Der 14. Juni 2023 stand in der Fußballwelt ganz im Zeichen des Namens Bellingham.
Der nächste Bellingham im Weltfußball?
Unter globaler Aufmerksamkeit bestätigte Real Madrid zur Mittagszeit stolz die Verpflichtung von Jude Bellingham. Die Königlichen überweisen über 100 Millionen Euro an Borussia Dortmund für den 19 Jahre alten Mittelfeld-Star.
Wenige Stunden später ging ein weiterer Transfer über die Bühne, der zwar weniger Aufmerksamkeit erregte, dennoch war es derselbe Nachname: Jobe Bellingham verlässt im Alter von 17 Jahren Birmingham City - genau wie es sein zwei Jahre älterer Bruder 2020 getan hatte.
Nach elf Jahren bei seinem Heimatverein zieht es Jobe innerhalb der Championship weiter zum AFC Sunderland. Während Jude Bellingham beim BVB zum Weltklasse-Spieler aufstieg, den DFB-Pokal gewann und als bester Bundesliga-Spieler der abgelaufenen Saison ausgezeichnet wurde, reifte Jobe in der Heimat im Schatten seines berühmten Bruders heran.
Ende der Bellingham-Ära in Birmingham
Mit dem Wechsel des jüngeren Bruders endet nun endgültig die Ära der Bellinghams in Birmingham. Der Name war mehr als ein Jahrzehnt lang das Aushängeschild des englischen Zweitligisten, der großen Wert auf die Ausbildung junger Talente legt.
Im Grundschulalter waren die in Stourbridge geborenen Brüder nach Birmingham gekommen. Nur etwa 24 Kilometer entfernt von Birminghams Heimspielstätte St Andrew‘s wohnten sie bei ihren Eltern Denise und Mark Bellingham.
Bei Birmingham City erkannten die Verantwortlichen frühzeitig das besondere Talent des Bellingham-Duos und förderten es gezielt. Jude hatte schließlich eine so beeindruckende Entwicklung durchlaufen, dass der Verein beschloss, die Rückennummer 22 nach dem Abgang des Teenagers nicht mehr zu vergeben.
Jobe erwies sich ebenfalls als frühreif und feierte Anfang 2022 im Alter von 16 Jahren und 107 Tagen sein Profidebüt. Nur Bruder Jude war mit 16 Jahren und 38 Tagen in Birminghams Geschichte noch jünger gewesen. Schon zuvor war berichtet worden, dass neben englischen Top-Klubs auch der BVB Jobes Entwicklung genau beobachte.
Jobe unterschreibt Profivertrag im September 2022
Nach seinem Profidebüt folgten für Jobe in der Saison 2021/22 jeweils ein weiterer Kurzeinsatz im Ligapokal und in der Championship. Parallel dazu hinterließ der Juniorennationalspieler in der U18 und U23 einen derart vielversprechenden Eindruck, dass der Klub ihn im vergangenen September mit einem Profivertrag belohnte.
Dass auf Jobes jungen Schultern viel Druck lastet, ist kein Geheimnis. „Er wird unglaublich talentiert sein, das kann man nicht leugnen, aber er wird einfach ein oder zwei Jahre länger brauchen als sein Bruder. Er steht in diesem Schatten“, fasste Birminghams Kapitän Troy Deeney zusammen.
Der atemberaubende Aufstieg von Jude sowohl im Verein als auch in der Nationalmannschaft hatte die Erwartungen an den nächsten Bellingham in die Höhe getrieben, obwohl dieser gerade erst seine erste Profi-Saison abgeschlossen hat.
Kein Stammspieler in Birmingham
So absolvierte Jobe 2022/23 22 Einsätze in der Championship, allerdings nur fünf von Beginn an. Zum Vergleich: Jude hatte nach seinem Durchbruch als 16-Jähriger 32 Ligaspiele auf dem Buckel.
Immerhin beförderte Birmingham-Trainer John Eustace Jobe in den letzten vier Ligaspielen jeweils in die Startelf. „In den letzten paar Einsätzen kann man sehen, wie er gewachsen ist und sich entwickelt hat, und er hat noch viel mehr vor sich. Wir werden einen Superspieler in unseren Reihen haben“, erklärte der 43-Jährige bei BirminghamLive.
