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Der Absturz des "nächsten FC Bayern" - Ajax Amsterdam in der größten Krise der Vereinsgeschichte

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Der Absturz des "nächsten FC Bayern" - Ajax Amsterdam in der größten Krise der Vereinsgeschichte

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Der Absturz des „nächsten FC Bayern“

Ajax Amsterdam durchlebt die größte Krise in der langen Vereinsgeschichte. Großes Chaos herrscht in einem Klub, der noch vor wenigen Jahren auf dem Weg war, der „nächste FC Bayern“ zu werden.
Ajax Amsterdam verliert gegen den FC Utrecht und rutscht somit immer weiter ab in der Tabelle. Nach dem späten Siegtreffer der Utrechter kommt es erneut zu Spielunterbrechungen wegen der frustrierten Fans.
Ajax Amsterdam durchlebt die größte Krise in der langen Vereinsgeschichte. Großes Chaos herrscht in einem Klub, der noch vor wenigen Jahren auf dem Weg war, der „nächste FC Bayern“ zu werden.

Fünf mickrige Punkte, acht Spiele in Folge ohne Sieg und Platz 17 in der Tabelle. Ajax Amsterdam findet sich nach sieben Spieltagen in der niederländischen Eredivisie auf einem Abstiegsplatz wieder - und verlor am Sonntag sogar mit 3:4 beim bisherigen Tabellenschlusslicht FC Utrecht.

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Seit Einführung der erstklassigen Eredivisie 1956 stand Ajax in der Tabelle zu keinem Zeitpunkt schlechter da. Die Pleite gegen Utrecht war zugleich das achte sieglose Pflichtspiel hintereinander, das ist die schlechteste Serie der Klub-Geschichte - eine Serie, die am Montag auch Trainer Maurice Steijn den Job kostete.

„Ajax ist 17. in der Liga, obwohl sie auch mit ihrem Potential Dritter oder Vierter sein könnten. Das ist historisch, was gerade passiert. Es ist das größte Desaster in der Vereinsgeschichte von Ajax“, beschreibt der niederländische Journalist Rypke Bakker die prekäre Situation bei SPORT1.

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Ajax? „Dann ging alles schief“

Und sagt weiter: „Ajax Amsterdam war das Aushängeschild in den Niederlanden. Wir dachten, Ajax wird der nächste FC Bayern in den nächsten zehn Jahren. Die Leute hatten eine große Dominanz befürchtet.“

Genau diese Situation herrschte auch lange vor: Von 2019 bis 2022 wurde Ajax dreimal in Folge Meister. 2020 war die Liga wegen der Corona-Pandemie abgebrochen worden.

Der Verein schien in der Eredivisie unter der Leitung von Trainer Erik ten Hag auf lange Sicht an der Spitze gesetzt. „Dann ging alles schief“, erklärt Bakker.

Ajax trennt sich von Overmars

Im Februar 2022 gab der Top-Klub die Trennung von Ex-Profi Marc Overmars bekannt, der als Sportlicher Leiter fungierte und den Klub mit einem handfesten Skandal erschütterte.

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„Eine Reihe von unangemessenen Nachrichten, die er über einen längeren Zeitraum an mehrere weibliche Kollegen geschickt hat“, hätten zu der Entscheidung geführt, hieß es in einer offiziellen Mitteilung des Klubs. Overmars selbst „schäme sich“ - und musste nach über zehn Jahren erfolgreicher Arbeit gehen.

„Alles startete mit der Entlassung von Marc Overmars, der einer der Garanten für den Ajax-Erfolg im Hintergrund war. Er hatte immer einen guten Draht zum damaligen Trainer Erik ten Hag, sie waren ein gutes Team“, meint Ajax-Experte Bakker, der für das niederländische Internet-Portal NU.nl arbeitet.

Rund fünf Monate nach Overmars verließ auch ten Hag die Niederländer und schloss sich Manchester United an. „Beide haben den Verein dann verlassen, das war der Beginn der Negativspirale.“

Großer Umbruch in Amsterdam

Es folgte ein riesengroßer Umbruch im Klub. Starspieler wie Antony, Lisandro Martinez (Manchester United) oder auch Sébastien Haller (Borussia Dortmund) verließen Ajax, spülten aber immerhin große Summen in die Kassen. Das Problem des Klubs: Ein Nachfolger für Overmars war nicht gefunden, Ajax beklagte eine große Lücke an Führungskompetenz.

„Es gab nach der Entlassung von Overmars keinen neuen Sportdirektor. Ajax musste über ein Jahr warten, bis dann Sven Mislintat kam. Ajax verpflichtete zwar einige Spieler, allerdings für viel zu viel Geld und sie waren nicht gut genug.“ Unter anderem an den Transfers beteiligt war auch Schalke-Ikone Klaas-Jan Huntelaar, der ab April 2022 dem Technischen Leiter Gerry Hamstra assistierte.

