Es waren kryptische Worte, die Daley Blind am Ende seines Statements zum Abschied bei Ajax Amsterdam wählte.
Blinds unwürdiger Ajax-Abschied
„So hatte ich mir mein Ende bei Ajax nicht vorgestellt, aber aufgrund der Umstände ist es nun so gekommen. Ich hoffe, dass es einen anderen richtigen Moment geben wird, um Abschied zu nehmen“, schrieb der 32-Jährige Ende Dezember auf Twitter, nachdem sein Vertrag in Amsterdam aufgelöst wurde.
Das Wort „Umstände“ schrieb der niederländische Nationalspieler, der überraschend zum FC Bayern wechselt, dabei extra in Anführungszeichen. Es dürfte eine Anspielung darauf gewesen, dass hinter den Kulissen längst nicht alles glatt lief.
Schreuder setzte Blind auf die Bank
Bis vor dieser Spielzeit stand Blinds Name bei Ajax Amsterdam vor allem für Erfolg und die pure Identifikation.
Seit 2005 war Blind im Verein. Lediglich bei einer Leihe nach Groningen (2010) und einem vierjährigen Intermezzo bei Manchester United (2014-2018) spielte der Linksfuß nicht in der niederländischen Hauptstadt.
Der Defensivspezialist war lange Zeit unangefochtener Stammspieler und nach seiner Rückkehr 2018 zu Ajax ein wichtiger Führungsspieler in einer jungen Mannschaft, die begeisternden Fußball zeigte.
Im Sommer wurde allerdings Alfred Schreuder neuer Trainer in Amsterdam - und Blinds Situation änderte sich grundlegend. Mitte Oktober war er seinen Stammplatz bei Ajax los. Unmittelbar vor der Winterpause spielte der oftmals angeschlagene und plötzlich viel kritisierte Routinier in den Plänen von Schreuder gar keine Rolle mehr, stattdessen erhielten Owen Wijndal und Devyne Rensch auf der linken Abwehrseite den Vorzug.
Dass es nun zu einem solch unwürdigen Abschied kommen würde, war da jedoch nicht zu ahnen. Besonders, weil Blind bei der WM für die Niederlande unter Louis van Gaal wieder Stammkraft war.
Auch Blinds Vater kehrt Ajax den Rücken
Im Dezember schien noch alles auf eine friedliche Einigung zwischen Blind und seinem Herzensklub hinzudeuten. Der Telegraaf berichtete, dass Ajax dem Wunsch des Verteidigers entsprochen hätte und ihn im Winter ablösefrei ziehen lassen würde. Und das, obwohl Blinds Vertrag noch bis Saisonende gelaufen wäre.
Die Enttäuschung der Fans und das Statement des Spielers sprechen allerdings keineswegs für eine harmonische Trennung. Das Algemeen Dagblaad schrieb sogar von einem Vertrauensbruch zwischen Schreuder und Blind. Ein Telegraaf-Bericht ging in die Richtung, dass sich Blinds Vertrag bei einer gewissen Anzahl an Spielen (24) um ein weiteres Jahr verlängert hätte - zu gleichen Bedingungen. Der 32-Jährige soll mit 4,5 Millionen Euro Jahresgehalt zu den Topverdienern gehören.
Verspielt Ajax Kredit bei den Fans?
Die Anhänger forderten in Kommentaren in den sozialen Netzwerken die Entlassung von Schreuder und sprachen von einer „Schande“ für den Verein.
Und selbst Blinds Vater, Danny Blind, wandte sich nun von dem Verein ab. Noch vor dem Abgang seines Sohnes wurde bekannt, dass frühere Ajax-Verteidiger nicht mehr in den Aufsichtsrat des Vereins zurückkehren wolle. Danny Blind hatte diese Tätigkeit vorübergehend aufgegeben, als er Co-Trainer von van Gaal bei der Elftal wurde.
Der Klub habe zwar „schon eine Weile“ über seine Entscheidung Bescheid gewusst, erklärte Danny Blind. Allerdings lässt der Zeitpunkt Raum für Spekulationen.
Immerhin gibt es zwei Lichtblicke für Daley Blind: Zum einen stellte ihm Ajax-Geschäftsführer Edwin van der Sar ein Abschiedsspiel in Aussicht. „Gemeinsam mit Daley haben wir uns für ein Spiel in der Arena entschieden, bei dem er sich gebührend von den Fans verabschieden kann“, erklärte van der Sar.
Und mit dem Wechsel zum FC Bayern steht ein überraschendes neues Kapitel an, bei dem Blind gleich mehrere Titel in Angriff nehmen kann. (News: Überraschender Bayern-Transfer)
Bayern statt van Bommel
Mit dem Transfer-Hammer war nicht unbedingt zu rechnen. Denn Ex-Bayern-Profi Mark van Bommel, inzwischen Trainer bei Royal Antwerpen, hatte bereits sein Interesse signalisiert. Laut dem Telegraaf soll auch Real Sociedad am Niederländer interessiert gewesen sein.
Selbst Fans von Manchester United hatten eine Rückholaktion im Sinn. „Verspielt diese goldene Gelegenheit nicht“, schrieb ein Anhänger der Red Devils auf Twitter. „Das ist die realistische Verpflichtung, die Erik ten Hag in den kommenden Tagen tätigen wird“, fügte einer anderer hinzu.
Der Fall Blind bleibt aber undurchsichtig und brachte zunächst vor allem Verlierer hervor: Einen enttäuschten Spieler, wütende Fans und einen Verein, dem ein gewaltiger Imageschaden droht. Zumindest auf Blinds Seite sollte mit dem Bayern-Deal die erste Enttäuschung erst einmal verpufft sein.
Blind: Wurde schneller kritisiert als andere Spieler
Nur eines ist wohl sicher: Dass Blind auch bei den oftmals fordernden Ajax-Fans nicht immer einen leichten Stand hatte, sei nicht der Auslöser des abrupten Ajax-Abgangs gewesen.
„Manchmal hatte ich das Gefühl, gegen einige Anhänger zu spielen, und manchmal hatte ich das Gefühl, dass ich nur ein bisschen schneller kritisiert wurde als andere Spieler. Ich weiß nicht, ob mein Gefühl richtig ist. Vielleicht auch nicht. Einige werden mich verstehen, andere nicht. Aber nein, das ist definitiv nicht der Grund für meinen Weggang“, schrieb der 32-Jährige in seinem Tweet.
Blind verdeutlichte, dass er alles für den Verein in die Waagschale geworfen habe und es keinen Klub gebe, für den er lieber gespielt hätte.
„Was wir in den letzten vier Jahren erreicht haben, ist unglaublich. Gemeinsam haben wir Ajax wieder an die Spitze gebracht. Eine Mannschaft, ein Verein, den alle wieder fürchteten“, stellte er fest.
Nun ist diese unglaubliche Reise aber schlagartig beendet – aus bislang ungeklärten „Umständen“. Der FC Bayern profitiert.