Fast hätte Xherdan Shaqiri seiner gefeierten Rückkehr zum FC Basel noch eine besonders kitschige Note hinzugefügt. Nur wenige Sekunden nach seiner Einwechslung in der 66. Minute holte Shaqiri an der Strafraumkante einen Freistoß raus – eine Situation wie gemalt für ein Traum-Comeback.
„Shaq-Effekt“ erfasst ganze Stadt
Doch der Torhüter von Yverdon-Sport fischte den Schlenzer von Shaqiri mit einer Parade gerade noch aus dem Eck. „Weiß Paul Bernardoni eigentlich, was für eine unerhörte Frechheit er sich da geleistet hat?“, fragte der Tagesanzeiger mit ironisch überhöhter Empörung in Richtung des Keepers.
Der verhinderte Torschütze trug es mit Fassung. „Das wäre natürlich super gewesen, wenn der reingegangen wäre“, sagte Shaqiri bei blue Sport mit einem Lächeln. Auch ohne ein Tor ist der Hype um die Heimkehr des verlorenen Sohnes nach Basel riesig. Die Stadt am Rheinknie wurde regelrecht von einer Euphoriewelle erfasst.
Shaqiri-Rückkehr nach Basel löst Fan-Ansturm aus
Über 30.000 Zuschauer strömten am Sonntag ins „Joggeli“, wie sie den St. Jakob-Park liebevoll nennen. In der Vorsaison wurde diese Marke selbst beim prestigeträchtigen Klassiker gegen den FC Zürich nicht geknackt.
Zum Vergleich: Das erste Heimspiel gegen den FC Lugano in dieser Saison wollten keine 20.000 Fans im Stadion sehen. Nun wurde im Vorfeld der Partie gegen Yverdon der Run auf die Tickets so groß, dass sogar nachträglich der Oberrang geöffnet wurde.
Auf Schwiizerdütsch hatte der FC Basel voller Stolz Mitte August die Rückkehr Shaqiris publik gemacht: „Härzligg willkomme dehei, Shaq!“ (Herzlich willkommen daheim, Shaq!). Es folgte ein großer Empfang mit den Fans, öffentliches Training, eine Pressekonferenz, das volle Programm.
Shaqiri-Trikot aktuell vergriffen
Sein Trikot mit der Nummer 10 war in Rekordzeit vergriffen, laut Medienberichten wurden seit seiner Rückkehr vor anderthalb Wochen 4.500 Shaqiri-Trikots verkauft. Um die weiterhin vorhandene Nachfrage zu stillen, muss erst wieder nachproduziert werden.
Viele Fans haben am Sonntag ohnehin lieber die alten FCB-Trikots mit Shaqiri-Flock aus dem Schrank geholt. Dass der Rückkehrer gegen Yverdon dann zunächst nur auf der Bank saß, tat der Begeisterung keinen Abbruch. Auch so wurde jeder seiner Schritte bejubelt, jedes Winken ins Publikum frenetisch erwidert. Viele junge Fans hatten Plakate für ihr Idol gemalt. Und in der 66. Minute gab es Standing Ovations bei seiner Einwechslung.
„Ich habe mich sehr auf das erste Heimspiel gefreut“, sagte Shaqiri hinterher. „Wieder heimzukommen nach zwölf Jahren ist sehr speziell.“ Er habe bei seiner Einwechselung „ein bisschen Gänsehaut“ gehabt.
Shaqiri hört auf sein Herz
In Augst in der Nähe von Basel ist er aufgewachsen, beim FCB durchlief er seit 2000 alle Jugendabteilungen, ehe er als 17-Jähriger sein Profidebüt feierte. 2012 startete der Kraftwürfel mit dem Wechsel zum FC Bayern seine internationale Karriere, die ihn über Inter Mailand, Stoke City, den FC Liverpool, Olympique Lyon und dem jüngst vorzeitig beendeten MLS-Abenteuer bei Chicago Fire nun wieder zurück zu seinen Wurzeln führte.
„Es ging mir bei meiner Rückkehr nicht nur um das Finanzielle, sondern ums Herz“, sagte Shaqiri bei seiner Vorstellungs-PK. In Chicago verdiente der 32-Jährige 7,7 Millionen Euro. In Basel sollen es zwischen 1,3 und 1,7 Millionen Euro brutto sein.
„Es wissen alle, dass ich einige Angebote gehabt habe aus verschiedenen Ländern. Aber ich habe alles abgeblockt, weil ich mit dem FC Basel schon relativ weit gewesen bin und wir eine gute Lösung gefunden haben“, erklärte Shaqiri.
„Unglaublicher Tag für den Schweizer Fußball“
Nach dem Rücktritt aus der Schweizer Nationalmannschaft, für die er in 125 Länderspielen 32 Tore erzielte und insbesondere bei großen Turnieren mit Traumtoren glänzte, liegt sein voller Fokus nun auf dem FC Basel, wo er bis 2027 unterschrieben hat.
Und die Erwartungen sind nicht zu gering. „Wir brauchen seinen linken Fuß für Tore oder Assists“, sagte Trainer Fabio Celestini nach dem Spiel gegen Yverdon. „Er ist ein Unterschiedsspieler.“ Angesichts der Shaqiri-Euphorie sei es „ein unglaublicher Tag für den Schweizer Fußball“. Noch gewährt ihm Celestini eine gewisse Schonfrist: „Er braucht ein bisschen Zeit.“
Das war auch am Sonntag zu erkennen. Zwar sorgte Shaqiri mit seinem Freistoß gleich mal für ein Highlight, aber sonst fehlte ihm noch sichtlich die Bindung zum Spiel. Seinen Ideen konnten seine Kollegen noch nicht folgen, daher landete mitunter ein Steilpass auch mal im Nirgendwo.
Shaqiri selbst spürt den „Shaq-Effekt“ in Basel
„Ich hatte meine Aktionen“, analysierte Shaqiri und sah zugleich noch Luft nach oben. „Ich habe jetzt auch länger nicht gespielt. Daher brauche ich natürlich Zeit. Aber ich hatte jetzt eine gute Woche mit der Mannschaft. Es macht sicher Lust auf mehr.“
2:0 gewann der FC Basel das Spiel am Ende - auch ohne dass Shaqiri einen direkten Einfluss auf das Ergebnis hatte. Nach den beiden Pleiten zum Start hat sich der frühere Serienmeister mit drei Siegen in Folge zurückgemeldet. Der letzte Titel war der Pokalsieg 2019, der letzte Meistertitel gelang 2017.
Bis dahin ist es natürlich noch ein weiter Weg, doch nur zu gern würde man in Basel wieder an alte Glanzzeiten anknüpfen. Diese Hoffnung ist auch eng mit Shaqiri verbunden. Der vermeintliche Heilsbringer ist sich dessen auch bewusst. „Das erste Mal auf dem dritten Platz nach langer Zeit“, kommentierte Shaqiri das aus Basler Sicht erfreuliche Tabellenbild nach dem Sieg am Sonntag – und schob mit einem verschmitzten Lächeln hinterher: „Shaq-Effekt!“