Es sind ulkige Bilder, die da im Kopfkino ablaufen: Roque Santa Cruz steuert sein Auto durch Asuncion, die Hauptstadt Paraguays, auf der Rückbank seine Söhne. Aus dem Radio schallen die Sportfreunde Stiller. Dann ist Santa Cruz dran - der im Radio, nicht der am Lenkrad. Halb sagt, halb singt er: „Ich, Roque.“
Seit 26 Jahren ein Torgarant
Den Kultsong der „Sportis“ von 2004 höre er immer mal wieder mit seinen Söhnen im Auto, das hat Santa Cruz der Sport Bild kürzlich erzählt. „Damit sie das Lied auch ja gut kennen.“ Um zu verstehen, welchen Stellenwert ihr Vater in der Fußballwelt hat, wäre das gar nicht nötig. Da genügt ein Blick auf den Fußballplatz.
Denn dort läuft Roque Santa Cruz noch immer auf, im Alter von 42 Jahren, im Trikot des paraguayischen Hauptstadtvereins Club Libertad. Und noch immer schießt er Tore. Vergangene Woche traf er im Erstligaduell gegen den Stadtrivalen Nacional Asuncion. Damit hat Santa Cruz seit 1998 in jedem Jahr mindestens ein Tor erzielt. Im Profibereich dürfte das weltweit einzigartig sein.
Roque Santa Cruz: Ein Märchen ohne Ende
Dabei hatte er doch längst Schluss machen wollen, 2016 schon, als er in seine Heimat zurückkehrte. Santa Cruz hatte damals eine lange wie bewegte Reise um die Fußballwelt hinter sich. Er war 17, als er den Schritt von Paraguay nach Deutschland wagte, zu Bayern München. 51 Tore in 238 Pflichtspielen schoss er zwischen 1999 und 2007 für den Rekordmeister - obwohl häufig als Edeljoker eingesetzt.
Santa Cruz machte es Bayern-Fans wie -Spöttern schwer, ihn nicht zu mögen. Das Lächeln eines Blumenverkäufers, dunkle Mähne, Typ Surferboy, wenngleich schüchtern im Auftritt. 2006 wurde er vom kicker zum „Sexiest Man“ der WM gewählt. Und dann dieser Name: Roque. Santa. Cruz.
Nach seiner Bayern-Zeit wurde Santa Cruz zum Reisenden: Blackburn Rovers, Manchester City, wieder Blackburn, dann Betis Sevilla, FC Malaga, Cruz Azul, nochmal Malaga. Mal traf er häufiger ins Tor, dann wieder kaum. Aber irgendwann traf er immer. In der Nationalmannschaft Paraguays ist er Rekordschütze, mit 32 Toren.
2016 dann ein letztes Hurra, dachte er, dachten alle. Rückkehr zur Jugendliebe Club Olimpia. Sechs Monate wollte er noch spielen. Und machte danach einfach weiter. „Es motiviert mich, dass meine Söhne, von denen zwei schon zur Uni gehen, ihren Papa noch gut kicken sehen können“, sagt er.
Hinzu kommt, dass seine Verletzungsprobleme nachgelassen haben. In seiner Münchner Zeit galt er als anfällig: Außenband, Sprunggelenk, Meniskus, Kreuzband. Mit 42 scheint Santa Cruz unkaputtbar. Seit seiner Rückkehr in die Heimat gewann er achtmal die Meisterschaft, die in Paraguay halbjährlich ausgespielt wird, dreimal wurde er Torschützenkönig. Seit 2022 stürmt er für Club Libertad. Und wann ist nun wirklich Schluss? Das will Santa Cruz spontan entscheiden.
„Ich, Roque“ läuft jährlich auf dem Münchner Oktoberfest. Und auch in Paraguay wird noch immer geroquet.