Zu diesem Zeitpunkt wusste der Trainer offenbar noch nicht, dass Bellingham seine Karriere künftig an einem anderen Ort fortsetzen würde. Dennoch dürfte allen Verantwortlichen im Klub klar gewesen sein, dass dieser Tag kommen würde.
Bellingham wechselt nach Sunderland: „Der perfekte Klub für mich“
Mit Sunderland legt Jobe - anders als sein Bruder - einen Zwischenschritt ein und wechselt nicht direkt ins oberste Regal. Seine Wahl erscheint aber sinnvoll: Während Birmingham die Championship-Saison auf Platz 17 beendete, erreichte Sunderland als Sechster die Playoffs und scheiterte im Halbfinale am späteren Sieger Luton Town.
Zudem stehen in Sunderland mehrere ehemalige Spieler aus der Jugendakademie von Birmingham unter Vertrag. „Die Möglichkeit für junge Spieler, hierher zu wechseln und sich weiterzuentwickeln, ist offensichtlich. Ich glaube, dass dies der perfekte Klub für mich ist, um meine Entwicklung fortzusetzen“, ließ Bellingham passend dazu verlauten.
Ob sich Jobe einen Stammplatz erkämpfen kann, bleibt abzuwarten. Die Voraussetzungen bringt er auf jeden Fall mit.
Jude und Jobe Bellingham mit ähnlichem Spielstil
Wer Jobe spielen sieht, erkennt sofort Parallelen zu seinem Bruder. Nicht nur ihr Aussehen, sondern auch ihre Bewegungen gleichen sich.
Generell ähneln sie sich in ihrer Art, Fußball zu spielen. Beide verfügen über eine feine Technik und ein gutes Spielverständnis. Jobe kommt hauptsächlich als offensiver Mittelfeldspieler oder als Linksaußen zum Einsatz, während Jude eher die Fäden im zentralen Mittelfeld zieht.
Der größte Unterschied zwischen den beiden ist das Verhalten gegen den Ball. Hier ist Jude deutlich aggressiver, während Jobe eher leichtfüßig wirkt und vor allem im Pressing noch Entwicklungspotenzial aufweist. Zusätzlich kann er auch sein Stellungsspiel und Zweikampfverhalten verbessern.
Vor dem Tor muss Jobe nachbessern
Zudem muss der jüngere Bellingham noch an seiner Effizienz arbeiten, für seine Position hat er zu wenige Scorerpunkte. Während Jobe beispielsweise in der U18 Premier League mit fünf Toren in elf Spielen glänzte, wartet er im Profibereich noch auf seinen ersten Treffer oder seine erste Vorlage.
Es wäre jedoch unangemessen, Jobe vorzuwerfen, dass er mit 17 Jahren noch kein kompletter Spieler ist. Auch sein Bruder Jude war zu diesem Zeitpunkt logischerweise noch nicht auf dem Niveau von heute.
Grundsätzlich besitzt Jobe aber alle Attribute, mit denen er zum internationalen Top-Spieler aufsteigen könnte. Daran hat auch sein Bruder Jude keine Zweifel. „Ich habe es geschafft und ich bin sicher, Jobe wird auch eines Tages seine Chance bekommen“, sagte Jude einst in einem UEFA-Interview über einen möglichen Champions-League-Einsatz seines Bruders.
Bellingham-Brüder: „Über 1.000 Champions-League-Endspiele bestritten“
Beide hätten früher auf einer Wiese vor dem Haus immer gegeneinander gespielt. „Jedes Spiel, das wir bestritten haben, war für uns ein Champions-League-Finale. Wir stellten unsere Mannschaften auf und stellten uns dann ein Stadion vor, in dem wir spielen würden“, verriet Jude. „Wir haben auf diesem kleinen Fleckchen Gras bestimmt über 1.000 Champions-League-Endspiele bestritten.“
Während Jude mittlerweile 23 Spiele in der Königsklasse auf seinem Konto verbuchen kann und künftig im Trikot des Rekordsiegers Real Madrid aufläuft, wird für Jobe die entscheidende Frage sein, ob er sich zunächst in Sunderland behaupten kann.
Wenn es ihm das gelingt und er seine Fähigkeiten im Gegenpressing weiter verbessert, stehen die Chancen gut, dass er zu einem erstklassigen Spieler heranwächst.