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In der folgenden Saison sollte sich die fehlende Führungskompetenz dann auch auf dem Platz bemerkbar machen. Ajax wurde unter der Regie der ehemaligen Bundesliga-Akteure Alfred Schreuder (ehemaliger Cheftrainer der TSG Hoffenheim) und John Heitinga (ehemaliger Profi von Hertha BSC) hinter Meister Feyenoord Rotterdam und PSV Eindhoven lediglich Dritter, in der Europa League scheiterte der Top-Klub bereits im Sechzehntelfinale an Union Berlin.

Mislintat kommt - und ist schon wieder weg

Mit der Verpflichtung von Sven Mislintat im Mai 2023 versprachen sich die Ajax-Fans große Besserung auf der Position des Sportdirektors. Mit einer seiner ersten Amtshandlungen entließ der gebürtige Kamener dann Cheftrainer Heitinga - und sorgte für erste Unruhen im Klub.

Mit der Entscheidung, den auf Top-Niveau unerfahrenen Steijn als neuen Cheftrainer zu installieren, machte sich Mislintat dann auch noch bei den eigenen Fans unbeliebt, die sich den ehemaligen Dortmund- und Leverkusen-Trainer Peter Bosz gewünscht hätten.

„Peter Bosz hatte sich im April 2023 in einer niederländischen TV-Sendung als potentieller Ajax-Trainer angeboten. Das Problem war, dass sich Ajax‘ Geschäftsführer Edwin van der Sar nicht sonderlich gut mit Bosz verstanden hatte, weshalb Ajax Abstand von einer gemeinsamen Zusammenarbeit nahm“, schildert Bakker bei SPORT1. „Die größte Demütigung für die Ajax-Fans war dann, dass Bosz neuer Trainer bei PSV Eindhoven wurde - die jetzt um den Titel mitspielen.“

Im Sommer investierte Mislintat viel Geld in neue Spieler, die bislang allesamt auf großer Linie enttäuschen. „Viele Führungspersönlichkeiten und Verantwortliche haben den Verein verlassen, Mislintat konnte quasi alleine tun, was er wollte. Das ging schief. Er wählte den falschen Trainer, kaufte viele Spieler für viel zu viel Geld. Selbst Maurice Steijn sagte zuletzt, dass er gar nicht weiß, was er mit all den Spielern anfangen soll“, erklärt Bakker.

Van Gaal als Ajax-Retter?

Mislintat wurde im September von seinen Aufgaben als Sportdirektor entbunden, seitdem „ist niemand so wirklich hauptverantwortlich für den Verein“, sagt Bakker. Ab Januar soll Alex Kroes, der zuletzt für AZ Alkmaar tätig war, die Klubführung übernehmen und den Verein aus der Krise führen.

Bis es so weit ist, will Louis van Gaal seinen Herzensklub unterstützen, allerdings nur aus dem Homeoffice an der Algarveküste. „Ich möchte Ajax gerne helfen. Mein Leben spielt sich größtenteils in Portugal ab, und das lässt sich gut mit dieser Rolle als externer Berater vereinbaren“, sagte der 72-Jährige, der den Ajax-Aufsichtsrat in „fußballtechnischen Fragen“ beraten soll.

Eine Soforthilfe für den Krisenklub Ajax? Rypke Bakker zweifelt die Entscheidung zumindest an: „Im Moment ist Louis van Gaal eine Art Hauptberater des Klubs, aber er lebt in Portugal und ist nicht jeden Tag in Amsterdam. Bei Ajax herrscht eine große Lücke an Führungsqualitäten.“

Schweres Spiel bei PSV - Nachfolger klar?

Dass Klaas-Jan Huntelaar seine Tätigkeit als technischer Leiter bei Ajax Amsterdam wegen psychischer Erschöpfung kürzlich ruhen ließ, verschlimmerte die Situation sogar noch. Huntelaar stellt jedoch keinen Einzelfall dar. Mit Torwart-Legende und Geschäftsführer Edwin van der Sar war Ajax vor der Saison schon eine wichtige Führungskraft weggebrochen.

Nach der Freistellung von Steijn übernimmt vorerst Co-Trainer Hedwiges Maduro die Mannschaft. Als Nachfolger ist John van‘t Schip im Gespräch. Der Europameister von 1988 soll nach Angaben mehrerer niederländischer Medien im November vorgestellt werden.

Welches Team der 59-Jährige vorfindet, entscheidet sich in Teilen bereits am Sonntag, wenn Ajax bei der PSV Eindhoven zu Gast ist.