herzblut des Klubs sind."
Druck auf Ex-HSV-Coach Walter bei Hull City wächst
Bereits zum zweiten Mal in Folge wurde der ehemalige HSV-Trainer nach einer Auswärtspleite mit Pfiffen und Buhrufen der eigenen Fans bedacht. Und während in Hamburg am Sonntag sein Nachfolger Steffen Baumgart bereits seinen Hut nehmen musste, wächst auch in England zunehmend der Druck auf Walter.
Mit dem Abrutschen auf einen Abstiegsplatz in der zweitklassigen Championship ist Walter mit Hull City an einem Tiefpunkt angelangt. Die Pleite bei Premier-League-Absteiger Luton war die dritte in Folge. Insgesamt ist Walter mit den Tigers seit acht Spielen sieglos. Die einzigen drei Saisonsiege zwischen Ende September und Anfang Oktober waren nur ein vorübergehendes Zwischenhoch.
Tigers-Fans haben genug vom „Walter-Ball“
Die Fans haben schon länger genug. Als Walter Anfang November nach einem enttäuschenden 1:1 gegen Aufsteiger FC Portsmouth die mangelnde Unterstützung beklagte, bekam er bei der folgenden Auswärtsniederlage in Oxford die Quittung des Anhangs.
„Sind wir laut genug für dich!“, sangen die Fans. Und sie wurden noch deutlicher: „Tim Walter, dein Fußball ist sch***e.“
Walter selbst ist bekannt für sein dickes Fell. Auch in den fast drei Jahren als HSV-Trainer trotzte der 49-Jährige der immer wieder aufgekommenen Kritik, etwa an seinem Spielstil.
Bei Hull wird ihm vor allem die Harmlosigkeit in der Offensive angekreidet. Mit nur 16 Treffern nach 16 Spielen sind die Tigers erschreckend harmlos unterwegs.
Walter lobt sein Team
Walter selbst fand nach der Pleite in Luton vorwiegend positive Worte für seine Mannschaft. „Ich habe einen guten Charakter meiner Mannschaft gesehen, weil sie bis zum Ende gekämpft hat“, erklärte er.
Sein Team habe versucht, sich gegen die Niederlage zu wehren. „Wir haben Chancen kreiert, wir hatten viel Ballbesitz, wir haben einen anderen Stil gespielt, wir haben nicht nur von hinten kurz gespielt, wir haben lange Bälle gespielt. Ich bin sehr zufrieden mit meiner Mannschaft.“
Im Vorfeld der jüngsten Pleite hatte Tigers-Eigner Acun Ilicali Walter noch den Rücken gestärkt. „Wir sind im Moment nicht in der Situation, Tim die Schuld zu geben oder über ihn zu richten. Um Tim von meiner Seite aus zu beurteilen, muss ich das Gesamtbild betrachten“, erklärte Ilicali in der Hull Daily Mail.
Seine Erkenntnis: „Nur in einem Spiel hatten wir nicht die Chance zu gewinnen.“ Gemeint war die 0:4-Klatsche gegen Norwich City. „Ansonsten hatten wir in den anderen 14 Spielen die Chance, die Spiele zu gewinnen.“
Hull City kämpft mit Verletzungspech
Ilicali schob die anhaltende Negativserie auch auf das große Verletzungspech. In Liam Miller und Mohamed Belloumi fallen etwa gleich zwei Offensivspieler mit Kreuzbandrissen bis Saisonende aus. „In den fast drei Jahren, die ich hier bin, hatten wir schon einiges an Pech auf dem Platz, aber die letzten vier Monate waren bei weitem die unglücklichste Zeit“, haderte Ilicali.
Den Frust der Fans könne er verstehen, ergänzte der türkische Geschäftsmann. „Diese Reaktion ist normal, wenn man schlechte Ergebnisse erzielt“, sagte Ilicali - und warb zugleich weiter um Unterstützung und eine faire Beurteilung.
Walter kämpferisch: „Habe keine Angst“
Als Tabellensiebter verpasste der Klub in der Vorsaison die Playoffs nur knapp, zugleich weckten die Tigers im Sommer damit Hoffnungen, nun mit Walter dem Traum von der Rückkehr in die Premier League noch einen Schritt näher zu kommen. Letztmals spielte Hull City in der Saison 2016/17 erstklassig. Nun droht allerdings der Sturz in die Drittklassigkeit.
„Ich habe keine Angst“, betonte Walter trotz des Abrutschens auf Platz 22. „Ich bin sehr optimistisch, und ich bin ein starker Typ mit einem starken Charakter, und ich werde sie da rausbringen.“
Dafür sollte er rasch Ergebnisse liefern. Am Dienstag kommt es zum Duell der deutschen Trainer, dann gastiert der frühere Assistent von Hansi Flick, Danny Röhl, mit Sheffield Wednesday in Hull. Im FA Cup Mitte August verloren Walters Tigers gegen die Owls mit 1:2.