Nur wenige Minuten nach dem Abpfiff in Istanbul hatte Recep Tayyip Erdogan via Twitter schon Glückwünsche in Richtung seines Lieblingsklubs geschickt.
Basaksehir mischt die Türkei auf
"Ich gratuliere dem Medipol Basaksehir Football Club und seinen Anhängern ganz herzlich", schrieb der türkische Staatspräsident auf dem Nachrichtendienst. Nach einem 1:0-Sieg gegen Kayserispor hatte Basaksehir seine erste Meisterschaft der Vereinsgeschichte errungen.
Die Traditionsklubs der Türkei schwächeln
Zum ersten Mal seit 2010 setzte sich damit ein Klub die Krone der Süper Lig auf, der nicht zu den großen drei aus Istanbul gehört. Besiktas steht derzeit nur auf Rang vier, Galatasaray auf Platz fünf und Fenerbahce ist sogar nur Siebter.
Die Meisterschaft von Basaksehir durchbricht die Dominanz der türkischen Traditionsklubs, eine Sensation ist sie allerdings nicht.
Schon in den letzten Jahren spielte der Verein mit dem langjährigen Trainer Abdullah Avci um die Meisterschaft mit. Im letzten Sommer ging Avci dann zu Besiktas, und mit dem früheren türkischen Nationalspieler Okan Buruk folgte nun der Durchbruch.
Buruk profitiert davon, dass die großen Drei viel mit sich selbst beschäftigt sind - mit finanziellen Schwierigkeiten, Chaos in der Vereinsführung und der jeweiligen sportlichen Talfahrt.
Die einzige Gemeinsamkeit zu den anderen drei Klubs ist, dass Basaksehir auch in Istanbul beheimatet ist, ansonsten ist der Verein all das, was die eigentlichen Großmächte des türkischen Fußballs nicht sind.
Basaksehir kann auf keine große Fußball-Tradition zurückblicken. 1990 als Betriebsmannschaft der Istanbuler Stadtverwaltung gegründet, besteht der Verein in der heutigen Form erst seit 2014. Seitdem ist er so etwas wie der Inbegriff eines Retortenklubs, was ihn bei vielen Fußball-Fans nicht gerade beliebt macht.
Im letzten Heimspiel, das vor Publikum stattfinden durfte, sahen 1988 Zuschauer den 3:1-Sieg gegen Gaziantep FK. Der Zuschauerschnitt liegt weit unter 3000 und ist der niedrigste der Liga. Über die enthusiastischen Fans der Rivalen verfügt Basaksehir also auch nicht, ob sich so viele mit dem frisch gekrönten Meister freuen - fraglich.
Basaksehir pflegt enge Beziehungen in die Politik
Der Klub hat allerdings eines, worum in die anderen Istanbuler Klubs beneiden: finanzielle Sicherheit. Und das hat wohl auch mit Erdogan zu tun.
Basaksehir pflegt enge Beziehungen zur Regierungspartei AKP. Präsident Göksel Gümüsdag ist nicht nur AKP-Mitglied, sondern auch mit einer Nichte von Erdogans Frau verheiratet. Aus regierungsnahen Kreisen soll viel Geld an den Klub fließen.
Zu den wichtigsten Sponsoren zählen demnach die Krankenhauskette - und Namensgeberin - Medipol, der Istanbuler Flughafen und die Wasserwerke der Metropole.
Durch die finanziellen Mittel konnte Basaksehir Altstars wie Robinho oder den ehemaligen Bundesliga-Profi Demba Ba anlocken - und auch halten. Gerade damit haben nämlich die Traditionsklubs ihre Probleme, wie das Beispiel Max Kruse zeigt, der seinen Vertrag mit Fenerbahce jüngst kündigte, nachdem er über mehrere Monate kein Gehalt bekommen hatte.
Mit diesen Vorzeichen ist es gut möglich, dass sich die Fußball-Fans in der Türkei daran gewöhnen müssen, dass Erdogan in Glückwünsche in Richtung seines Lieblingsklubs sendet. Möglicherweise bereits in wenigen Wochen, wenn Basaksehir im Rückspiel des Achtelfinals der Europa League gegen den FC Kopenhagen antritt. Das Hinspiel hatten die Türken vor der Corona-Pause mit 1:0 gewonnen.