Der heutige Sonntag ist bei vielen sportbegeisterten Südtirolern dick im Kalender angekreuzt.
Ein Südtiroler Fußball-Märchen
Für die norditalienische Provinz, hierzulande vornehmlich als Urlaubsregion bekannt und beliebt, steht so etwas wie eine Zeitenwende an: Bislang stand in der öffentlichen Wahrnehmung der Wintersport an erster Stelle, schließlich kommt der Löwenanteil der italienischen Olympia-Ausbeute traditionell aus dem oberen Etschtal.
Auch Tennisspieler wie Emporkömmling Jannik Sinner oder Altmeister Andreas Seppi stehen hoch im Kurs - wohingegen der Fußball bislang ein Schattendasein fristete.
Genau dies könnte sich am Sonntagnachmittag ändern: Der FC Südtirol bestreitet um 14.30 Uhr bei Triestina Calcio sein letztes Meisterschaftsspiel in der Serie C, der dritten Liga Italiens. Bei einem Sieg wäre der Aufstieg perfekt.
Pfeifer: „Das wäre ein Riesen-Ding“
„Wir können für den FC Südtirol und für unser Land, das wir vertreten, Historisches schaffen, weil es hier noch nie eine Serie-B-Mannschaft gegeben hat“, sagt Geschäftsführer Dietmar Pfeifer im Gespräch mit SPORT1. „Das wäre ein Riesen-Ding.“
Was für das Alto Adige (Südtirol) ein „Riesen-Ding“ wäre, würde im Rest des Landes zu einem kleinen Kulturschock führen, wenn sich das Bergvölkchen in der kommenden Saison samt Fans Richtung Apulien, Kalabrien oder Sizilien aufmacht.
Der Argwohn beruht traditionell auf Gegenseitigkeit: Die autonome Provinz, die seit 1972 umfassende Selbstverwaltungsrechte genießt, wird im Rest des Landes nicht selten als eine Art gallisches Dorf angesehen.
Andererseits liest man auf der offiziellen Website suedtirol.de, die Italienische Lebensart gelte „in weiten Teilen der Südtiroler Bevölkerung bis heute als verpönt“.
„... da haben die Gegner Augen gemacht“
Dass die Südtiroler bei einem Aufstieg im Rest des Landes vor allem mit ihrer Kluft für Aufsehen sorgen würden, gilt als ausgemacht. Klub-Manager Hannes Fischnaller erzählt eine Anekdote aus dem Jahr 2013, als sein Team - ebenfalls in Triest - um den Aufstieg in die dritte Liga gespielt hatte.
„Ich kann mich noch erinnern, dass wir damals alle in Lederhosen runtergefahren sind“, sagte Fischnaller auf der Südtiroler Website Sport News.bz. „Es war ein kleines Festchen, wir sind mit Lederhosen in das große Stadion einmarschiert, da haben die Gegner Augen gemacht.“
Der FC Südtirol, der erst 1995 gegründet wurde, spielt seit 2017 in der Serie C und scheiterte seitdem jedes Jahr in den Playoff-Spielen um den Aufstieg. Dieses Mal sollen die lästigen Zusatzspiele vermieden werden - auch mit Unterstützung der Anhänger. (NEWS: Alles Wichtige zum italienischen Fußball)
Südtirol als Sprungbrett in die Serie A
„Uns werden 500 bis 600 Fans begleiten. Bei uns ist das Fußball-Fieber ausgebrochen. Wir hoffen, dass sie uns so weit pushen können, dass wir ans Ziel kommen“, betont Pfeifer. In Triest genügt der Mannschaft von Trainer Ivan Javorcic ein Sieg, um Verfolger Padova Calcio, das zwei Zählen dahinter liegt, auf Distanz zu halten.
Seit dem Lederhosen-Auftritt 2013 hat sich seitdem einiges im Kader der Südtiroler getan. „Je höher das Niveau ist, desto schwieriger ist es, einheimische Spieler einzubauen“, erklärt Pfeifer. „Wir haben aktuell fünf Südtiroler Spieler im Kader.“
Das Prunkstück des Vereins ist die Jugendarbeit, wie der Geschäftsführer betont: „Wir haben 300 ausgewählte Jugendspieler, die wir fördern. Es ist kein Zufall, dass wir in den letzten Jahren mehr als zehn Spieler an Serie-A-Vereine verkauft haben“. (DATEN: Spielplan und Ergebnisse der Serie A)
Für die Jugend soll der FC Südtirol ein Sprungbrett in den Profifußball sein. „Ich bin immer stolz, wenn einer unserer Spieler den Sprung zu Juventus, Inter Mailand oder Napoli schafft“, unterstreicht Pfeifer.
Stadion des FC Südtirol nach englischem Vorbild
In den Profikader einer Serie-A-Mannschaft hat es zwar noch kein Kicker aus der Alpenregion geschafft, aber das soll sich künftig ändern. Mit dem Aufstieg in die zweite italienische Liga hätte der Klub eine ganz andere Medienpräsenz als zuletzt.
„Bei einem Aufstieg würden alle Abteilungen wie Marketing, Kommunikation oder Scouting deutlich wachsen“, erklärt Pfeifer. „Wir haben aber eine sehr solide Organisation, die schon auf Serie-B-Niveau ist. Demzufolge müssten wir nichts Grundlegendes ändern, sondern nur die verschiedenen Bereiche stärken.“
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Im ausgebauten Stadion in der Provinzhauptstadt Bozen soll künftig die Südtiroler Fußballbegeisterung im ganzen Land für Schlagzeilen sorgen. „Das Stadion ist ein kleines Schmuckstück, nach englischer Variante gebaut, ohne Abgrenzungen. 5.500 passen rein“, berichtet Pfeifer stolz.
Dass sich bei einem Aufstieg auch einige Südtiroler Fans Richtung Frosinone, Reggio Calabria oder Benevento aufmachen werden, gilt als sicher. Dann könnte auch im Rest des Landes die Lederhosen-Fraktion für Aufsehen sorgen.