Es gibt Spieler, die muss man gar nicht mit Namen nennen. Bei manchen reicht schon eine Nummer - und jeder weiß, wer gemeint ist.
Johan Cruyff: Der radikale Reformer
Die 14 ist die Nummer, die Johan Cruyff getragen hat. Bei Ajax Amsterdam, wo die Rückennummer seit Jahren nicht mehr vergeben wird. In der niederländischen Nationalelf, die er 1974 bei der Weltmeisterschaft in Deutschland als Kapitän fast zum WM-Titel führte.
Aber es sind nicht nur die Niederlande, die Cruyff zur Dankbarkeit verpflichtet sind, nicht nur Ajax und der FC Barcelona, bei dem Cruyff als Spieler und Trainer Maßstäbe setzte. Der gesamte Fußball muss dem Mann danken, der vor acht Jahren im Alter von 68 Jahren an Lungenkrebs verstarb.
Radikaler Reformer
Michel Platini, wie Cruyff drei Mal zu Europas Fußballer des Jahres gewählt, sah im Niederländer „einen Freund“ und sogar den „besten Spieler aller Zeiten“.
Insbesondere die spanische Presse trauerte wahlweise um ein Genie, einen Visionär, Mythos oder einfach nur um einen Revolutionär. „Der Himmel hat einen neuen Spielmacher“, schrieb die englische Sun passend. „Die Tulpe aus Gold verabschiedet sich“, hieß es in der portugiesischen Sportzeitung Record.
Bei Ajax, Barcelona und der niederländischen Elftal gab es eine Zeit vor Cruyff und es gab eine Zeit danach. Der schlaksige Stürmer brachte nicht nur den Erfolg zu seinen Mannschaften, er revolutionierte sie. (Die Reaktionen auf Cruyffs Tod)
Cruyff verkörpert mit Trainer Michels den „Voetbal Totaal“
Zusammen mit dem damaligen Trainer Rinus Michels veränderte er Ajax‘ Spielweise zu Beginn der 70er-Jahre radikal, auf dem Platz verkörperte er das völlig neue Konzept des „Voetbal Totaal“.
Bei diesem Ansatz, mit dem Ajax drei Mal in Folge den Europapokal der Landesmeister gewann, verschwimmen die Grenzen zwischen Abwehr und Angriff. Die Spieler wurden aus ihren Positionszwängen herausgeholt und wirkten als Gesamtformation.
Im Gegensatz zur bis dato geltenden Strategie strebte die Mannschaft nicht mehr die Kontrolle der gegnerischen Spieler an, sondern die des Raums.
"Pythagoras des Fußballs"
Wie ein Bienenschwarm wechselten die Spieler ihre Positionen, verschoben sich auf dem Platz als Gebilde, immer abhängig davon, wo sich der Ball befand. Die Spieler bildeten praktisch geometrische Figuren. Ein Journalist der Times bezeichnete Cruyff deshalb auch einmal als den „Pythagoras des Fußballs“.
Zur Taktik-Revolution gehörte aber auch das konsequente Gegenpressing nach Ballverlust. Statt nach hinten zu laufen und das eigene Tor abzusichern, wurde der Gegner in solchen Fällen sofort wieder unter Druck gesetzt.
"Wenn wir den Ball haben, können die anderen kein Tor schießen". Mit diesem Ansatz prägte Cruyff auch als Trainer den Spielstil des FC Barcelona - und wirkte nach, bis weit über das Ende seiner Amtszeit hinaus.
Cruyff vertraute Guardiola
Die großen Stars seiner Mannschaft, die 1992 erstmals den Pokal der Landesmeister in die katalanische Metropole holte, hießen Ronald Koeman, Michael Laudrup und Hristo Stoichkov. Das Hirn aber war Pep Guardiola.
Mit ihm sprach Cruyff die taktischen Feinheiten ab, er besaß die Fähigkeit, auch während des Spiels kurzfristige Änderungen noch umzusetzen und seinen Mitspielern zu vermitteln.
1996 verließ der Niederländer den FC Barcelona als Trainer. Seine Philosophie aber lebt bis heute weiter. In Guardiola, der bei Barca und später bei den Bayern den dominanten Ballbesitzfußball spielen ließ, den Cruyff schon ihm beigebracht hatte.
Und sie lebt weiter in Barcelonas Jugendakademie La Masia. Sie wurde nach den Vorstellungen des Niederländers konzipiert. Bis heute verzichtet man dort weitestgehend auf Kraft- und Konditionstraining und legt den Fokus auf Ballbehandlung und Kreativität.
So wie Cruyff es Zeit seines Lebens als Spieler und Trainer propagierte - noch lange, nachdem er die legendäre „14″ ausgezogen hatte.