Vier Minuten, die über Sieg oder Niederlage, über Ab- oder Aufstieg entscheiden.
Aus für Rahic: Bradford ist am Ende
Genau jene vier Minuten wurden dem englischen Drittligisten Bradford City im Mai 2017 in den Aufstiegs-Playoffs zur zweiten Liga zum Verhängnis.
Im Londoner Wembley-Stadion ging der FC Millwall in der 86. Minute in Führung und begrub die Aufstiegsträume der "Bantams" auf brutale Art und Weise.
Bradford trennt sich von Rahic
Ein Einschnitt mit Langzeitfolgen, die nun auch vor Edin Rahic nicht Halt machen, denn am Dienstagabend hat sich der Klub von seinem deutschen Geschäftsführer getrennt.
Der Stuttgarter war im Mai 2016 mit seinem Geschäftspartner Stefan Rupp beim nordenglischen Traditionsklub eingestiegen mit dem Ziel, Bradford in die Premier League zu führen. Davon ist der Klub inzwischen meilenweit entfernt.
"Die Zeit war reif für eine Veränderung und das markiert nun den Beginn eines neuen Kapitels für den Klub", wird Eigentümer Rupp, der den Verein weiter unterstützen will, in einer Vereinsmitteilung zitiert. "Die Menschen in Bradford haben Besseres verdient."
Bradford Letzter in der League One
Denn inzwischen kämpft Bradford City gegen den Abstieg aus der drittklassigen League One. Nach 20 Spielen belegt Bradford den letzten Tabellenplatz und hat bereits sieben Punkte Rückstand auf die Nichtabstiegsränge.
Als Rahic und Rupp den Verein als einzige deutsche Klub-Besitzer im englischen Profifußball im Mai 2016 übernahmen, war das Team aus dem Norden Englands bereits in der Spitzengruppe der dritten Liga.
Nach dem verpassten Aufstieg 2017 ging es für den Klub, der seit 2013 in der League One spielt, aber stetig bergab.
Rahic setzte im Klub auf ein deutsches Modell, in dem er als eine Art Sportdirektor fungierte, anders als sonst üblich in England, wo der Trainer normalerweise alleinige Entscheidungsgewalt hat.
Mit Kulttrainer Stuart McCall funktionierte dies anfangs äußerst erfolgreich. Doch seit dessen Entlassung im vergangenen Februar verschliss der Klub bereits drei Trainer.
"Diktator"-Vorwürfe gegen Investor
Nach der nur 77-tägigen Amtszeit von Michael Collins, den er aus dem eigenen Nachwuchs beförderte, entschuldigte sich der Schwabe mit einem offenen Brief bei den Fans.
Denn der Investor stand in der Kritik, es wurde bemängelt, dass er nur in den guten Zeiten den Klub vertritt. Die Tageszeitung Daily Star charakterisierte ihn gar als "Diktator".
Im Dokumentarfilm "A Matter of Heart", der seinen Klub begleitete, erklärte Rahic seine Idee hinter dem Einstieg bei Bradford City. "Mir war klar, dass ich da operativ aktiv sein will, und die Geschäftsführung übernehmen."
Rahic verwirklicht seinen Traum
"Wenn ich mit Fußballfans spreche, hat jeder den Traum, einen Fußball-Klub zu kaufen - und ich habe es gemacht", sagte Rahic Anfang des Jahres im Gespräch mit SPORT1.
"Mich hat es immer interessiert, was hinter dem Klub passiert und nicht auf dem Platz. Es muss ja Gründe geben, warum Spieler aufgestellt werden und andere nicht, warum Spieler gekauft werden."
Damals habe er nach einem Verein gesucht, der eine gute Fanbase hat und in der Nähe von großen Jugendakademien liegt.
Rahic musste zu Beginn seines Engagements einige Hürden überwinden: "Wir kamen an und hatten noch acht Spieler. Der Manager und Fan-Liebling Phil Parkinson war weg."
Daher habe man auf neue Spieler setzen müssen, "mit denen wir den besten Fußball seit 20 Jahren gespielt haben. Attraktiven Angriffsfußball, nicht das fürchterliche Kick and Rush wie davor", meinte der frühere Drittligaprofi der Stuttgarter Kickers über seinen erfolgreichen Start.
Rahic: "Bin kein Oligarch"
Doch als die Ergebnisse schlechter wurden, musste Vereinslegende McCall, der auch Rahic' Ansehen bei den Fans hob, seinen Stuhl räumen.
Neben dem ausbleibenden sportlichen Erfolg sorgte Rahic' Einmischung in sportliche Belange für Aufregung. "Die glaubten, jetzt kommen die Deutschen und kippen Millionen in den Verein", sagt Rahic. "Ich wäre auch gern Oligarch, bin es aber nicht."
Auch seine Andeutung, er könne sich eine Zusammenarbeit mit RB Leipzig und Ralf Rangnick vorstellen, unter dem er schon einmal als Scout gearbeitet hatte, sorgte für Wirbel unter Bradfords Anhängern.
Doch der Klub steckt in einer Zwickmühle. Einerseits sollen Talente für den Aufschwung sorgen, andererseits steigen inzwischen auch in der League One Großinvestoren ein, die mit aller Macht den Aufstieg wollen.
An der Spitze der Liga stehen namhafte Klubs wie der AFC Sunderland, der vor zwei Jahren noch in der Premier League spielte.
Zum Vergleich: Der Kader Sunderlands hat laut transfermarkt.de einen Wert von 23,2 Millionen Euro - Spitzenwert in der League One. Bradford rangiert diesbezüglich zwar im Mittelfeld. 6,35 Millionen Kaderwert ist jedoch eine andere Hausnummer. Und die scheint für den Klassenerhalt zu klein.