Trotz seines übergriffigen Verhaltens beim WM-Finale verzichtet Luis Rubiales auf einen Rücktritt als Präsident des spanischen Fußballverbandes RFEF. Das teilte der 46-Jährige am Freitag auf einer außerordentlichen Generalversammlung des Verbandes in Madrid mit.
Skandal-Boss schlägt um sich
Nachdem Rubiales die Nationalspielerin Jennifer Hermoso bei der Siegerehrung nach dem Endspiel gegen England (1:0) fünf Tage zuvor unvermittelt auf den Mund geküsst hatte, entschuldigte er sich erneut für den Vorfall. (Kommentar: Rubiales ist nicht mehr tragbar)
„Es war mehr ein Knutschen als ein Kuss“
Er rief den Zuhörern inmitten seiner Rede bei der Versammlung aber auch gleich fünfmal nacheinander zu: „Ich werde nicht zurücktreten.“ Und kassierte dabei Applaus.
Rubiales bedankte sich für etliche Unterstützungsbekundungen, die er angeblich erhalten habe.
Zu der Kuss-Szene, die die Welt empört hatte, sagte Rubiales: „Es ist mehr ein Knutschen als ein Kuss. Wer auch immer das Video sieht, vor Millionen von Menschen, das Verlangen bei diesem Kuss ist das gleiche wie vor einer meiner Töchter. Es gibt kein Verlangen, keine Dominanz. Der Kuss war spontan, gegenseitig und einvernehmlich“.
Der Spanien-Boss wähnt sich im Mittelpunkt einer Intrige: „Es wird ein sozialer Mord begangen, man versucht, mich zu töten. Seit fünf Jahren sind sie hinter mir her, zu Lande, zu Wasser und in der Luft.“
Ihm sei ein Übergriff vorgeworfen worden: „Was sollen Frauen denken, die wirklich sexuell missbraucht wurden?“ Er wolle sich „vor Gericht verteidigen“.
Nur für eine Aktion entschuldigt sich Rubiales
Reumütig zeigte er sich lediglich in Bezug auf eine weitere kontroverse Szene während des WM-Endspiels, als er sich im Beisein der spanischen Königin und deren Tochter auf der Tribüne in den Schritt gegriffen hatte. Diese Geste habe Spaniens ebenfalls umstrittenem Nationaltrainer Jorge Vilda gegolten.
„Wir haben viel zusammen durchgemacht, Jorge. Sie wollten dir dasselbe antun, was sie mir jetzt antun. Wir haben viel gelitten, wir haben viel geschluckt, aber wir waren zusammen“, sagte Rubiales in Richtung des anwesenden Trainers. Dieser hatte vor der WM für eine Revolte unter seinen Spielerinnen gesorgt.
Die ersten Reaktionen auf Rubiales Rede (die spanischen Medien waren allesamt von einem Rücktritt ausgegangen) ließen nicht lange auf sich warten.
Die spanische Vize-Regierungschefin Rubiales Yolanda Díaz erneuerte ihre Forderung nach einer Absetzung auf Twitter: „Was wir heute in der Föderationsversammlung gesehen haben, ist inakzeptabel. Die Regierung muss handeln und dringend Maßnahmen ergreifen: Die Straflosigkeit für Macho-Aktionen hat ein Ende. Rubiales kann sein Amt nicht weiterführen.“
Auch aus dem Sport gab es Wortmeldungen: „Meine Ohren bluten“, schrieb der spanische Torhüter David de Gea bei Twitter.
Greift die spanische Regierung jetzt ein?
Rubiales‘ Aktion zum Abschluss des Turniers in Australien und Neuseeland hatte für internationales Aufsehen und selbst in spanischen Regierungskreisen für Empörung gesorgt.
Ministerpräsident Pedro Sanchez sprach von einer „inakzeptablen Geste“, Felix Bolanos, Minister des Präsidialamtes, drohte am Donnerstag, die Regierung werde handeln, sollte der Verband nicht die nötigen Schritte tätigen.
Auch die FIFA schaltete sich am Donnerstag ein. Der Weltverband eröffnete ein Disziplinarverfahren und prüft einen möglichen Verstoß gegen Artikel 13 des eigenen Reglements.
„Die FIFA bekräftigt ihr uneingeschränktes Bekenntnis zur Achtung der Integrität aller Personen und verurteilt deshalb jedes gegenteilige Verhalten aufs Schärfste“, hieß es in einer Mitteilung.
Hermoso forderte „beispielhafte Maßnahmen“
Hermoso hatte nach dem Vorfall in Sydney in einem Instagram-Livestream gesagt, dass ihr die Aktion „nicht gefallen“ habe. Später veröffentlichte der Verband eine Mitteilung mit relativierenden Aussagen von ihr, die aber womöglich gar nicht von ihr stammten. Unter der Woche forderte Hermoso aber in einer Stellungnahme mit der Spielerinnengewerkschaft Futpro „beispielhafte Maßnahmen“ gegen den Verbandschef.
Rubiales war im Mai 2018 zum Präsidenten des spanischen Verbandes gewählt worden. Der Funktionär sitzt auch als Vizepräsident im UEFA-Exekutivkomitee, die Europäische Fußball-Union hat sich bislang nicht zu dem Vorfall geäußert.